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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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hoffe, Sie werden mit mir bessere Erfahrungen machen.» Er lachte, und als wäre es ihm eben erst eingefallen, fügte er hinzu: «Aber Dante hatte einen dritten Führer, was viele vergessen – einen, dessen Werke hier in unserer Sammlung sehr geschätzt werden.»
    «Und wer war der dritte Führer?»
    «Der heilige Bernhard von Clairvaux. Eine höchst interessante Figur», antwortete Pater Virgilio. «Obwohl er heiliggesprochen wurde, hielten ihn viele für einen falschen Propheten, sogar für den Fürsten der Finsternis. Er ist schuld an dem verheerenden zweiten Kreuzzug, der bereits in Kleinasien scheiterte. Er führte auch den berüchtigten Templerorden ein, der den Tempel Salomos gegen die Sarazenen verteidigen sollte. Zweihundert Jahre später wurden die Templer als Häretiker unterdrückt. Hier in Melk besitzen wir die mit Buchmalerei verzierten Texte der vielen Predigten, die der heilige Bernhard über das Hohelied verfaßt und König Salomons gewidmet hat.»
    Aber als sich Pater Virgilio abwandte und uns durch den langen Saal vorausging, läutete irgendwo in meinem Kopf eine Glocke, und der Grund dafür war nicht seine Erwähnung des Hohenlieds. Während wir unserem Hirten folgten, schweifte mein Blick über die Bücher in den Regalen zu meiner Rechten und den Inhalt der imposanten Vitrinen zu meiner Linken, und ich zermarterte mir das Gehirn, um herauszufinden, was mir an diesem Priester in seiner schwarzen Kutte so auf die Nerven ging. Vor allem hatte Wolfgang mit keinem Wort erwähnt, daß wir für unser heutiges Pensum einen geistlichen Führer haben würden, und auch nicht, daß ich mich über Ritterorden kundig machen sollte. Ich musterte Virgilio, während wir ihm folgten, und plötzlich war ich unheimlich wütend.
    Ohne diese Pnesterkutte, aber mit einem dunklen zerknautschten Hut auf dem Kopf, hätte Pater Virgilio sehr gut jemand anderer sein können. Dann erinnerte ich mich, daß die geflüsterten Worte, die ich am vergangenen Abend im Weinberg gehört hatte, Englisch waren, nicht Deutsch. Als sich Pater Virgilio schließlich vor einer großen Glasvitrine am Ende des Saals zu uns umdrehte, kochte ich innerlich vor Zorn. «Ist das nicht ein wunderschönes Kunstwerk?» sagte er, auf die reich verzierte Handschrift unter dem Glas weisend. Dabei blickte er mit seinen wäßrigen Augen von Wolfgang zu mir
    und befingerte sein Kruzifix.
    Ich nickte mit einem gezwungenen Lächeln und sagte in meinem verkümmerten Deutsch: «Also, Pater, wenn Sie nun hier mit uns sind, was tut heute Hans Klaus?»
    Der Priester sah Wolfgang verwirrt an, der sich zu mir wandte und sagte: «Ich wußte nicht, daß du Deutsch sprichst.»
    «Nicht sehr viel», antwortete ich kühl, «aber sicherlich mehr als unser österreichischer Archivar.»
    «Ich denke, Pater, Sie haben uns vorerst genug geholfen», sagte Wolfgang auf englisch. «Würden Sie uns einen Moment entschuldigen, damit ich mit meiner Kollegin sprechen kann?»
    Virgilio verneigte sich zweimal und verließ eilig den Saal. Wolfgang beugte sich, auf die Unterarme gestützt, über die
    Vitrine und betrachtete die vergoldete Handschrift. «Es ist großartig, nicht wahr?» bemerkte er, als sei nichts gewesen. «Aber dieses Exemplar wurde natürlich etliche hundert Jahre nach Bernhards Lebzeiten angefertigt – »
    «Wolfgang», sagte ich ungeduldig. «An jenem Morgen in deiner Wohnung in Idaho – hast du da nicht gesagt, du würdest mir immer die Wahrheit sagen? Was genau geht hier vor?»
    Sein Blick hätte den Eisberg unter der Titanic zum Schmelzen gebracht, und ich gestehe, er wirkte auch bei mir ziemlich gut – aber er hatte noch mehr auf Lager.
    «Ich liebe dich, Ariel», sagte er schlicht und ergreifend. «Wenn ich sage, daß es Dinge gibt, bei denen du mir einfach vertrauen mußt, erwarte ich, daß du mir glaubst – daß du an mich glaubst. Verstehst du das? Oder ist das nicht genug?»
    «Nein», sagte ich standhaft.
    Zu seiner Ehre sei gesagt, daß er keine Überraschung zeigte, nur gespannte Aufmerksamkeit, als wartete er auf etwas. Ich wußte nicht recht, wie ich ihm das, was ich ihm sagen mußte, beibringen sollte.
    «Gestern abend habe ich auch geglaubt, ich würde mich in dich verlieben», sagte ich. Seine Augen wurden schmal wie damals, als er in der Empfangshalle der Firma an mir vorbeiging. Aber ich konnte meine Enttäuschung nicht für mich behalten. «Wie konntest du mit mir schlafen», sagte ich, während ich mich vergewisserte, daß uns niemand

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