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Neva

Neva

Titel: Neva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
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ist Sannas Freund«, sage ich als Erklärung.
    »Ist mir egal, wer er ist. Ich will, dass er geht.« Sie weist zur Hintertür, doch ihr steif ausgestreckter Arm verrät, dass sie ihn noch weiter weg wissen will.
    »Okay, schon gut.« Mit der Stiefelspitze tritt Braydon in die Erde. »Ich warte beim Motorrad. Lass dir nicht so viel Zeit, okay?« Als er vorbeigeht, drückt er meine Schulter.
    Senga wartet, bis sie die Außentür zufallen hört. »Ich wünschte, ich hätte dem Mädchen nie etwas vom Widerstand erzählt«, sagt sie. »Aber ihre Mutter ist für die Bewegung bedeutend gewesen. Ich war der Meinung, dass ich es ihr schuldig bin. Sanna hat mich angefleht, ihr von der stummen Demonstration zu erzählen. Und hielt mir einen dramatischen Vortrag über eine Freundin, die auf sie zählt. Na ja, du kennst sie ja.«
    »Sie ist gestern bei der Demo verhaftet worden.«
    »Verdammt!« Die Wucht ihrer Verärgerung lässt sie durch die Lücken in der Liegefläche rutschen. Nun sitzt sie mit dem Hinterteil direkt auf dem Boden, und ihre Beine ragen angewinkelt in die Luft. Dennoch fährt sie fort, als sei nichts passiert: »Ich war mir so sicher, dass die jüngeren Mädchen entkommen wären.«
    »Wohin könnte man sie gebracht haben?« Ich stehe auf und helfe ihr hoch.
    Als sie auf die Füße kommt, tritt sie nah an mich heran und flüstert: »Ich habe Gerüchte über ein Frauen-Motivationszentrum gehört – aber es sind eben nur Gerüchte.«
    Ich erinnere mich an diese Bezeichnung. Sie stand auf dem Deckel einer Akte, die ich auf Dads Schreibtisch gesehen habe. »Was ist denn das? Denken Sie, dass Sanna dort ist?«
    »Ich weiß es nicht genau. Ich glaube, dass man junge Frauen dorthin bringt, wenn sie verhaftet worden sind.«
    »Wissen Sie, wo dieses Zentrum ist?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Aber vielleicht kann ich es herausfinden. Und du bist dir sicher, dass du das tun willst?« Prüfend mustert sie mich.
    Ich schaue ihr direkt in die Augen. »Ich muss Sanna finden.«
    »Es wird gefährlich, und damit meine ich
wirklich
gefährlich. Hier geht es nicht um ein patriotisches Seminar als Strafe oder ein paar Wochen auf einer Gemeindefarm. Diese Sache ist ernst, und wenn die Gerüchte stimmen … Nun, hoffen wir, dass die Leute übertreiben.«
    Einerseits würde ich sie gerne nach den Gerüchten befragen, doch auf der anderen Seite will es gar nicht so genau wissen, jedenfalls jetzt nicht. Die Konsequenzen sind ohnehin nicht entscheidend. »Ich muss es tun.«
    »Also gut.« Sie errötet, und Schweißperlen sammeln sich auf ihrer Stirn. »Ich werde mich mal umhören und vielleicht so einen konkreten Ort in Erfahrung bringen. Außerdem erkundige ich mich bei meinen Kontakten, ob sie bestätigen können, dass Sanna wirklich dorthin gebracht worden ist. Komm morgen früh wieder.« Sie sieht hinter mich. »Allein.«

[home]
    25 . Kapitel
    M ein Körper ist Vibration. Ich bin eins mit Braydons Motorrad geworden. Ich spüre weder mein Hinterteil noch meine Beine. Ich presse meine Wange an Braydons Rücken, damit meine Zähne nicht klappern. Vermutlich halte ich mich noch an ihm fest, aber ich bin losgelöst von Zeit und Raum. Die Landschaft ist karg, Bäume säumen die Straße, dahinter Felder. Alles ist braun, vertrocknet, tot. So hoch im Norden sind die Bewässerungsprogramme längst eingestellt worden. Die Straße ist ein endloses schwarzes Band. Nur etwa alle halbe Stunde einmal begegnen wir einem Wagen.
    Anfangs bin ich einfach nur aufgeregt gewesen: Braydon und Neva eilen zur Rettung! Braydon hat mich früh am Morgen zu Senga gefahren. Wir haben beobachtet, wie ihr Mann und ihre drei Kinder gingen. Mir tat das Herz weh, als ich sah, dass sie drei Mädchen hat. Ich verstehe sehr gut, warum Senga das hier tut. Sie riskiert alles, um ihren Töchtern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
    Ihre Angaben zum Standort des Frauen-Motivationszentrums waren vage, und sie konnte nicht versprechen, dass Sanna wirklich dort wäre. Aber einer ihrer Kontakte hatte gehört, dass Sanna in eine Einrichtung im Norden geschickt worden wäre. Wir sollten die Schnellstraße aus der Stadt heraus nehmen und nach einer neuangelegten Ausfahrt Ausschau halten. Einer ihrer Freunde in der Finanzverwaltung hatte Senga erzählt, dass dem Gesundheitsministerium vor ungefähr drei Jahren bedeutende Summen bewilligt worden wären, um einen großen Komplex im Norden zu modernisieren.
    »Und das muss es sein«, hatte Senga gesagt. »Seit wann baut das

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