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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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zu zerstören?«
    »Nein. Aber ich muss sie ja ausprobieren. Um zu sehen, ob ich sie richtig hingekriegt hab.« Er knipste das Licht aus.
    »Weißer Spinner«, sagte sie. »Hast du’n Mädchen hier draußen?«
    »Nein.«
    »Geh duschen. Und rasier dich auch mal …« Plötzlich war sie ganz nahe. Er spürte ihren Atem im Gesicht.
    »Okay, Leute, jetzt hört mal gut zu …«
    »Was zum Teufel …«
    »Ich sag’s nämlich nicht zweimal.«
    Slick hielt Cherry den Mund zu.
    »Wir wollen euern Gast und sein komplettes Gerät. Das ist alles. Wiederhole, das komplette Gerät.« Die verstärkte Stimme
hallte durch Factorys eiserne Leere. »Also, ihr könnt ihn uns ganz einfach übergeben, oder wir bringen euch alle um. Fünf Minuten Bedenkzeit.«
    Cherry biss ihm in die Hand. »Scheiße, Mann, ich krieg keine Luft mehr!«
    Dann rannte er durch die dunkle Fabrik und hörte sie seinen Namen rufen.
     
    Eine einzelne 100-Watt-Birne brannte über Factorys Südtor, zwei verbogenen Stahltüren, die so verrostet waren, dass sie sich nicht mehr schließen ließen. Bird musste sie angelassen haben. Slick kauerte neben einer leeren Fensterhöhle. Von dort aus konnte er das Hover jenseits des matt erleuchteten Bereichs gerade eben erkennen. Der Mann mit dem Megaphon kam bewusst lässig aus der Dunkelheit herangeschlendert, um zu zeigen, dass er die Sache voll im Griff hatte. Er trug einen gefütterten Tarnanzug mit einer dünnen Nylonkapuze, die straff um den Kopf gezogen war, und ein Nachtsichtgerät. Er hob das Megaphon. »Drei Minuten.« Er erinnerte Slick an die Wachen im Knast, als er zum zweiten Mal wegen Autodiebstahls eingebuchtet worden war.
    Gentry würde von oben aus zuschauen, wo ein schmaler Plexiglasstreifen waagerecht in die Wand eingelassen war, hoch über den Toren von Factory.
    Rechts von Slick klapperte etwas im Dunkeln. Er drehte sich um und sah Bird eben noch im schwachen Widerschein einer anderen Fensteröffnung etwa acht Meter weiter. Der Schalldämpfer aus blankem Metall blitzte auf, als der Junge das.22er Gewehr anlegte. »Bird! Nicht!« Ein rubinrotes Glühwürmchen auf Birds Wange, das verräterische Zeichen eines Laservisiers draußen auf Solitude. Bird wurde nach hinten geschleudert, als der Knall des Schusses durch die leeren Fenster brach und von den Wänden widerhallte. Dann
war nur mehr der Schalldämpfer zu hören, der über Beton rollte.
    »Verdammt«, dröhnte die laute Stimme fröhlich. »Ihr habt eure Chance gehabt.« Slick lugte über den Fensterrand und sah den Mann zum Hover zurücksprinten.
    Wie viele es wohl sein mochten? Bird hatte es nicht gesagt. Zwei Hover, der Honda. Zehn? Mehr? Falls Gentry nicht irgendwo eine Pistole versteckt hatte, war Birds Gewehr ihre einzige Schusswaffe gewesen. Die Turbinen des Hovers sprangen an. Vermutlich würden sie einfach reinfahren. Sie hatten Laservisiere und wahrscheinlich auch Infrarot.
    Dann hörte er einen der Schergen mit seinen rostfreien Laufflächen über den Betonboden rattern. Er kam aus dem Dunkeln gekrochen, den Skorpionstachel mit der Thermit-Spitze flach nach hinten gestreckt. Das Chassis hatte vor fünfzig Jahren als ferngesteuerter Manipulator zur Beseitigung ausgelaufener Giftstoffe und zur Reinigung von Atomkraftwerken angefangen. Slick hatte drei noch nicht endmontierte Maschinen in Newark gefunden und gegen einen Volkswagen eingetauscht.
    Gentry. Er hatte sein Steuergerät oben im Loft liegenlassen.
    Der Scherge rollte knirschend über den Boden und blieb, Solitude und dem herannahenden Hovercraft zugekehrt, mitten im breiten Tor stehen. Er hatte etwa die Ausmaße eines großen Motorrads. Sein unverkleidetes Chassis war ein kompaktes Bündel von Servos, Druckluftbehältern, freiliegenden Schneckenrädern und hydraulischen Zylindern. An beiden Seiten des bescheidenen Instrumentenblocks saß ein tückisches Paar ausgestreckter Klauen. Slick wusste nicht genau, woher die Klauen stammten. Vielleicht von einer großen Landmaschine.
    Das Hovercraft war ein massives Großfahrzeug. Dicke graue Panzerplatten aus Kunststoff mit Sehschlitzen in der Mitte waren vor Windschutzscheibe und Fenster angebracht.

    Der Scherge rückte vor; Eis und loser Beton spritzten von den stählernen Laufflächen auf, als er mit maximal ausgefahrenen Klauen auf das Hovercraft zuhielt. Der Hovercraft-Fahrer legte den Rückwärtsgang ein und kämpfte gegen die Massenträgheit an.
    Die Klauen des Schergen schnappten wütend nach der Wölbung der vorderen

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