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Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Titel: Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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wie Leute hinter mir rumorten.
    Er packte durch den Kissenbezug hindurch mein Ohr und verdrehte es, presste es zusammen wie eine Zitrone. »Stell dich nicht dümmer, als du bist, Cadence. Das passt nicht zu dir.«
    »Ich weiß ehrlich nicht, wo sie sind.« Das stimmte, fühlte sich aber wie eine Lüge an.
    Als Antwort darauf packte er mich am Arm, direkt über dem Ellbogen. Er grub seine Finger hinein und ich spürte, wie sich meine Muskeln teilten. Dann fand er einen Nervenstrang. Eine Art Elektroschock durchzuckte meinen Arm. Ich stieß einen Schrei aus.
    Ich kannte diesen Mann nicht. Ich merkte mir seine glatte Stimme, seinen leicht parfümierten Geruch, seine teuren Schuhe. Ich konnte sie durch den Spalt unten am Kissenbezug sehen. Ich analysierte sie auf Hinweise. Sie hatten eine abgestufte rötlich braune Farbe, die, wie ich glaubte, Ochsenblut genannt wurde. Sie sahen aus wie Schuhe, die ein erfolgreicher Geschäftsmann tragen würde, kein Killer. Aber ich hatte keinen Zweifel daran, dass er ein Killer war.
    »Wo sind die Informationen über das Virus und den Impfstoff?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.« Wenn mir meine Eltern mehr verraten hätten, hätte ich es dann ausgeplaudert? Ich hoffe nicht.
    Dann schlug er mich. Hart gegen den Unterkiefer. Ich spürte, wie sich einer meiner Zähne bewegte. Mein Mund schmeckte nach Metall.
    »Hör auf, mich anzulügen! Ich musste heute schon furchtbare Dinge tun, Cady. Sehr furchtbare Dinge. Ich möchte nicht noch mehr tun müssen.«
    Furchtbare Dinge? Was meinte er?
    Doch er ließ mir keine Zeit, darüber nachzudenken. Sein Tonfall änderte sich. Es war, als würde er beide Rollen gleichzeitig spielen: guter Bulle und böser Bulle. Nur dass auf der anderen Seite des Einwegspiegels keiner stand, um ihn davon abzuhalten, zu weit zu gehen.
    »Wo würden sie etwas verstecken? Ein Mädchen wie du, ein kluges Mädchen, muss doch wissen, wo seine Eltern Dinge verstecken.«
    »Ich weiß es nicht.« Ich versuche, nicht angespannt zu klingen. »Ich weiß nichts. Wenn sie etwas versteckt haben, dann weiß ich nicht, wo es ist.«
    »Haben sie ein Bankschließfach?«
    »Keine Ahnung.«
    Wieder nahm er mein linkes Ohr und quetschte es zusammen. Dann flüsterte er hinein: »Cady.« Eine Pause, in der ich ihn nur atmen hörte. »So zu tun, als würdest du nichts wissen, wird dir nicht helfen.«
    »Aber ich weiß nichts.«
    Er seufzte und richtete sich auf. Dann schlug er mir auf den Hinterkopf. Ich versuchte, keinen Laut von mir zu geben, aber ein Stöhnen zwängte sich durch meine zusammengebissenen Zähne.
    Ich spürte, wie er sich wieder herunterbeugte. »Ich werde dir jetzt wieder die Pistole an den Kopf halten und das nächste Mal, wenn du mich anlügst, drücke ich ab.«
    Ich hatte die Wahrheit gesagt, aber er glaubte, es wäre eine Lüge. Sollte ich versuchen, wirklich zu lügen? Sollte ich mir einen Ort ausdenken, an dem meine Eltern sein könnten, oder eine Stelle, an der sie Dinge verstecken würden, um Zeit zu gewinnen? Das würde früher oder später herauskommen und nach hinten losgehen. Wahrscheinlich früher. Und wenn ich sie auf eine sinnlose Suche schickte, wie viele andere würden dann an einen Stuhl gefesselt mit einer Knarre am Kopf enden?
    »Haben sie es jemand anderem erzählt?«
    Ich beschloss, nicht so zu tun, als wüsste ich nicht, worum es ging. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht!«
    »Hör auf zu lügen«, sagte er und fluchte. Seine Ohrfeige ließ meinen Kopf zur Seite schnellen. »Hör auf zu lügen oder dir passiert das Gleiche wie deinem kleinen Bruder.«
    Ich erstarrte. »Wovon reden Sie?«
    Seine Stimme ist ausdruckslos. »Er ist tot.«
    Was? Mein kleiner Bruder, tot? Das konnte nicht wahr sein. Nicht Max. Nicht Max, der so breit lächelt, dass seine braunen Augen fast verschwinden.
    »Was hätten wir mit einem heulenden Kind anfangen sollen? Er konnte uns nicht helfen. Und allmählich glaube ich, dass du genauso nutzlos bist. Ich werde mit dir dasselbe machen, wenn du uns nichts sagst, was uns weiterhilft. Sofort!«
    »Max kann nicht tot sein«, erwiderte ich. Dabei verdrängte ich den Gedanken daran, wie dieser Mann mir die Ohren verdreht, mich geschlagen und geohrfeigt hatte. Verdrängte die Erinnerung an den Druck der Pistole zwischen meinen Augen.
    »Du willst einen Beweis?«, sagte der Mann in den Ochsenblut-Schuhen grob. »Ich werde es dir beweisen?«
    Er ging aus dem Zimmer. Er sprach mit jemandem. Es klang,

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