Never tell a lie - Lügen können töten - Psychothriller
sich nach dem ersten Klingelton.
»Was will er denn? Droht er dir mit irgendetwas?«, erkundigte sich Theo.
»Bisher hat er noch gar nichts gesagt. Er steht nur da und wartet darauf, dass ich aus dem Auto steige. Ich weiß überhaupt nichts. Wie oft soll ich das noch sagen?« Ihre Stimme klang zunehmend hysterisch.
Detective Blanchard beobachtete sie durch die Windschutzscheibe. Ivys Herz hämmerte wie wild, und das Blut pochte in ihren Ohren.
»Bleib ruhig. Verstehst du mich?«, fragte Theo.
»Ich verstehe dich«, flüsterte Ivy mit zusammengebissenen Zähnen.
»Atme erst mal tief durch«, befahl Theo. »Dann steig aus dem Auto und hör dir an, was er zu sagen hat. Aber leg nicht auf, ja? Halte die Verbindung mit mir.«
»Okay.« Ivy umklammerte ihr Handy und öffnete die Wagentür.
Blanchard reagierte augenblicklich und hielt ihr die Tür auf. Ivy löste ihren schweißdurchtränkten Rücken vom Sitz und stieg aus. Sie ignorierte die Hand, die Blanchard ihr hinstreckte.
»Mrs Rose, ich bin hier, um Sie zur Befragung mitzunehmen«, eröffnete er ihr.
»Frag ihn, ob du verhaftet bist«, sagte Theo ihr ins Ohr.
»Bin ich verhaftet?«
»Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen. Sie haben doch nichts dagegen, mit mir zu kommen?«
»Das habe ich gehört«, sagte Theo. »Also gut, geh mit ihm. Aber sag nichts, bevor ich bei dir bin. Beantworte keine Fragen. Und denk daran, du hast nichts Böses getan. Ich treffe dich dann dort.«
Detective Blanchard gestattete ihr, ihre Einkäufe auszuladen, und bot sogar seine Hilfe an. Dann wartete er geduldig, bis sie das Haus wieder abgeschlossen hatte.
Auf der Fahrt zur Polizeistation saß Ivy, abgeschirmt von der Welt durch die getönten Fensterscheiben, auf dem Rücksitz des Crown Victoria. Sie fuhren über den Brush Hills Square und an unzähligen Vorstadthäusern vorbei, und Ivy hatte das seltsame Gefühl, dass der Wagen stillstand, während die Häuser und Bäume wie gemalte Kulissen an einer Wäscheleine an ihr vorbeigezogen wurden.
Der Wagen bog in die lange Einfahrt ein, die zur Polizeistation führte - ein weiträumiges Gebäude mit weißen Schindeln, das wie ein Country Club aussah. Ivy war oft daran vorbeigefahren, aber noch nie hineingegangen.
Blanchard fuhr an einem Schild mit der Aufschrift »Eintritt verboten« vorbei, lenkte den Wagen zu einer angebauten großen Garage hinter dem Gebäude, stellte den Motor ab und stieg aus. Ivy tastete nach dem Türgriff, fand aber keinen, und eine Möglichkeit, das Fenster zu öffnen, gab es auch nicht.
Sie zwang sich, sich zurückzulehnen, während sich das Garagentor öffnete. Von innen sah die Garage ganz
normal aus, sehr viel größer, aber nicht anders als eine gewöhnliche Garage. Blanchard stieg aus dem Wagen, bückte sich, hielt das Gesicht dicht an die Fensterscheibe und blickte zu ihr hinein.
Als er diesmal die Autotür öffnete, bot er ihr nicht die Hand an und sprach kein Wort.
Ivy stieg aus dem Wagen und ließ sich in die Garage führen. Auf einem Schild an der Tür des Gebäudes stand: »Vorsicht! Tür schließt automatisch.«
Blanchard drückte den Knopf der Gegensprechanlage. Über ihnen ertönte ein Surren. Ivy sah hinauf. Zwei Kameras drehten sich in ihre Richtung. Einen Augenblick später öffnete sich die Tür mit einem Klicken. Blanchard betrat nach Ivy das Gebäude. Mit einem dumpfen Schlag und lautem Scheppern fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss.
Das Erste, das Ivy auffiel, war der Geruch - Putzmittel mit Fichtennadelduft, Schweiß und Exkremente. Sie würgte und schluckte die Galle hinunter, die ihr in der Kehle aufstieg. Sie spürte Detective Blanchard hinter sich. Er bedrängte sie nicht und ließ ihr Zeit, ihre Umgebung auf sich wirken zu lassen.
Es gab keine Fenster, nur einen anonymen, eintönigen Raum mit Wänden aus weiß gestrichenen Hohlblocksteinen und einem Zementboden. Unterhalb der grauen Oberfläche eines Tresens hingen zwei Paar Handschellen an etwa dreißig Zentimeter langen Ketten, die in die Wand gedübelt waren. Offenbar wurden die Gefangenen hier eingetragen.
Ivys Sehkraft schien übernatürlich geschärft zu sein,
so dass sich ein Paar Männerturnschuhe und zwei schlammige braune Arbeitsstiefel in der Ecke so klar von ihrer Umgebung abhoben, als könnte sie sie aus der Szene herauskopieren.
Blanchard stellte sich auf die andere Seite des Tresens. »Sie haben das Recht, zu schweigen und sich zu weigern, Fragen zu beantworten.« Er richtete einen
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