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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Urzeiten tot; das Dokument auf dem Sitz neben mir hatte aber noch nicht einmal begonnen zu vergilben, und die Tinte, mit der es geschrieben war, wirkte recht frisch. Möglicherweise hatte Sam das Ganze in einem Runencode geschrieben, um Schlüsselstellen des Originals und gefährlichere Dokumente zu kopieren – und vielleicht auch, um einen Hinweis zu geben, wo sich die Originale befanden für den Fall, daß ihm etwas zustieß.
    Nur daß Sam das Manuskript loswerden mußte, ergab keinen Sinn. Wenn sein Tod vorgetäuscht war, wenn jeder auf diesem Planeten wußte, daß ich ihn beerben würde, wenn Journalisten genug wußten, um eine Pressekonferenz und Exklusivrechte zu verlangen, und wenn sogar mein Hausherr als Spion auf mich angesetzt war, dann mußte diese ganze Sache geplant worden sein, um jemand aufzuscheuchen – jemand, der die echten Manuskripte haben wollte. Und ich war der Köder.
    Ich wußte nun auch, was ich tun würde. Ich mußte dieses Dokument an einem so schwer auffindbaren Ort verstecken, daß es niemand außer mir und Sam finden konnte. Und ich wußte genau, wo das sein würde.
    Glücklicherweise hatte ich meine Ski dabei. In Jackson Hole fuhr ich auf den Parkplatz gegenüber den
    Grand Tetons, wie die französischen Trapper diese zwei busenförmig zum Himmel weisenden Berggipfel genannt hatten. Ich stopfte das Manuskript in einen meiner Rucksäcke aus dem Kofferraum, nahm den silbernen «Mondanzug», Parka, Thermosocken und Handschuhe, die ich immer dort liegen hatte, und ging ms Hotel, wo ich mich in der Damentoilette umzog. Dann trank ich eine Tasse Kaffee, besorgte mir etwas Kleingeld in der Cafeteria und machte den unerläßlichen Anruf beim Pod, um meine Abwesenheit an diesem meinem ersten vollen Arbeitstag nach dem Beerdigungsurlaub zu erklären. Ich hoffte, daß er nach unserer gestrigen kleinen Meinungsverschiedenheit nicht gleich explodiert war, als ich heute morgen nicht im Büro erschien.
    «Behn, wo sind Sie?» sagte er, sobald mich seine Sekretärin durchgestellt hatte.
    «Mir ist gestern nacht plötzlich eingefallen, daß ich noch einige Daten von hier draußen brauche. Ich bin in Arco», log ich.
    Die Kernanlage Arco mit ihren zweiundfünfzig regierungseigenen Forschungsreaktoren befand sich in der Hochwüste und war von der Stadt und von der Post, die ich so eilig verlassen hatte, mit dem Auto in drei Stunden in entgegengesetzter Richtung zu erreichen. Aber nach den nächsten Worten des Pod war meine Lüge nur noch absurd.
    «Ich habe Maxfield gebeten, Sie zu suchen, gleich heute morgen, als er ins Haus kam. Wolf Hauser ist früher zurückgekommen und tauchte hier in aller Frühe auf. Er war überglücklich zu hören, daß Sie sich seinem Projekt anschließen werden. Er wollte Sie sofort treffen, weil er noch einiges außerhalb der Stadt zu erledigen hatte. Wir haben bei Ihnen zu Hause angerufen, aber Sie waren schon weg. Deshalb habe ich Maxfield zur Post geschickt, um Sie dort zu erwischen – »
    «Zur Post?» warf ich ein, und ich hoffte, es klang wie eine beiläufige Frage. Warum zur Post? War der Pod auch in diese Sache verwickelt? Ich traute bereits niemand mehr – der beste Weg, um paranoid zu werden.
    «Gestern abend, als Sie schon weg waren», fuhr der Pod fort, «rief mich jemand von der Washington Post an», erklärte er. «Die Dame sagte, sie habe seit Tagen versucht, Sie zu erreichen wegen irgendwelcher wertvoller Papiere, die Sie erwarten würden und für die sich die Post interessiere. Ich habe ihr gesagt, daß Sie sie heute anrufen würden.
    Als dann Hauser plötzlich hereinschneite, fiel mir ein, daß Sie vielleicht noch unterwegs sind, um Ihre Post abzuholen. Deshalb habe ich Maxfield losgeschickt. Aber Sie müssen sich höchst merkwürdig benommen haben, nach dem, was er mir erzählt hat.»
    Ich wußte, was folgen würde: daß ich losfuhr ohne Rücksicht auf die meinen Wagen berührenden Körperteile von Olivier und daß ich den Rest von ihm beinahe plattgewalzt hätte. Ich kam mir wie eine Idiotin vor. Doch obwohl die Erklärung des Pod recht logisch klang, blieben einige Fragen offen; zum Beispiel, ob die Idee, das Paket für mich abzuholen, von meinem Chef stammte oder von Olivier. Aber ich konnte diese Frage nicht stellen, ohne ihn wissen zu lassen, daß sich das Paket jetzt in meinem Besitz befand.
    Ich sagte dem Pod, ich würde vor Büroschluß zurück sein, und legte auf, ziemlich erleichtert, daß Olivier doch nicht als Kandidat für den Spion,

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