Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
langen Jahren des Krieges und des Blutvergießens aus unseren Familien herausg e quetscht wurde, fürchte ich, dass wir – das heißt, einige von uns – sich gegen ihn stellen werden. Aber seine Kriegsherrn würden wohl zu ihm stehen. Und sich damit gegen uns stellen, gegen ihre Brüder.«
    Spink zog die Augenbrauen zusammen. »Der König hat kein Geld? Wie kann das angehen? Er ist der König!«
    Mein Onkel lächelte matt. »So kann nur ein echter neuer Edelmann sprechen, leider. Die letzten zwanzig Jahre des Krieges mit Landsang haben die Monarchie und alle anderen ausbluten lassen. König Trovens Vater zögerte nicht, sich Geld von seinen Edlen zu ›borgen‹. Er steckte alles, was er hatte – und mehr – in seinen Krieg mit Landsang, in der Hoffnung, seinem Sohn einen tr i umphalen Sieg und einen Friedenspakt hinterlassen zu können. Er erreichte beides nicht, verschleuderte aber ungeheure Summen Geld. Die Schulden, die die Mona r chie beim alten Adel hat, drücken schwer. Und sind, wie nicht wenige im Rat der Herren sagen, längst überfällig. Trovens Vater war bereit, seinen Edlen als Gegenleistung für ihre ›Großzügigkeit‹ erheblich größere Autonomie zu gewähren. Doch je mehr er die Zügel schleifen ließ, d e sto weniger waren wir geneigt, unsere Vasallen in seinem Namen und zu seinem Nutzen zu besteuern. Als der alte König starb und Troven an die Macht kam, war es eine seiner ersten Amtshandlungen, den Krieg, der uns alle so lange ausgesaugt hatte, zu beenden. Wir waren froh, dass der Krieg endlich vorbei war, doch die von uns, die B e sitz in der Küstenregion hatten, sahen sich zu ihrer B e stürzung unversehens ihrer Anwesen dort beraubt. Uns e re Häfen, unsere Lagerhäuser, unsere Speicher, unser gesamter Handel: Alles hat der König als Preis für den Frieden an die Landsänger abtreten müssen. Viele alte Edelleute sagen noch heute, dass Troven in seiner Eile, den Krieg nur ja schnell zu beenden, zu viel weggegeben hat, und dass vieles von dem, was er weggegeben hat, nicht ihm gehörte.
    Und als er dann den Blick nach Osten wandte und en t schlossen die Expansion dorthin in Angriff nahm, mus s ten wir uns natürlich die Frage stellen: Wer soll nun di e sen neuen Krieg bezahlen? Wird der König uns erneut dazu drängen, dass wir ihm Geld leihen, just da unsere eigenen Vermögen gerade wieder anfangen zu wachsen? Der Rat der Herren wollte es auf keinen Fall dazu ko m men lassen. Wir waren stärker geworden und fest en t schlossen, selbst zu bestimmen, wie hoch der Steuera n teil sein sollte, den wir bereit waren, an die Monarchie abzuführen. Und selbst als die Kriege im Osten sich als erfolgreich erwiesen und wir die Früchte des Sieges zu ernten begannen, fragte sich manch ein Adliger: ›Wozu brauchen wir eigentlich einen König? Wieso können wir uns nicht selbst regieren?‹«
    Spink und ich hatten in atemloser Stille zugehört, als wären wir Kinder, die einem Schauermärchen lauschen. Dies war eindeutig nicht die Historie, wie man sie mir vermittelt hatte. Ich fragte mich plötzlich, ob dies w o möglich ein weiterer Unterschied zwischen Erstgebor e nen und Soldatensöhnen war. Der Verrat, der diesem G e danken innewohnte, schockierte mich im ersten Moment, aber in meinem Herzen trat ich ihm mutig entgegen. Und dann fragte ich mich, wie naiv ich gewesen war, dass ein einziges Gespräch mit meinem Onkel meine ganze Wel t sicht erschüttern konnte. Ich formulierte meine Frage sehr vorsichtig, erfüllt von der Furcht, er könne mich für einen Verräter halten: »Könnte es unter diesem Aspekt möglich sein, dass der König den Konflikt zwischen se i nen alten Adligen und seinen Kriegsherren bewusst schürt?«
    »Es wäre jedenfalls in seinem besten Interesse, sie g e geneinander auszuspielen«, antwortete mein Onkel ebe n so vorsichtig. »Denn sollten sich jemals alle seine Ede l leute einigen … nun. Manche würden sagen – ich selbst natürlich nicht –, aber manche würden noch einmal s a gen: ›Was sollen wir eigentlich mit einem König?‹
    Als König Troven mit seinen Feldzügen in den Osten begann, brachten diese rasch frischen Reichtum für viele der Adeligen, deren Ressourcen nach dem langen Krieg gegen Landsang erschöpft gewesen waren. Gepökeltes Wildfleisch in Fässern kam auf unsere Tische, und für viele von uns war es ein völlig neues Erlebnis, so viel Fleisch essen zu können, wie wir wollten, denn unsere eigenen Herden waren in den Jahren des Krieges dahi n

Weitere Kostenlose Bücher