Neville, Katherine - Der magische Zirkel
ich wieder los.
«Ich könnte Sie dasselbe fragen, Mademoiselle Behn», rief er, während er mich rasch einholte. «Ich habe wirklich einen äußerst wichtigen Auftrag. Aber Sie scheinen die Dinge zu verzögern.» Als ich zu ihm hinüberschaute, dachte ich, wie schön sein Mund war, ebenso diese kantigen Wangenknochen…
Unsere Blicke trennten sich gerade rechtzeitig genug, um einem Hügel auszuweichen – er rechts, ich links –, und als wir wieder zusammenkamen, lachte Dr. Hauser. In perfektem Rhythmus glitten wir nebeneinander über den Hang. Plötzlich stieß er im Fahren die Stöcke in den Schnee, hob die Ski an und sprang mit erstaunlicher Kraft und Behendigkeit über einen umgestürzten Baum. Dann fuhr er, als wäre nichts gewesen, mit fließenden Bewegungen weiter über ein wogendes Buckelmeer, während ich versuchte, meine Gedanken zu sammeln.
Die Erklärung dafür, wie er mich erkennen konnte, war einfach. Schließlich hatte er, wie mir der Pod sagte, meine Personalakte eingesehen, so daß er dort mein Foto gesehen hatte. Aber das erklärte nicht, was er auf diesem Berg, hundert Meilen von der Stadt entfernt, zu suchen hatte. Als hätte er meine Gedanken gelesen, hielt er an, wo sich die markierten Abfahrten gabelten. In einer Wolke aufgewirbelten Schnees wandte er sich mir zu und sagte:
«Ich bin Ihnen durch zwei Staaten und auf diesen Berg gefolgt. Das reicht für heute vormittag. Wie wäre es, wenn wir zu der Skihütte fahren, die gleich dort unten liegt und wo ich Ihnen ein schönes, warmes Mittagessen bestellen kann? Wir könnten uns unterhalten und ein wenig kennenlernen. Es sei denn», fügte er hinzu, «Sie haben ein Picknick in Ihrem Rucksack.»
«Nein, ich würde gern mitkommen», sagte ich, hoffentlich nicht zu eilfertig, «und es tut mir sehr leid. Ich wußte nicht, daß Sie es waren, der mir gefolgt ist.»
«Ich akzeptiere jede Entschuldigung», erwiderte er mit einer Verneigung. «Der Trick im Nebel war wirklich gut. Als Sie verschwunden waren, habe ich drei Straßen ausprobiert, bis mir endlich klar wurde, was Sie getan haben. Sagen Sie, wie lernt eine junge Frau, jemanden so geschickt abzuhängen?»
«Vermutlich bin ich deshalb im Sicherheitsbereich gelandet», sagte ich. «Mir haben schon immer Versteckspiele Spaß gemacht – etwas verfolgen, entdecken, fangen.»
«Dann geht es Ihnen wie mir», sagte Professor Dr. Wolfgang K. Hauser und lächelte geheimnisvoll.
Nach unserem Mittagessen in dem Vogelnest namens «Schloss», das auf halber Höhe des Berges lag, nannte mich Dr. Hauser «Ariel» und bestand darauf, daß ich ihn mit «Wolfgang» anredete. Er hatte mir gezeigt, wie man aus unseren Parkas Schaukelstühle machen konnte, indem man sie über Ski und Skistöcke spannte, die wir in den Schnee gesteckt hatten. Dort saßen wir nun in der Sonne vor der Schlossterrasse, stippten knuspriges dunkles Brot in unser Austernstew und tranken mit Zimt und Nelken gewürzten Glühwein.
Wolfgang hatte mir einige gute skiläuferische Tips gegeben, als wir zum Schloss hinunterfuhren. Er fuhr unglaublich gut, noch besser als Olivier. Es gab nur wenige, die diese besondere Kombination von Kraft und Anmut besaßen, so daß alles, was sie am Berg taten, mühelos aussah.
Als wir zögernd aufbrachen, sah mich mein neuer Kollege nachdenklich an.
«Ich überlege, was ich als Gegenleistung für den kostenlosen Skiunterricht von heute morgen verlangen könnte», sagte er.
«Sie sollten gar nichts verlangen», antwortete ich, während ich mir den Parka um die Taille meines Skianzugs band. «Alle Österreicher erteilen Skiunterricht. Das ist ein Teil ihrer Natur. Sie brauchen es wie die Luft zum Atmen, und dafür verlangt man nichts.»
Er lachte.
«Aber ich muß Sie etwas Ernstes fragen», sagte er. «Sie wissen, daß ich Sie von Ihren Fotos kenne. Aber eigentlich habe ich Sie an Ihren Augen erkannt – als Sie gestern in das Firmengebäude kamen und so dick eingewickelt waren, daß Sie wie ein Eisbär aussahen. Ich wollte Sie eigentlich sofort ansprechen, aber dann war mir das vor all den anderen irgendwie peinlich.»
Er nahm mir den Rucksack aus der Hand, den ich gerade schultern wollte, und stellte ihn auf den Boden. Dann legte er die Hände auf meine Schultern. Ich spürte die Wärme, die von seinen Fingern in meinen Körper strömte. Dies war der erste Mann, bei dem ich weiche Knie bekam, wenn ich ihn nur ansah – und jetzt berührte er mich. Aber was dann folgte, machte mich vollkommen
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