Never tell a lie - Lügen können töten - Psychothriller
Anhörung geben. Wir werden Freilassung auf Kaution beantragen. Mach dir keine Sorgen. Bis morgen Nachmittag ist David wieder zu Hause.« Arrogant und tröstlich. Genau das wollte Ivy hören.
Sie streckte die Arme aus und stützte sich am Armaturenbrett ab, als der Wagen vor einer roten Ampel abrupt zum Stehen kam.
»Sowie ich etwas weiß, rufe ich dich an«, versprach er. Dann ermahnte er sie, nicht mit Reportern oder Nachbarn und auch nicht mit Freunden darüber zu reden, was im Einzelnen passiert war.
Ivy nickte, als ob sie ihm zuhören würde, aber seine Ermahnungen perlten an ihr ab wie Quecksilber.
Die Ampel wurde grün, und Theo drückte aufs Gas. »Als dein Rechtsanwalt …«, belehrte er sie weiter. Ivy beobachtete ihn, während er auf sie einredete, mit dem Handballen zur Bekräftigung gegen das Lenkrad schlug und sich durch den Verkehr schlängelte.
Vielleicht hatte sie voreilig gehandelt, als sie Detective Blanchards Vorschlag ablehnte, sich einen eigenen Rechtsanwalt zu nehmen. Die Freundschaft bestand hauptsächlich zwischen Theo und David und war eine Bindung, die sich in Jahrzehnten gemeinsam erlebter Abenteuer entwickelt hatte. Aber war es denn gut, einen so engen Freund als Rechtsanwalt zu haben? Vielleicht
brauchte David jemand anderen, jemanden mit mehr Abstand und mehr Erfahrung im Strafrecht, um ihn zu vertreten.
Es war fast dunkel, als Theo in die Laurel Street einbog.
»Oh!«, sagte er.
Als Ivy die Fahrzeuge entdeckte, die entlang der Straße parkten, wurde ihr übel. Eine Kamera-Crew war gerade damit beschäftigt, sich auf dem Gehsteig vor ihrem Haus einzurichten.
»Fahr nicht bis vor das Haus«, sagte sie. »Sie würden mich mit Haut und Haaren auffressen. Ich steige hier aus.«
Theo hielt den Wagen an. Das Kreuz am Rückspiegel schaukelte vor und zurück wie ein Metronom. Ivy blickte auf ihre Hand, die sie nach dem Türgriff ausstreckte.
»Bleib nach Möglichkeit zu Hause.« Theo berührte ihre Schulter. »Denk daran, sie haben kein Mordopfer, keine Leiche, keine Zeugen. Du und David habt beide ein einwandfreies Vorleben. Keine Vorgeschichte mit Melinda White. Es gibt genügend alternative Szenarien.«
Versuchte er sie oder sich selbst zu überzeugen?
»Ihr beide seid hier die Opfer«, fuhr Theo fort. »Für alles, was sie herausgefunden haben, gibt es eine Erklärung. Wir werden keine Schwierigkeiten haben, bei den Geschworenen begründete Zweifel zu erwecken.«
Geschworene? Aber David war lediglich wegen des Manipulierens von Beweisen verhaftet worden.
»Es ist einfach Pech, dass euer Haus zufällig gerade da steht, wo diese Frau vor ihrem Verschwinden zuletzt gesehen
wurde. Aber vielleicht hat es auch nichts mit Glück oder Pech zu tun. Ich möchte, dass du darüber nachdenkst, wer vielleicht einen Groll gegen euch hegt. Wer hat etwas gegen dich und David? So viele Beweise häufen sich nicht von allein an.
Aber genau das verstehe ich nicht. Wenn jemand versucht, David eins auszuwischen, warum versteckt er dann die Leiche? Warum gibt er der Polizei nicht das, was sie braucht, um ihn wegen Mordes anzuklagen?«
17
Ivy legte die Strecke zu ihrem Haus im Schutz des abendlichen Dämmerlichts zurück. Es war nicht ganz einfach, sich unsichtbar zu machen, wenn man im neunten Monat schwanger war, aber sie schaffte es, seitlich an Mrs Bindels Haus vorbeizuschlüpfen und die rückwärtigen Gärten zu durchqueren, ohne entdeckt zu werden.
Im Halbdunkel unter dem Vordach gelang es ihr erst nach mehreren Versuchen, den neuen Schlüssel ins Schlüsselloch zu stecken. Sie hatte gerade die Tür geöffnet, als die Seitenwand des Hauses plötzlich in grelles, weißes Licht getaucht war. Ein zweiter, blendend heller Blitz flammte auf. Ivy spürte, wie Menschen von hinten auf sie zustürmten.
»Mrs Rose, was sagen Sie dazu, dass Ihr Mann wegen Mordes verhaftet wurde?«, brüllte ein Mann.
Mikrofone wurden ihr entgegengestreckt.
»Was können Sie uns über die Beweisstücke sagen, die die Ermittler bei Rose Gardens gefunden haben?« Das war die Stimme einer Frau.
»Waren Sie mit Melinda White befreundet?«
Es gelang Ivy, sich durch die Tür zu quetschen, sie zuzuschlagen und von innen zu verschließen. Keuchend und zitternd stand sie im halbdunklen Vorraum. Von draußen drangen Stimmen zu ihr herein. Diese Leute
versuchten, sich durch die Wände ihres Hauses zu graben, durch die Poren in ihre Haut einzudringen.
Dies war ihr Zuhause, wo sie sich eigentlich sicher fühlen sollte, wo es
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