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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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«Sam ist noch keine Woche tot, und schon hat es sich für mich rentiert. Hast du herausbekommen, wie reich ich sein werde? Kann ich sofort aufhören zu arbeiten? Oder wird sich das Finanzamt das meiste unter den Nagel reißen?»
    «Das hat Grace nicht gemeint, und das weißt du», sagte Augustus, der Figuren in seine créme de volaille rührte, während ich versuchte, die Kapern auf meinem schottischen Lachs aufzuspießen.
    «Grace und mir geht es hier nur um dich», fuhr er fort. «Ich habe Sam nicht gekannt – zumindest nicht gut –, aber ich bin sicher, er hat dich sehr gern gehabt. Schließlich seid ihr praktisch wie Geschwister aufgewachsen, nicht wahr? Und als Earnests einziger Erbe muß Sam sehr… nun, sagen wir, in sehr angenehmen Verhältnissen gelebt haben, meinst du nicht auch?»
    Mein verstorbener Onkel, der ältere Bruder meines Vaters, war im Bergbau- und Erzgeschäft tätig gewesen und reich wie Midas. Obendrein war er im Vollbesitz seines erworbenen Reichtums gestorben, denn Geld ausgeben hatte ihn nicht interessiert. Sam war sein einziges Kind.
    Als sich meine Eltern scheiden ließen, war ich noch sehr klein. Jersey zog mehrere Jahre lang mit mir in der Welt herum, von einer Hauptstadt zur anderen. Sie war überall stets willkommen, weil sie schon vor ihrer Heirat mit Augustus eine bekannte Sängerin war – daher rührte auch ihre Bekanntschaft mit dem Erdnußfarmer und mit nahezu jeder gesellschaftlichen Größe. Die Behn-Männer hatten immer ein Faible für extravagante Frauen gehabt. Aber sie hatten auch oft Probleme mit ihnen.
    Jersey hatte schon seit Jahren getrunken, aber jeder erwartete von Opernsängerinnen, daß sie Champagner wie Wasser tranken. Erst als Augustus seine Verlobung mit Grace bekanntgab – die eine geklonte Jersey war, nur zwanzig Jahre jünger –, griff Jersey so richtig zur Flasche. Sie flüchtete mit mir nach Idaho, um sich von meinem verwitweten einsiedlerischen Onkel Earnest in finanziellen Dingen beraten zu lassen (mein Vater hatte alles, was sie an Gagen verdient hatte, für sich investiert – ein weiterer typischer Zug der Behn-Männer). Und zu jedermanns Überraschung verliebten sich Jersey und Earnest ineinander.
    Und ich, ein Kind, das praktisch in Grandhotels aufgewachsen war, befand mich plötzlich mitten in einem Nirgendwo, das ich heute, fast zwanzig Jahre später, Zuhause nannte.
    So gesehen zielte die vage formulierte Frage meines Vaters genau auf den Punkt. Meine Mutter, die erst mit dem einen und dann mit dem anderen der Brüder verheiratet war, hatte, solange Earnest lebte, nicht mehr getrunken. Aber da Earnest sie gut genug kannte, hinterließ er sein ganzes Vermögen Sam mit der Auflage, für sie und mich «nach eigenem Gutdünken» zu sorgen. Und nun war Sam auch tot. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde ich durch seinen Tod zur Multimillionärin.
    Onkel Earnest starb vor sieben Jahren, als ich gerade aufs College kam, und keiner von uns hatte Sam seitdem gesehen. Er war ganz einfach verschwunden. Jersey und ich bekamen jeden Monat unsere Schecks. Sie vertrank den ihren, und ich zahlte meinen auf ein Konto ein und ließ das Geld stehen. Denn inzwischen hatte ich mir einen Job besorgt.
    Erst damals, als ich anfing zu arbeiten, in meiner ersten Woche als Sicherheitsbeauftragte einer Kernkraftanlage, hörte ich wieder von Sam. Er rief mich in meinem Büro an, und Gott allein weiß, woher er wußte, wo ich zu finden war.
    «He, Hotshot», sagte Sam – so nannte er mich am liebsten, seit wir Kinder waren. «Du hast eine Familientradition gebrochen. Keine Koloraturen oder hoch das Bein in der ‹Chorus line›?»
    «‹Mein idealer Lebenszweck ist Borstenvieh und Schweinespeck›», zitierte ich aus meinem unfreiwillig erworbenen musikalischen Repertoire. Aber ich war so glücklich, seine Stimme zu hören. «Wo hast du all die Jahre gesteckt, Blutsbruder? Du brauchst doch keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen, nachdem du jetzt hauptberuflich Familienwohltäter bist. Danke für all die Schecks.»
    «Ich bin aber tatsächlich erwerbstätig», korrigierte mich Sam, «und zwar bei verschiedenen Regierungen, die ungenannt bleiben wollen. Ich mache eine Arbeit für sie, die kein anderer machen kann – ausgenommen die, die von mir ausgebildet werden. Es ist ein Einmannunternehmen. Vielleicht hast du eines Tages Lust zu einem Joint-venture. Wie wärs damit?»
    Diese mysteriöse Andeutung eines Job-Angebots war das letzte, was ich von Sam bis zu dem Telefonanruf

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