Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neva

Neva

Titel: Neva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
Vom Netzwerk:
erkenne Verwirrung und Furcht in ihren Gesichtern. »Bitte«, flüstere ich. Sie scheinen zu verstehen. Meine Lippen zucken nervös.
    Ein Mann in einem blau-braun gestreiften Hemd erscheint auf der Schwelle des Hauptgebäudes. »Hey, was ist denn hier los?«, beginnt er. Als er uns so dicht beisammenstehen sieht, wird seine Miene weicher. »Willkommen, meine Damen«, sagt er und bittet uns mit einer Geste hinein. Er streckt die Hand aus, um mir zu helfen, aber ich husche an ihm vorbei. Lautlos zählt er mit und schließt hinter dem vierten Mädchen zufrieden die Tür. Das Licht im Inneren ist dämmrig, und meine Augen müssen sich erst anpassen. Wir befinden uns in einem fensterlosen Raum, von dem zwei Flure – einer vor und einer rechts von uns – abgehen. Wir drängen uns aneinander.
    »Willkommen im Frauen-Motivationszentrum«, erklärt der Mann und lächelt uns freundlich an. »Mein Name ist Mr. Jefferson. Ich leite dieses Zentrum, und es ist meine Aufgabe, Sie mit der neuen Umgebung vertraut zu machen.« Warum steht ein Mann einer Einrichtung für Frauen vor? Mit seinen strubbeligen Locken und dem über der Hose hängenden Hemd wirkt er locker und lässig. Nun deutet er auf eine Sitzgruppe. »Bitte machen Sie es sich bequem. Ich weiß, dass die Reise lang und ungemütlich war, und dafür möchte ich mich entschuldigen.«
    Ich sehe von einem Mädchen zum anderen. Deutlich steht jeder das Befremden ins Gesicht geschrieben. Wir rücken näher zusammen und setzen uns. Mr. Jefferson geht ein paar Schritte in den Flur hinein, der sich vor uns erstreckt, und ruft: »Können wir Tee für die Damen haben?« Währenddessen lässt er uns jedoch nicht aus den Augen.
    Zwei Frauen in ausgeblichenen blauen Ärztekitteln erscheinen. Die eine trägt ein Tablett mit einer Ansammlung unterschiedlicher Keramikbecher, die andere reicht jeder von uns einen. Ich schließe meine Hände darum und inhaliere den nach Pfefferminze riechenden Dampf. »Bitte«, ermuntert die Frau uns. »Trinken Sie. Der tut Ihnen gut.«
    Ich trinke einen kleinen Schluck, dann noch einen. Der Tee wärmt mich. Die anderen Mädchen scheinen ihn ebenso zu genießen. Ich rutsche auf der Couch zurück und verschaffe mir ein wenig mehr Platz zwischen den beiden, die links und rechts von mir sitzen. Ich nehme zwei weitere Schlucke, doch plötzlich schmecke ich etwas Säuerliches durch die Minze. Ich bemerke eine weiße, körnige Substanz auf dem Grund meines Bechers und will ihn einer der Frauen im blauen Kittel reichen. Sie blickt hinein und drückt ihn in meine Richtung zurück. »Trinken Sie aus.«
    Ein müdes Lächeln umspielt ihre Lippen, und sie wartet, bis ich den Becher wieder anhebe und so tue, als würde ich trinken. Sie tritt näher an mich heran, und obwohl sie kein Wort sagt, habe ich begriffen, dass der Tee keine Option ist und wir hier kein Kaffeekränzchen abhalten. Ich trinke langsam und versuche, die weiße Substanz am Becherboden nicht aufzuwirbeln. Wie beiläufig inspizieren die Frauen jeden Becher, den wir auf das Tablett zurückstellen. Ich schwenke den restlichen Tee, damit sich die Körnchen auflösen, bevor ich meinen Becher zurückgebe. Vielleicht bilde ich es mir ja nur ein, aber mir ist plötzlich etwas schwindelig. Das Mädchen zu meiner Linken schwankt leicht.
    Die Frauen in Blau nehmen die Becher und stellen sich neben Mr. Jefferson. Er lächelt wieder. »Okay, ich hoffe, es geht Ihnen besser. Ich möchte Ihnen nun Dr. Ann und Dr. Beth vorstellen.« Beide Frauen im Kittel winken gleichzeitig, so dass ich nicht weiß, wer welche ist. »Wir müssen ein paar einführende Dinge erledigen, danach können Sie sich im Garten entspannen. Bitte stellen Sie sich hintereinander auf.« Wir schlurfen hierhin und dorthin, bis wir schließlich eine Reihe bilden. Ich bin die zweite. »So ist es gut. Brave Mädchen.« Von einem Haken neben der Tür nimmt er sich Stift und Klemmbrett. »Für das, was als Nächstes kommt, entschuldige ich mich, aber wir müssen Sie irgendwie kennzeichnen, und so ist es am einfachsten. Bitte krempeln Sie den linken Ärmel auf, meine Damen.«
    Er schreibt mit einem dicken schwarzen Marker auf den Arm des Mädchens vor mir. Als Nächstes greift er nach meinem Handgelenk, und ich zucke zusammen. »Es tut nicht weh, versprochen.« Seine Finger umfassen meinen Arm mit festem Griff. »Stillhalten.« Der Marker ist ein kühler Punkt, bis er ihn grob über meine Haut bewegt und 1133 schreibt. Das Mädchen nach mir bekommt die

Weitere Kostenlose Bücher