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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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als sie noch auf der Bühne stand. Ich hoffte, niemand würde unseren Verstoß bemerken.
    «Mrs. Behn», sagte der Mann an Jersey gewandt, «ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, noch ein paar Minuten zu warten. Der Präsident möchte an der Feier teilnehmen.»
    Er meinte nicht den Präsidenten, sondern einen früheren, den Jersey den «Erdnußfarmer» nannte und vor dem sie aufgetreten war, als er noch im Weißen Haus wohnte.
    «Teufel nein», antwortete Jersey, «solange es Sam nichts ausmacht.»
    Dann lachte sie, und mich streifte eine weitere Dunstwolke. Die Augen des Mannes waren unsichtbar hinter der dunklen Brille, nicht jedoch seine Lippen, die plötzlich schmal wurden. Ich sah ihn eisig an und schwieg.
    Der Hubschrauber ging über der Straße nieder und landete auf der Crissy-Field-Landebahn neben der Bucht. Zwei Autos mit dunkel getönten Scheiben waren hinausgefahren, um den hohen Gast abzuholen.
    «Mrs. Behn», fuhr der Mann mit der dunklen Brille leise fort, als befänden wir uns in einem Kriminalfilm. «Ich bin beauftragt, Ihnen zu sagen, daß der Präsident in Vertretung unserer derzeitigen Regierung Vorbereitungen für den Ablauf der Zeremonie getroffen hat. Obwohl Ihr Sohn als ziviler Berater nicht eigentlich ein Mitglied des Militärs war, ereignete sich sein Tod, während er im Dienst… richtiger gesagt, in seiner Beraterfunktion für das Militär tätig war. Unsere Regierung möchte ihn deshalb angemessen ehren. Geplant ist eine kleine Zeremonie. Eine Militärkapelle wird spielen. Dann erhält der Verstorbene den Abschiedssalut von siebzehn Schuß, und anschließend wird Ihnen der Präsident die Distinguished Service Medal für die hervorragende Erfüllung einer verantwortungsvollen Aufgabe überreichen.»
    «Wieso mir?» sagte Jersey. «Ich bin nicht der Tote!»
    Die Feier verlief nicht ganz so wie geplant. Danach hatten sich Augustus und Grace in ihre Suite zuoberst
    im Mark Hopkins auf Nob Hill zurückgezogen und mir eine Nachricht geschickt, sie «erwarteten» mich zum Abendessen. Nachdem es erst Mittag war, ging ich mit Jersey ins Buena Vista auf einen flüssigen Lunch. Wir fanden einen Holztisch an den vorderen Fenstern mit Blick auf die Werften und die Bucht.
    «Ariel, Liebes, es tut mir wirklich leid, was passiert ist», sagte Jersey und trank ihren Scotch in einem Zug wie ein Glas Milch.
    «Leid tun hilft nichts», sagte ich, ihre eigenen Worte gebrauchend, die ich als Kind gesagt bekam, wenn ich etwas falsch gemacht hatte. «Ich esse heute abend mit Augustus und Grace. Was zum Teufel soll ich ihnen sagen?»
    «Vergiß es», sagte Jersey und sah mich mit ihren berühmten eisblauen Augen an, die erstaunlich klar wirkten trotz ihres jüngsten Lebensstils. «Ich bin einfach erschrocken. Es ist wahr. Die verdammte Ballerei hat mich erschreckt.»
    «Du hast doch gewußt, daß sie schießen würden», entgegnete ich. «Aber du warst blau wie ein Veilchen. Nur deshalb bist du ins Grab gefallen. Großer Gott – vor all diesen Leuten!»
    Jersey sah mich gekränkt an, und ich starrte wütend zurück. Aber plötzlich mußte ich lachen. Zuerst sah Jersey nur
    überrascht aus; dann begann sie ebenfalls zu lachen. Wir lachten, bis uns die Tränen übers Gesicht liefen, weil meine Mutter bäuchlings sechs Fuß tief in der Grube gelegen hatte, noch bevor sie den Sarg hinuntergelassen hatten.
    «Und das direkt vor der Nase des Erdnußfarmers», stieß Jersey hervor, und wir bogen uns vor Lachen.
    «Vor Augustus und Grace», japste ich zwischen hysterischen Krämpfen.
    Es dauerte einige Zeit, bis wir uns beruhigt hatten. Ich wischte mir mit der Serviette die Tränen ab und lehnte mich mit einem Seufzer zurück.
    «Ich wünschte, Sam hätte gesehen, was du getan hast», sagte ich und drückte Jerseys Arm. «Es war so komisch. Er hatte sich totgelacht.»
    «Er ist auch so gestorben», sagte Jersey und bestellte noch einen Drink.

    Um sieben Uhr fuhr ich am Mark Hopkins vor in der Limousine, mit der mich Augustus abholen ließ. In jeder Stadt, die er besuchte, mietete er sich einen Wagen mit Chauffeur, damit er sich nicht dazu herablassen mußte, einem Taxi zu winken. Mein Vater hielt sehr auf sich. Ich bat den Fahrer, mich um zehn Uhr abzuholen und zu dem kleinen viktorianischen Gasthof auf der anderen Seite der Brücke zurückzubringen, wo ich abgestiegen war. Erfahrungsgemäß reichten mir drei Stunden mit Augustus und Grace.
    Ihre Suite im Penthouse des Hotels war groß und mit üppigen

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