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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Meeres in Kreta, der den Minotaurus zeugte. Im Zeitalter des Widders suchten Jasons Argonauten das Goldene Vlies, Alexander der Große trug ein Widdergehörn; es steht in Zusammenhang mit anderen Initiierten der späteren ägyptischen Mysterien – und natürlich mit Jesus, dem Lamm Gottes und bedeutendstem Dreh- und Angelpunkt beim Übergang vom Widder-Zeitalter zu dem, das jetzt endet, dem Zeitalter der Fische.
    Und hier haben wir die Fisch-Symbole wie den Fischerkönig, der den von König Artus und den Rittern seiner Tafelrunde gesuchten Heiligen Gral bewachte – obwohl der Gral als Kelch, aus dem man gießen kann, ein geeigneteres Symbol für das kommende neue Zeitalter wäre.»
    Wir überquerten einen Platz mit einem grotesken, in alle Richtungen spritzenden Brunnen und näherten uns dem Ring.
    «Was kannst du uns über das Zeitalter des Wassermanns sagen?» fragte ich Dacian.
    «Das Bild dieses Zeitalters gleicht von Anfang an einer Sintflut», antwortete Dacian, «aber nicht jener, wie sie Noah erlebte, als Gott die Erde unter Wasser setzte, um die Menschen für ihre Sünden zu strafen. Dieses Zeitalter wird eines der unverhofften, unberechenbaren gesellschaftlichen Umwälzungen sein. Was der Wassermann ausgießt, wird als eine gigantische Flutwelle der Befreiung gedeutet: Die Wasser der Erde werden steigen, Urströme der Freiheit werden hervorbrechen und sich gegen tyrannische Fesseln wenden. So zumindest verstehen es die, die eine solche Befreiung wünschen. Insofern ist es kein Zufall, daß Uranus, der herrschende Planet dieses kommenden Zeitalters, entdeckt wurde, als sich die Französische Revolution ankündigte.
    Bei den alten Griechen und Römern heißt es, unser kommendes Zeitalter wird durch ungehindert ausströmendes Wasser eingeleitet werden. Diejenigen, die Dämme bauen, um es aufzuhalten, die Mauern errichten, um sich der Veränderung zu widersetzen, die unterdrücken, unflexibel sind und sich stur stellen, die die Uhren zurückdrehen wollen, um zu einem goldenen Zeitalter zurückzukehren, das nie existiert hat – sie werden von dieser Flutwelle der Veränderung überrollt werden. Überleben wird nur, wer lernt, auf diesen Wogen zu tanzen.»
    Inzwischen h atten wir die Hofburg erreicht. Wolfgang besorgte uns Eintrittskarten, und wir gingen zur Schatzkammer. Wir schritten durch Räume mit großen Glasvitrinen, in denen Kronjuwelen, kaiserliche Insignien, Kostüme und Reliquienschreine zu bewundern waren: die tausend Jahre alte, achteckige und juwelenbesetzte Krone des Heiligen Römischen Reichs, die an einer Seite mit dem Bild König Salomos verziert ist; die Habsburgerkrone und der Reichsapfel mit der Aufschrift AEIOU – Austria est imperare orbi universo – sowie andere bescheidenere Familienstücke. Schließlich betraten wir den letzten Raum mit den Prunk- und Zierwaffen.
    In einer kleinen Vitrine an der Wand lag neben einigen Dingen von anscheinend geringem Wert auf einem Stückchen rotem Samt ein kleiner dolchförmiger Gegenstand, der mit etwas zusammengebunden war, das wie eine Darmsaite aussah. Der Griff war so geformt, daß er in einen Schaft eingefügt werden konnte; den Mittelteil umgab ein dünnes Messingband. Das Ganze sah aus wie die Lanze, die Laf beschrieben hatte, als er mir von seinem Besuch hier erzählte.
    «Es ist völlig unscheinbar, nicht wahr?» sagte Dacian, der neben mir vor der Vitrine stand.
    Wolfgang, der auf der anderen Seite neben mir stand, sagte: «Aber es soll die berühmte Lanze des Longinus sein. Darüber wurden viele Bücher geschrieben. Gaius Cassius Longinus war ein römischer Centurio, der angeblich mit dieser Lanze die Brust von Jesus geöffnet hat. Unter der Bronzemanschette soll sich einer der Nägel befinden, mit denen er ans Kreuz geschlagen wurde. Es heißt auch, daß das Schwert Karls des Großen in der Vitrine daneben – das angeblich dem Hunnenkönig Attila gehört hat – dasselbe ist, mit dem Petrus vor zweitausend Jahren im Garten Gethsemane dem Malchus das Ohr abgetrennt hat.»
    «Das ist natürlich alles Unsinn», sagte Dacian. «Das Schwert ist ein mittelalterlicher Säbel, keine hebräische oder römische Waffe. Und diese Lanze ist nur eine Kopie. Auch darüber wurden Bücher geschrieben. Jeder wollte sie haben, bis hin zu Adolf Hitler, wegen der geheimnisvollen Kräfte, die sie besaß. Es wird berichtet, Hitler habe die echte Longinus-Lanze und andere solche Schätze nach Nürnberg bringen und anschließend Kopien herstellen lassen –

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