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Never Knowing - Endlose Angst

Never Knowing - Endlose Angst

Titel: Never Knowing - Endlose Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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merkwürdig.
    Ich fuhr zurück zu Julias Haus. Sie lächelte kurz, als sie auf mein Klopfen hin öffnete, die Lippen fest zusammengepresst. Obwohl es Mitte Juni war, war sie ganz in Schwarz gekleidet und trug einen langen Rock und eine ärmellose Tunika. Sie sah blass aus, und ihr Pony bildete eine scharfe Kante auf ihrer Stirn. Ich erwiderte ihr Lächeln und versuchte, Augenkontakt herzustellen.
Sehen Sie, wie harmlos ich bin? Wie liebenswert?
Doch als sie mich mit einer raschen Handbewegung hereinwinkte, wandte sie den Blick hastig ab.
    »Möchten Sie einen Tee?«
    »Nein, danke.«
    Sie bot mir nichts anderes an, sondern bedeutete mir nur, ihr ins Wohnzimmer zu folgen. Als wir durch eine riesige Küche mit glänzenden Marmorarbeitsflächen und Kirschholzschränken kamen, entdeckte ich zwei Becher auf der Arbeitsplatte. Ob einer davon für Sandy gewesen war?
    Das Wohnzimmer war für meinen Geschmack etwas zu förmlich eingerichtet, und als ich das weiße Sofa und den dazu passenden Zweisitzer entdeckte, versuchte ich mir Ally hier vorzustellen. Die Perserkatze räkelte sich auf einer ledernen Ottomane in der Mitte des Raums und funkelte mich an, während ihre Schwanzspitze zuckte. Ich setzte mich auf den Zweisitzer, Julia kauerte sich mir gegenüber auf das Sofa und strich über ihren Beinen den Rock glatt. Ehe sie sprach, blickte sie lange hinaus aufs Meer.
    »Ich habe gehört, dass Sie nicht mehr mit ihm sprechen.«
    Worauf wollte sie hinaus?
    »Das stimmt.«
    »Sie sind der einzige Mensch, der vielleicht in der Lage ist, ihn aufzuhalten.«
    Ich versteifte mich am ganzen Körper. »Würden
Sie
mit ihm sprechen?«
    »Das ist etwas anderes.«
    Ich hatte ein schlechtes Gewissen wegen meiner Bemerkung und sagte: »Evan, mein Verlobter, und ich haben beschlossen, dass es zu gefährlich ist.«
    Sie sah mich streng an. »Ich möchte, dass Sie sich mit ihm treffen, Sara. Für mich.«
    Ich schnappte nach Luft. »Wie bitte?«
    Sie beugte sich vor. »Sie sind für die Polizei die einzige Chance, ihn zu fassen. Wenn Sie nicht mit ihm reden, wird er noch mehr Menschen umbringen. Er wird in diesem Sommer noch eine Frau vergewaltigen und töten.«
    Wir starrten einander an. Eine Ader an ihrer Kehle pulsierte. Die Katze sprang von der Ottomane und stolzierte davon.
    »Darum war Sandy heute hier, nicht wahr?«
    Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung, und sie lehnte sich zurück.
    »Ich habe gesehen, wie sie gegangen ist, Julia. Hat sie Ihnen gesagt, dass Sie mir das erzählen sollen?«
    »Sie hat mir gar nichts gesagt.«
    Wir maßen einander mit Blicken. Ich wusste, dass sie log, aber sie blinzelte nicht einmal.
    Ich sagte: »Und was ist mit
meinem
Leben? Was ist mit
meinem
Kind?«
    Die Hände in ihrem Schoß zitterten. »Wenn Sie sich nicht mehr darum kümmern, sind
Sie
eine Mörderin.«
    Ich stand auf. »Ich gehe.«
    Sie folgte mir zur Tür. »Es hat mich angeekelt, Sie neun Monate in mir zu tragen, und es hat mich krank gemacht, zu wissen, dass Sie auf der Welt sind – dass etwas von ihm
lebt

    Bei ihren Worten blieb ich wie angewurzelt an der Tür stehen. Ich starrte sie an, wartete darauf, dass ich den Schmerz spürte, so wie man sich schneidet und zuerst nur das Blut sieht, aber der Verstand noch nicht begriffen hat, dass man verletzt ist.
    »Aber wenn Sie ihn aufhalten«, sagte sie, »ist es das wert gewesen.«
    Ich wollte ihr sagen, dass alles, was sie sagte, unfair und grausam war, aber meine Kehle war ganz eng und mein Gesicht heiß, als ich versuchte, nicht zu weinen. Dann wich der Zorn aus ihrem Gesicht, ihr Körper erschlaffte, und sie bedachte mich mit einem verzweifelten, niedergeschlagenen Blick.
    »Ich kann nicht schlafen. Solange er da draußen rumläuft, werde ich niemals schlafen können.«
    Ich stürzte zur Tür hinaus, knallte sie hinter mir zu, rannte weinend zum Cherokee und schaltete hektisch in den Rückwärtsgang. Sobald ich wieder auf der Straße war, versuchte ich Evan anzurufen, aber er ging nicht ran. Nach ein paar Meilen hatten sich mein Schmerz und meine Wut in Schuldgefühle verwandelt. Hatte sie recht? Wenn ich mich weigerte, mich noch einmal mit John zu treffen und er jemanden umbrachte, war ich dann eine Mörderin?
     
    Wenn ich den Malahat Highway von Victoria aus Richtung Norden nehme, fahre ich normalerweise langsam und konzentriere mich auf die Straße – mit der Felswand auf der einen und dem steilen Abgrund auf der anderen Seite gibt es keinen Spielraum für Fehler. Heute

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