Never tell a lie - Lügen können töten - Psychothriller
nicht einmal einer halben Stunde hatte sie den Supermarkt wieder verlassen. Sie hielt bei der Bibliothek, um ein Hörbuch zurückzubringen - einen Krimi von Ruth Rendell, der ihr die Fahrten zur Arbeit verkürzt hatte.
Auf dem Heimweg hielt sie am Brush Hills Square, einem Platz, der von breiten, zweistöckigen Geschäftshäusern mit granitverkleideten Fassaden gesäumt war, um sich bei Three Brothers Hardware einen Ersatzschlüssel machen zu lassen. Der Laden hatte vor Jahren den Besitzer gewechselt, den Namen aber beibehalten, nachdem der letzte der ursprünglichen drei Brüder in den Ruhestand gegangen war. Sie war schon ewig nicht mehr dort gewesen, nicht mehr, seit nur eine Meile von ihrem Haus entfernt das Home Depot eröffnet hatte.
Sie hielt an einer Zapfsäule und füllte ihren Tank auf, als sie einen Streifenwagen bemerkte, der im Schritttempo an ihr vorbeifuhr. Ivy spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Wurde sie verfolgt? Konnte sie nichts mehr erledigen, ohne belästigt zu werden?
Sie hastete am Eingang einer stillgelegten Bowlingbahn im Keller des Gebäudes vorbei. Über ihrem Kopf klingelte eine Glocke, als sie den Metallwarenladen betrat.
Durch das Schaufenster des Ladens konnte sie sehen, dass der Streifenwagen in die Ladezone an der Ecke gefahren war. Von dieser Stelle aus, so sagte sie sich, überwachte
die Polizei ständig den Verkehr und wartete darauf, dass jemand bei Rot über die Kreuzung fuhr.
Sie zwang sich, nicht mehr daran zu denken. Der Laden, ein Relikt aus der Zeit, als die Metallwarenläden des Orts nebenbei auch als Gemischtwarenläden fungiert hatten, roch nach Sägemehl, Schweiß und Terpentin. In engen Gängen stapelten sich Haushaltswaren - Rührschüsseln, Küchengeräte und Geschirrtücher - neben Laubharken und Farbeimern. Zimmermannsnägel, die immer noch pfundweise verkauft wurden, befanden sich in einem Fass unter einer hängenden Metallwaage.
Ein grauhaariger Mann tauchte aus dem hinteren Teil des Ladens auf und setzte sich auf einen Hocker hinter der abgenutzten, mit Linoleum beklebten Ladentheke. Sein Gesicht war so blass und fleckig wie die Unterseite einer Flunder. Er senkte den Blick auf Ivys Bauch.
Diese hielt ihm den Schlüssel hin. »Bitte, ich brauche hiervon einen Zweitschlüssel.«
Er nahm ihr den Schlüssel aus der Hand und musterte ihn. »Gab es ein Problem …?« Er sah zu ihr auf und blinzelte. »Oh, tut mir leid, ich dachte …« Er rieb sich sein mit grauen Stoppeln bedecktes Kinn, schüttelte den Kopf und zuckte die Achseln. »Natürlich. Dauert nur eine Minute.«
Als Ivy ihren Wagen aus der Parklücke steuerte, dachte sie immer noch über die offenkundige Verwirrung des Ladenbesitzers nach. Der Streifenwagen war verschwunden. Sie hatte den Weg nach Hause schon zur Hälfte zurückgelegt, als sie einen großen Personenwagen mit getönter Windschutzscheibe im Rückspiegel bemerkte.
Sie bog nach rechts ab. Der Wagen folgte ihr. Sie fuhr nach links. Er war immer noch da. Als sie in ihre Einfahrt einbog, hielt der Wagen direkt hinter ihr. Eine Autotür wurde zugeschlagen. Im Seitenspiegel sah sie Detective Blanchard, der auf sie zuging.
Mit klopfendem Herzen umklammerte Ivy das Lenkrad. Sie fühlte sich bedrängt, in die Falle getrieben. Ihre Gedanken rasten. Gab es eine neue Entwicklung? Wollte er sie verhaften?
Sie drückte auf die automatische Türverriegelung, zog ihr Handy aus der Tasche und rief mit zitternden Fingern Davids Büro an.
Lillian Bailiss war am Apparat. »Ich fürchte, er ist nicht da«, teilte sie Ivy mit, nachdem sie erst in Davids Büro nachgesehen und ihn dann mit dem Pager angepiept hatte. »Er ist um halb zwölf zum Mittagesen gegangen. Es sieht ihm gar nicht ähnlich, länger als eine Stunde wegzubleiben, ohne zwischendurch anzurufen. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll. Haben Sie es mit seiner Handynummer probiert?«
Detective Blanchard stand entspannt und mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht am Wagenfenster auf der Fahrerseite. Als er sah, dass Ivy telefonierte, wurde seine Haltung plötzlich steif.
Ivy rief Davids Handy an. Nach nur einem Klingelton schaltete sich die Mailbox ein. Sie hinterließ einen kurzen, halb hysterischen Hilferuf.
Unterdessen lehnte Blanchard pfeifend an der Kühlerhaube ihres Autos und pulte an seinen Fingernägeln herum.
Sie rief Theo an. Er war nicht in seinem Büro. Wo, zum Teufel, steckten alle?
Theos Sekretärin gab ihr seine Handynummer. Theo meldete
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