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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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damit sie sie treuhänderisch für ihre Soldatenbrüder verwalten. Wa r um, so fragen sie sich, hat der König nicht sie anstelle ihrer Soldatenbrüder bereichert?«
    »Aber die Soldaten hatten sich sowohl den Titel als auch die Ländereien redlich verdient! Sie waren es, die ihr Blut vergossen und ihr Leben aufs Spiel setzten, um diese Länder für den König zu gewinnen!«
    »So sieht es natürlich der Soldatensohn. Aber es war stets Tradition, dass der Ruhm, die Ehre und der Lohn, den der Soldatensohn errang, nicht ihm selbst zukam, sondern seiner Familie. Es gibt jetzt adlige Familien, die Söhne haben, welche offen ihre Ambition geäußert h a ben, dass sie, wenn sie sich durch Ruhmestaten in der Schlacht hervortun, auch in den Adelsstand erhoben we r den möchten. Und es ist leider auch so, dass nicht alle Soldatensöhne, die in den Rang eines Edelmanns aufg e stiegen sind, sich immer durch edles Verhalten ausg e zeichnet haben. Viele waren unzulänglich dafür gerüstet, plötzlich wohlhabend und mächtig zu sein. Sie ve r schleuderten, was ihnen geschenkt wurde, und sind jetzt tief verschuldet oder führen ein Leben in Schande. De n noch sind sie weiterhin ›Herren‹ mit vollem Stimmrecht im Rat. Sie sind leichte Beute für die, die sich Macht und Einfluss kaufen möchten. Und so kommt es, dass viele alte Familien sich auf vielerlei Weise von der neuen N o bilität bedroht fühlen.«
    »Aber … aber inwiefern bedrohen wir sie denn?«, fragte Spink, ehrlich verblüfft. »Beziehungsweise unsere Väter, meine ich.«
    »Der neue Adel gefährdet unsere Macht und in einigen Fällen auch unsere Würde. In erster Linie aber lähmt er unsere Fähigkeit, unsere eigenen Ziele voranzutreiben, die sich von denen des Königs unterscheiden können. Für den König bringt die Uneinigkeit unter dem Adel nur Vorteile. Der Rat der Herren ist selten in der Lage, ein Mehrheitsvotum mit einer beschlussfähigen Mitgliede r zahl schon in weniger bedeutsamen Fragen zu erreichen, ganz zu schweigen von den Fragen, die direkt mit Ste u erpolitik oder der Macht des Königs zu tun haben. Und selbst wenn es um die Grenzen und die Regulierung der Zünfte und Errichtung von Bauwerken zum Wohle aller geht, zum Beispiel um Brücken, fällt es uns mittlerweile schwer, zu einem Konsens zu kommen. Oft haben neue Edelleute aus den Randregionen keine Lust, an den Si t zungen teilzunehmen oder über Dinge abzustimmen, die scheinbar ohne Belang für ihre Gebiete sind. Warum sollten sie Steuern entrichten, die für den Bau von Bah n gleisen in Alt-Thares verwendet werden? Und um diese Dinge durchzusetzen, sind wir gezwungen, ein Gutachten an den König zu senden, der dann verfügt, dass die Dinge so gemacht werden sollen.«
    »Wenn die Edelleute bekommen, was sie wollen, wa r um regen sie sich dann so auf?«, fragte ich. Ich kannte die Antwort, aber ich hatte plötzlich Lust, starrköpfig zu sein. Waren dies die Gründe, warum Soldatensöhne aus dem neuen Adel an der Akademie so schlecht behandelt wurden? Dinge, auf die wir keinen Einfluss hatten?
    Mein Onkel musterte mich eingehend. Und als er mir schließlich antwortete, tat er dies nicht sofort. »Alle Menschen streben danach, Herr über ihr eigenes Leben zu sein. Selbst ein treuer Diener, gibt man ihm Macht über das Geschäft seines Herrn, wird sich schon bald noch mehr Macht wünschen und das Recht, von dem G e schäft zu profitieren, wenn er es gut lenkt. Das liegt in der Natur des Menschen, Nevare. Hat ein Mensch erst einmal Macht über seine eigenen Angelegenheiten e r langt, wird er diese nicht mehr so leicht aus der Hand geben wollen.«
    Dies zu sagen schien eine starke Gemütsbewegung in ihm auszulösen. Er stand auf, rollte mit den Schultern und schritt quer durch den Raum zur Anrichte, wo er sich Weinbrand nachschenkte. Als er zu uns zurückkam, sagte er, wieder etwas ruhiger: »Aber ich bleibe einer von den alten Edelleuten, die von der Weisheit der ehrgeizigen Pläne des Königs überzeugt sind. Ich glaube, es wird uns Wohlstand bringen, wenn wir unsere Grenzen weiter nach Osten ausdehnen. Ich glaube, wenn es uns gelingt, einen Seehafen am Rustischen Meer auf der anderen Se i te des Barrierengebirges anzulegen, könnten wir Ha n delsbeziehungen und Bündnisse mit dem Volk der fer n östlichen Länder knüpfen. Ich weiß, dieser Traum e r scheint vielen weit hergeholt, aber wir leben in einer Zeit großer Veränderungen. Vielleicht muss man hochfli e gende Träume haben und große

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