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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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auftauchten, würden sie nicht nur große Aufmerksamkeit erregen, sondern auch seine Stiefmutter herbeilocken.
    In der Schriftrolle, die Clio und ihr Vater in einem alten Tonkrug im Heiligen Land gefunden hatten, hieß es, die Schale sei in der griechischen Antike eine Verzierung auf einem Schwert gewesen; später habe sie sich im Schatz von Herodes dem Großen befunden. Während der Herrschaft des Herodes Antipas lagerte der Schatz im Palast von Machairus, wo um die gleiche Zeit Johannes der Täufer gefangengehalten und enthauptet wurde. Später brachte Antipas die Schale nach Rom, wo sie durch die Hände der Kaiser Caligula, Claudius und Nero ging.
    Clio hatte anschließend Nachforschungen angestellt, aus denen hervorging, daß Nero die Schale im Glauben, sie besitze ungewöhnliche geheime Eigenschaften, von Rom nach Subiaco in eine berühmte Orakelhöhle bringen ließ, die gegenüber von seinem Sommerpalast auf der anderen Seite des Tales lag. Nach Neros vorzeitigem Tod blieb sie nahezu fünfhundert Jahre unberührt in der Höhle. In dieselbe Höhle zog sich 500 n. Chr. Benedikt von Nursia während seines Einsiedlerlebens zurück. Laut Clio ging die Schale dann in die Hände des Benediktinerordens über.

    Das erste Wiedersehen zwischen Hieronymus Behn und seiner Stiefmutter Clio verlief anders, als es sich beide vielleicht vorgestellt hatten. Clio, trotz ihrer 55 Jahre noch eine schöne Frau, und er, ein blonder, sehr gutaussehender Mann von knapp vierzig, waren ein bemerkenswertes Paar. Aber Hieronymus mußte ziemlich schnell feststellen, daß nicht nur er den Wunsch hatte, für erlittenes Unrecht entschädigt zu werden.
    Clio erklärte ihm, daß sie nach jenem Sommer wie versprochen in die utopistische Gemeinde zurückgekommen war, jedoch erfahren mußte, daß es die Gemeinde wegen fehlender finanzieller Unterstützung nicht mehr gab und daß ihr Mann mit den Kindern in die Niederlande zurückgekehrt war. Nach dem Krieg wandte sie sich an die niederländische Regierung und erhielt den Bescheid, daß ihre Familie im Kriegsgebiet als vermißt gemeldet worden war und wahrscheinlich nicht mehr lebte.
    In den dreißig Jahren, in denen Hieronymus Clio gehaßt und an Entschädigung und Vergeltung gedacht hatte, lebte sie in der Schweiz bei den Zigeunern in dem Glauben, die Behns seien längst tot. Vor kurzem hatte sie in Erinnerung an das einzige Kind, das sie hatte, sogar ein junges Mädchen adoptiert und begonnen, sie in den gleichen Sprachen und Forschungsmethoden zu unterrichten, die Clio in ihrer Jugend unter der Anleitung ihres Vaters erlernt hatte.
    Als sie hörte, daß ihre leibliche Tochter lebte, aber vor dreißig Jahren in einem Waisenhaus untergebracht worden war – und daß Hieronymus Behn in all den Jahren nichts unternommen hatte, um seine Schwester zu finden –, begriff Clio, daß dieser Mann nicht nur so gut aussah wie sein verstorbener Vater, sondern ebenso kaltblütig und selbstsüchtig war. Sie schlug ihm einen Kompromiß vor.
    Sie erklärte ihm, daß sie ihm nichts schulde, weil er kein leiblicher Verwandter von ihr sei. Wenn er jedoch seine Verbindungen innerhalb der calvinistischen Kirche nützen würde, um das Waisenhaus zu finden, in das man seine Schwester gebracht hatte – wenn er sie finden und in die Schweiz bringen würde, so daß sich Mutter und Tochter endlich wiedersehen könnten, würde Clio ihnen beiden aus ihrem eigenen Vermögen eine hübsche Summe zukommen lassen. Hieronymus war sofort einverstanden. Aber mit dem, was als nächstes kam, hatte er bestimmt nicht gerechnet.
    Zoe legte eine Pause ein. Die Atmosphäre zwischen uns dreien war so spannungsgeladen, daß man meinte, sie mit Händen greifen zu können. «Die Halbschwester, die mein Vater suchen sollte», fuhr Zoe fort, «und die er zum Leidwesen beider fand, war die Frau, die bald seine Ehefrau werden sollte – Hermione.»
    Wolfgang sah Zoe mit einem Ausdruck an, den ich mir nicht erklären konnte. Dann verengten sich seine Augen: «Willst du damit sagen, deine Eltern – »
    «Waren Halbbruder und Halbschwester», sagte Zoe. «Aber ich bin noch nicht fertig.»
    «Also ich habe genug gehört», sagte ich.
    Das also war der Grund, warum unsere Familienbeziehungen all die Jahre unter der Decke gehalten wurden. Ich wollte aufstehen und das Lokal verlassen. Aber Zoe war unerbittlich.
    «Diese Manuskripte wurden dir anvertraut», sagte sie. «Aber du wirst sie weder schützen noch nützen können, wenn du nicht alles

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