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Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Spargel-Crepe, während
    Corto in den kühlen September von Washington hinaustrat.
    Der Hosaka ratterte durch Polizeiakten, Berichte über Wirtschaftsspio—
    nage und Nachrichtenarchive. Case verfolgte, wie Corto abtrünnige Füh—
    rungskräfte in Lissabon und Marrakesch bearbeitete, wo er sich offenbar
    in einen Verräterwahn verrannte und einen Haß auf die Wissenschaftler
    und Techniker entwickelte, die er für seine Auftraggeber freikaufte. Betrunken erschlug er in einem Hotel von Singapur einen russischen Inge—nieur und steckte sein Zimmer in Brand.
    Als nächstes tauchte er in Thailand als Aufseher einer Heroinfabrik auf.
    Dann als Vermittler für ein kalifornisches Spielerkartell, dann als bezahlter Killer in den Ruinen von Bonn. Er raubte eine Bank in Wichita aus. Die Aufzeichnungen wurden vage, unklar, die Lücken größer.
    Eines Tages, so erklärte er in einem aufgezeichneten Verhör, das auf
    Wahrheitsdrogen schließen ließ, sei alles grau geworden.
    Übersetzte französische Arztbefunde besagten, daß ein nicht identifi—
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    zierter Mann in eine Pariser Nervenklinik eingewiesen und als schizophren diagnostiziert worden war. Er wurde katatonisch und in eine staatliche Anstalt am Rande von Toulon verlegt. Dort wurde er einem Experiment unterzogen, das die Schizophrenie unter Anwendung kybernetischer Modelle aufzuheben versuchte. Eine beliebige Auswahl von Patienten wurde mit Mikrocomputern ausgestattet und ermutigt, sie mit Unterstützung von
    Studenten zu programmieren. Er wurde geheilt, der einzige Erfolg des ge—
    samten Experimentes.
    Damit endeten die Aufzeichnungen.
    Case drehte sich auf dem Temperschaum herum, und Molly fluchte leise
    über die Störung.
    Das Telefon läutete. Er zog es ans Bett. »Ja?«
    »Wir gehn nach Istanbul«, sagte Armitage. »Heut' abend.«
    »Was will der Kerl?« fragte Molly.
    »Sagt, wir gehn heut' abend nach Istanbul.«
    »Das ist ja wunderbar.«
    Armitage las Flugnummern und Abflugzeiten herunter. Molly setzte sich
    auf und knipste das Licht an.
    »Was ist mit meinem Gerät?« fragte Case. »Mit meinem Deck?«
    »Der Finne wird sich darum kümmern«, sagte Armitage und legte auf.
    Case beobachtete sie beim Packen. Sie hatte dunkle Ränder unter den
    Augen, aber trotz Gipsbein war es wie ein Tanz. Keine überflüssige Bewegung. Seine Kleidung lag als ungeordneter Haufen neben seiner Tasche.
    »Schmerzen?« fragte er.
    »Könnte noch 'ne Nacht bei Chin vertragen.«
    »Dein Zahnarzt?«
    »Sicher. Sehr diskret. Er hat das halbe Gebäude, voll belegt. Flickt Samu-rai31 wieder zusammen.« Sie zog den Reißverschluß ihrer Tasche zu. »Biste schon mal in Istanbul gewesen?«
    »Ein Mal, paar Tage.«
    »Immer gleich«, sagte sie. »Schlimme, alte Stadt.«
    »Genauso war's, als wir nach Chiba aufbrachen«, sagte Molly, die aus
    dem Zugfenster in die verfluchte industrielle Mondlandschaft blickte.
    31
    Samurai = altjapanische Ritter. - Der Übers.
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    Rote Lichtsignale am Horizont warnten Flugzeuge vor einem Kernkraft—
    werk. »Wir waren in Los Angeles. Er kam rein und sagte packen, ab nach
    Macao. Als wir dort ankamen, spielte ich Fantan32 im Lisboa, während er
    nach Zhongshan wechselte. Tags darauf spielte ich Gespenst mit dir in
    Night City.« Sie zog einen Seidenschal aus dem Ärmel ihrer schwarzen Jak—
    ke und polierte damit ihre Objektive. Die Landschaft des nördlichen
    Sprawl weckte chaotische Kindheitserinnerungen in Case, Erinnerungen an
    dürres Gras in den Ritzen eines schrägen Stücks Straßenbeton.
    Der Zug begann zehn Kilometer vor dem Flughafen die Geschwindigkeit
    zu drosseln. Case beobachtete, wie die Sonne aufging über der Landschaft
    seiner Kindheit, über bröckliger Schlacke und rostigen Raffinerietanks.
    7
    Es regnete in Beyoglu, und der gemietete Mercedes flitzte an den vergitterten, unbeleuchteten Schaufenstern vorsichtiger griechischer und ar—menischer Juweliere vorbei. Die Straße war fast leer; nur wenige dunkel—
    gewandete Gestalten auf den Gehsteigen blieben stehen und blickten dem
    Wagen nach.
    »Dies war einst der wohlhabende europäische Teil vom osmanischen
    Istanbul«, säuselte der Mercedes.
    »Ging also bergab«, sagte Case.
    »Das Hilton ist in Cumhuriyet Caddesi«, sagte Molly und lehnte sich ins
    graue Ultravelour des Wagens zurück.
    »Wie kommt's, daß Armitage allein fliegt?« fragte Case. Er hatte Kopfschmerzen.
    »Weil du ihm auf die Nerven gehst. Und mir ganz sicher auch.«
    Er wollte ihr die Corto-Story

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