Never Knowing - Endlose Angst
vergewaltigt, damit hat all das angefangen.«
»Ich weiß, aber ich bin die Einzige, die es beenden kann.«
»Was willst du damit sagen?«
»Ich denke … ich denke, ich sollte noch einmal versuchen, mich mit ihm zu treffen.«
»Nein, ich habe es dir schon gesagt. Auf gar keinen Fall.«
»Und wenn ich einfach nur anfange, wieder mit ihm zu reden? Vielleicht kann ich ihn beschwatzen, mehr von sich preiszugeben, oder zumindest seine Aufmerksamkeit von den Campingplätzen ablenken.«
»Warum kannst du es nicht einfach auf sich beruhen lassen?«
Meine Stimme brach, als ich sagte: »Weil ich es nicht kann. Ich kann einfach nicht.«
Evan klang sanft. »Schatz, du weißt doch, dass Julia dich deshalb trotzdem nicht lieben wird, nicht wahr?«
»Es geht nicht darum, sie dazu zu bringen, mich zu lieben. Aber wenn du mich liebst, Evan, müsstest du verstehen, warum ich das tun muss.«
»Ich denke, einem Teil von dir gefällt es ganz gut, die Einzige zu sein, die ihn aufhalten kann – darum kannst du es nicht loslassen.«
»Das ist
gemein
, so etwas zu sagen. Glaubst du tatsächlich, es würde mir gefallen, dass mein Vater ein Serienmörder ist und er meinetwegen bereits eine Frau umgebracht hat?«
»
So
meine ich es nicht, ich denke, dass du nur nicht weißt, wie du …«
»Wie ich meinen Kopf in den Sand stecken und so tun kann, als sei alles in Ordnung? So wie du?«
»Das war jetzt aber auch gemein.«
Wir schwiegen beide.
Schließlich seufzte Evan. »Wir drehen uns im Kreis. Wenn du wieder mit ihm redest, stell dich darauf ein, dass er versuchen wird, ein weiteres Treffen mit dir zu vereinbaren.«
»Ich weiß noch nicht, was ich tun werde, Evan. Aber ich muss wissen, dass du hinter mir stehst.«
»Ich bin nicht glücklich darüber, dass du mit ihm reden willst, aber ich verstehe, warum du das Gefühl hast, du müsstest es tun. Aber ich meine es ernst, Sara – ich möchte nicht, dass du noch einmal versuchst, dich mit ihm zu treffen.«
»Ich werde nichts tun, ohne vorher mit dir darüber zu sprechen, in Ordnung?«
»Das will ich dir auch geraten haben.«
»Sonst was?« Ich sagte es in einem neckenden Tonfall, doch als Evan antwortete, war seine Stimme ernst.
»Ohne Scheiß, Sara.«
Am Wochenende grübelte ich darüber nach, was ich tun sollte, und sprach noch einmal mit Billy. Er sagte mir, Sandy habe ihm erzählt, dass sie Julia niemals genötigt hätte, mit mir zu sprechen, sie habe es von sich aus gewollt. Schon möglich, aber ich hatte da meine Zweifel. Sandy war so ehrgeizig, dass sie alles tun würde, nur um John zu schnappen. Als die Zeit verstrich und ich immer noch zu keiner Entscheidung gekommen war, fragte ich mich, ob ich nicht vielleicht damit davonkäme, mich nie zu entscheiden. Dann rief Julia am Montag an.
»Ich habe gehört, dass er Ihnen noch eine E-Mail geschickt hat. Werden Sie mit ihm reden?«
»Ich habe mich noch nicht entschieden.« Ich wappnete mich gegen ihren Zorn.
»Nun, während Sie sich
entscheiden
, sollten Sie vielleicht Folgendes in Ihre Überlegungen mit einbeziehen: Die Polizei sagt, dass
ich
die nächste Person sein könnte, zu der er Kontakt aufzunehmen versucht.« Ihre Stimme zitterte bei den letzten Worten, und ich begriff, wie groß ihre Angst war. »Ich hoffe, dieses Mal bringt er mich um.«
Dann legte sie auf.
Es dauerte volle fünf Minuten, ehe mein Herz aufhörte zu rasen. Ich rief Evan an, aber er ging nicht ran. Ich wusste, dass ich mit ihm reden sollte, ehe ich eine Entscheidung fällte, und wartete eine weitere Stunde, aber als er dann immer noch nicht ans Telefon ging, überkam mich eine merkwürdige Ruhe. Ich wusste, was ich zu tun hatte.
Ich ging nach oben und schrieb eine E-Mail an John. Sie bestand nur aus einem Satz –
Wie kann ich dir helfen, John?
– und meinen neuen Telefonnummern. Dann, ehe ich mir erlaubte, noch länger darüber nachzudenken, klickte ich auf Senden.
Doch ich habe immer noch nichts von ihm gehört. Es brachte mich fast um, Sandy
nicht
zu fragen, ob sie Julia erzählt hatte, dass ich ihm geantwortet hatte.
Mag sie mich jetzt? Jetzt, wo ich mein Leben und meine Familie aufs Spiel setze? Jetzt, wo Evan stinksauer auf mich ist?
Dann sagte ich mir immer wieder, dass es mir egal ist, was sie denkt. Ich bin so gut im Lügen geworden, dass ich es fast glaubte.
Aber die Sache ist die, ich mache es nicht nur für sie. Diese Geschichte wird niemals aufhören, solange ich nicht einen Weg finde, dem ein Ende zu
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