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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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den jähen Aufprall eines wohlgezielten Steines spürte, der mich genau zwischen den Schulte r blättern traf. Ich zügelte Sirlofty und richtete mich auf. Es tat höllisch weh, und ich stöhnte vor Schmerz, als ich nach meinem Rücken langte, um mir die frisch erworb e ne Prellung zu reiben. Sergeant Duril schloss von hinten zu mir auf, seine Steinschleuder noch in der Hand.
    »Du bist tot. Wir sind im Bogen geritten und dir in den Rücken gefallen. Du warst viel zu sehr damit beschäftigt, unserer Fährte zu folgen, um auf deine Umgebung zu achten. Dieser Kieselstein hätte ebenso gut ein Pfeil sein können.«
    Ich nickte. Es ließ sich nicht bestreiten, dass er Recht hatte. Es wäre sinnlos gewesen einzuwenden, dass ich, wenn ich erwachsen gewesen wäre, mit Sicherheit einen ganzen Trupp von Reitern bei mir gehabt hätte, von d e nen ein Teil Ausschau hielt, während der andere die Fährten las. Nein. Besser, ich ertrug die Schmerzen und nickte folgsam, als mir einen weiteren ellenlangen Vo r trag einzuhandeln. »Beim nächsten Mal werde ich klüger sein«, versprach ich ihm.
    »Gut. Aber das kannst du auch nur deshalb, weil es diesmal bloß ein kleiner Stein war und es also ein näc h stes Mal für dich geben wird. Wäre der Stein ein Pfeil gewesen, wäre es deine letzte Gelegenheit überhaupt g e wesen, unklug zu handeln. Komm. Heb deinen Stein auf, bevor wir gehen.«
    Er drückte Chafer die Fersen in die Flanken und ließ mich stehen. Ich saß ab und suchte den Boden um Sirlo f tys Füßen herum ab, bis ich den Stein fand. Duril hatte mich schon mehrere Male pro Monat »getötet«, seit ich neun war. Die Steine aufzuheben, mit denen er mich e r wischt hatte, war zuerst meine Idee gewesen; ich glaube, die ersten Male, als er mich »niedergestreckt« hatte, hatte ich mir den Gedanken zu Herzen genommen, dass, wäre Duril mir tatsächlich feindselig gesonnen gewesen, mein Leben in dem Moment zu Ende gewesen wäre. Als Duril merkte, was ich da tat, gab er sich fortan Mühe, »intere s sante« Steine als Munition für seine Schleuder zu finden. Dieses Mal war es ein vom Wasser des Flusses rundg e schliffenes Stück roter Jaspis, halb so groß wie ein Ei. Ich steckte es in die Tasche, um es später zu den anderen Steinen meiner Sammlung auf dem Regalbrett in meinem Unterrichtszimmer zu legen. Dann saß ich auf und sprengte hinter Chafer her.
    Wir ritten zum Fluss und hielten auf einer hohen Stei l böschung an, von der aus sich ein weiter Blick über die träge dahinfließende Tefa eröffnete. Von dieser Stelle aus konnten wir auf die Baumwollfelder meines Vaters hi n unterschauen. Es waren vier, wenn man dasjenige mi t zählte, das in diesem Jahr brachlag. Es war leicht zu e r kennen, welches Feld im dritten Jahr seiner Bebauung und damit dem Ende seiner landwirtschaftlichen Nut z barkeit nahe war. Die Pflanzen auf diesem Feld waren verkümmert und kraftlos. Grasland trug selten mehr als drei Jahre hintereinander gut. Im nächsten Jahr würde dieses Feld brachliegen, damit es sich wieder erholen konnte.
    Breittal, der Besitz meines Vaters, war ihm unmitte l bar von König Troven übertragen worden. Es lag auf beiden Seiten der Tefa und erstreckte sich über viele Morgen in alle Richtungen. Das Land auf der Nordseite des Flusses war für seine unmittelbaren Familienangeh ö rigen und die der Familie am engsten verbundenen Dienstboten reserviert. Hier hatte er sein Herrenhaus e r richtet und seine Obstgärten und Baumwollfelder und Weiden angelegt. Irgendwann würden das Burvelle-Gut und das dazugehörige Herrenhaus ein wohlbekanntes Wahrzeichen sein, ähnlich dem Gut »Alt-Burvelle« bei Alt-Thares. Das Haus und der Grund und sogar die Bä u me waren jünger als ich.
    Der Ehrgeiz meines Vaters ging darüber hinaus, ein schönes Haus mit Landwirtschaft sein eigen zu nennen. Auf der Südseite des Flusses hatte er großzügige Lan d flächen für seine Vasallen ausgemessen – Vasallen, die er aus den Reihen der Soldaten rekrutierte, die einst unter ihm gedient hatten. Der Ort war zu einer heiß begehrten Stätte für Fußsoldaten und Unteroffiziere geworden, die aus dem Dienst ausschieden. Genau das war die Absicht meines Vaters gewesen. Ohne den »Landeplatz Burve l le«, oder »den Burvelle«, wie er meistens der Einfachheit halber genannt wurde, wären viele Veteranen zurück nach Westen in die Städte gegangen und dort zu Fürso r gefällen oder Schlimmerem geworden. Mein Vater sagte oft, es sei eine Schande, dass

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