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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Troven dazu verurteilt hatte, sich als Siedler in den Gebieten rings um seine östlichen Außenposten niederzulassen. Mein Vater wollte offenbar nicht, dass ich unvorbereitet an eine so l che Aufgabe heranging.
    Zwei Proviantwagen führten den Sträflingszug an, der sich einem menschlichen Tausendfüßler gleich langsam in unsere Richtung bewegte. Berittene Soldaten patroui l lierten entlang den Flanken der langgezogenen Prozess i on aneinandergeketteter Häftlinge. Das staubumwölkte Ende des Zuges bildeten drei Maultiergespanne mit drei weiteren Wagen mit den Frauen und Kindern der Veru r teilten, die da ihrem neuen Leben entgegenstapften. Wenn der Wind die Geräusche der Gefangenen zu uns trug, hörten sie sich eher nach Tieren als nach Menschen an. Ich wusste, dass die Männer Tag und Nacht aneina n dergekettet bleiben würden, bis sie einen der fernen A u ßenposten des Königs an der Grenze erreichten. Sie wü r den Wasser und Brot bekommen, aber Erholung von den Strapazen ihres langen Marsches würden sie erst am Sechsttag des gütigen Gottes finden.
    »Sie tun mir leid«, sagte ich leise. Die Hitze des T a ges, die schweren, schmerzenden Ketten, der beißende Staub – manchmal erschien es mir wie ein Wunder, dass überhaupt einer von den Zwangsumsiedlern den langen Marsch zu den Grenzlanden lebend überstand.
    »Tatsächlich?« Sergeant Duril war deutlich anzume r ken, dass er mein Mitgefühl missbilligte. »Mir tun eher die leid, die in der Stadt zurückbleiben und den Rest i h res Daseins als Abschaum fristen müssen. An die solltest du lieber denken, Nevare. Der gütige Gott bestimmt für jeden einzelnen Menschen, was er tun und was aus ihm werden soll. Aber die da unten, die haben ihrer Pflicht gespottet und die Fähigkeiten ihrer Väter missachtet. Und jetzt bietet ihnen der König eine zweite Chance. Als sie in Alt-Thares aufbrachen, waren sie Gefangene und Ve r brecher. Würden sie nicht gefangen und gehängt, würden sie wahrscheinlich von ihresgleichen getötet werden oder den Rest ihres Lebens wie Ratten in ihren Löchern ha u sen. Aber König Troven hat sie von alledem fortg e schickt. Sie haben einen langen, harten Marsch vor sich, gewiss, aber im Osten erwartet sie ein neues Leben. Bis sie dort ankommen, werden sie Kraft und Ausdauer e r worben haben. Sie werden ein Jahr lang an der Straße des Königs arbeiten und sie weiter durch die Flachlande v o rantreiben, und nach diesem einen Jahr werden sie sich das Recht verdient haben, als freier Mann zwei Morgen Landes für sich zu bewirtschaften. Kein schlechter Lohn für ein oder zwei Jahre harte Fron. König Troven hat i h nen allen eine Chance gewährt, sich zu bessern, eigenes Land zu besitzen, ein ordentliches Leben zu führen und in die Fußstapfen ihrer Vä ter zu treten, wie sie’s hätten sollen. Du empfindest Mitleid mit ihnen? Was ist mit denen, die die Gnade des Königs ausschlagen und auf dem Hackblock enden, wo ihnen ihre diebischen Hände abgeschlagen werden oder im Schuldturm, zusammen mit ihren Frauen und ihren kleinen Kindern? Das sind die, die ich bemitleide, weil sie zu dumm sind, um die Gelegenheit, die unser König ihnen bietet, zu erkennen und beim Schopf zu ergreifen. Nein, die Männer dort unten bedaure ich nicht. Sie sehen einen beschwerlichen Weg, zweifellos, aber es ist ein besserer Weg als der, den sie ursprünglich für sich gewählt haben.«
    Ich blickte hinab auf die endlose Reihe aneinanderg e ketteter Sträflinge und fragte mich, wie viele von ihnen wirklich das Gefühl hatten, dass es ihre Entscheidung gewesen war, diesen Weg zu wählen. Und was war mit den Frauen und Kindern in den Wagen? Hatten sie übe r haupt eine Wahl gehabt? Ich hätte wohl noch eine ganze Weile über diese Frage gegrübelt, wenn nicht Duril plöt z lich gerufen hätte: »Ein Bote!«
    Ich hob den Blick und schaute nach Osten. Der Fluss schlängelte sich dem Horizont entgegen, und die Straße an seinem Ufer folgte seinem mäandernden Lauf. Pers o nenkutschen, Frachtfuhren und die Post benutzten diese Straße. Die normale Post wurde größtenteils in Wagen befördert; Briefe an Soldaten von ihren Familien und ihren Liebchen im Westen und deren Antwortbriefe machten den Löwenanteil dieser Korrespondenz aus. Aber die Kuriere König Trovens benutzten diese Straße ebenfalls, wenn sie wichtige Depeschen zwischen den fernen Außenposten und der königlichen Kapitale in Alt-Thares im Westen beförderten. Ein Teil der Pflichten, die mein Vater als

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