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Neva

Neva

Titel: Neva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
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wenn …?«, setze ich an, aber Effie unterbricht mich.
    »Du!«, brüllt sie, senkt aber sofort die Stimme, als sie bemerkt, dass alle die Köpfe nach ihr umdrehen. »Du wirst
diese
Arbeit niemals machen. Du wirst das tun, was ich dir auftrage, und das war’s.«
    Der giftige Ton ihrer Stimme erschüttert mich, aber ich nehme all meinen Mut zusammen. »Was ist mit diesen vermissten Mädchen geschehen?« Wenn ich weiß, was ihnen zugestoßen ist, kann ich möglicherweise auch herausfinden, was mit den anderen Verschwundenen passiert ist.
    Abwehrend hebt sie die Hand. »Es gibt keine vermissten Mädchen. Die Nachrichtenagentur ist falsch informiert worden.«
    »Aber woher wollen Sie das …?«
    Ihre offene Hand ballt sich zur Faust. »In Heimatland geht niemand verloren.« Nun streicht sie sich übers Haar. »Die Protektosphäre beschützt uns. Da kann niemand verschwinden.« Sie fügt dem letzten Satz ein liebliches Lächeln hinzu.
    »Aber in dem Artikel stand doch …«
    Erneut fällt Effie mir ins Wort: »Ich denke, du irrst dich.«
    Ich öffne den Mund, um ihr zu widersprechen.
    »Du irrst dich.« Sie holt tief Luft, und als sie ausatmet, scheint sie die Kontrolle über sich zurückzuerlangen. Sie drückt mir einen Stapel Briefe in die Hand. »Könntest du die hier für mich ausliefern?«
    »Was ist das?«, frage ich und betrachte die Namen und die Büronummern auf den ramponierten Umschlägen.
    Sie schließt die Augen und schüttelt leicht den Kopf. »Das braucht dich nicht zu interessieren.«
    Ich mache den Mund auf, um nach einem Gebäudeplan oder etwas Ähnlichem zu fragen, das mir hilft, mich in diesem Labyrinth zurechtzufinden. Sie deutet jedoch nur mit ausgestrecktem Arm in den Flur und sieht mich streng an. Unter den Blicken der anderen Angestellten schlurfe ich davon. Aber nichts, nicht einmal Effie, kann die Hoffnung unterdrücken, die erneut in mir aufkeimt.
     
    Sanna wartet auf der Eingangstreppe, als mein Dad und ich von der Arbeit nach Hause kommen. Dad weicht Sanna aus, als sei sie Müll, der nicht recycelt werden kann. Das rosige S leuchtet auf ihrer Wange.
    »Sag mal, bist du abgetaucht?«, fragt sie, als wir allein sind. »Ich habe gestern und heute Millionen Mal versucht, dich anzurufen.«
    Ich setze mich neben sie und schiebe meinen Rock zwischen die Beine. Normalerweise sehen wir uns jeden Tag oder telefonieren wenigstens. Aber ich weiß nicht, wie ich mit ihr reden soll, wenn ich ständig an Braydon denken muss. »Na ja, ich habe einen neuen Job, und Dad wacht mit Argusaugen über mich und …«
    »Das Leben hat eine komische Wendung genommen, schon kapiert. Deine Mom hat mir von deinem neuen Job erzählt. Wahrscheinlich zum Schnarchen öde. Aber lass mich nicht in der Luft hängen.« Sie legt ihren Kopf an meine Schulter.
    Falls das überhaupt möglich ist, fühle ich mich noch elender. »Es tut mir leid, Sanna.« Sie streicht mit dem nackten Fuß über das Gras. »Was ist los?«, frage ich, obwohl ich mich vor der Antwort fürchte.
    »Braydon benimmt sich komisch, du bist nicht mehr zu erreichen, und alle andere geraten in Panik.«
    Ich denke unwillkürlich an sein welliges Haar, den Duft seines Aftershaves. Krampfhaft bemühe ich mich, an etwas anderes zu denken. Irgendetwas. »Komm schon, Sanna, im Moment passiert eben eine ganze Menge. Meine Stelle. Du fängst bald mit deiner Ausbildung an. Wir müssen uns einfach erst neu zurechtfinden.«
    »Du hast ja recht.« Sie wirkt ein bisschen munterer. »Komm, erzähl mir von deiner großen Karriere. Du siehst sogar schon total professionell aus. Wie fühlt es sich an, in einem so wichtigen Schuppen zu arbeiten?«
    »Als ob ich mich durch ein Minenfeld bewegen muss«, antworte ich, und dann strömt alles aus mir heraus. »Ich arbeite mit Effie zusammen, der Assistentin meines Vaters. Aber sie will mich da nicht haben.« Ich erzähle ihr nicht, dass mein Vater Nachrichten und geschichtliche Fakten frisiert. Aus irgendeinem Grund bringe ich es nicht fertig, ihn zu verraten – nicht einmal, wenn meine beste Freundin die Gesprächspartnerin ist. »Ich soll das Geschichtsbuch auf den neusten Stand bringen und …« Ich breche ab, schaue mich vorsichtig um und senke die Stimme zu einem Flüstern. »Ich glaube, ich weiß vielleicht, wie ich etwas über die Vermissten herausfinden kann.«
    »Was?« Sie beugte sich zu mir. »Wie denn?«
    »Die Regierung benutzt ein Computersystem, in dem Daten über jeden Bürger gespeichert sind. Da drin muss

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