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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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meine Großmutter Pandora getötet hatte – ein Manuskript, das meinen Vater und meine Stiefmutter mit Unterstützung der Presse veranlaßte, Komplotte zu schmieden, um es in die Finger zu bekommen und gewinnbringend zu veröffentlichen. Und obwohl mir noch nicht klar war, worum es bei diesem mysteriösen Manuskript ging, zweifelte ich nicht daran, daß das Dokument, das ich gestern nacht zwischen den Seiten des DOD Standard versteckt hatte, von Sam gekommen war.
    Ich hatte das Packpapier weggeworfen, so daß ich den Poststempel nicht nachprüfen konnte. Aber im selben Augenblick, als Laf davon sprach, erschien ein lebhaftes Bild vor meinen Augen. Auf dem gelben Abholschein, den Jason aus dem Schnee gerettet hatte, stand die Postleitzahl des Absenders, und sie begann mit 941; das bedeutete, das Paket wurde in San Francisco aufgegeben. Folglich war Wolfgang Hausers Behauptung, er habe es mir aus Idaho geschickt, ein Märchen – wie vielleicht auch alles andere, was er mir erzählt hatte.
    Ich hätte mich ohrfeigen können, weil ich auf ein hübsches Gesicht hereingefallen war, und ich schwor mir, daß er mich nicht noch einmal, auch nicht mit Hilfe einer Lawine, aus dem Gleichgewicht werfen würde. Trotzdem konnte es bereits zu spät sein. Wolfgang war die ganze Nacht in meinem Zimmer gewesen, wo sich auch das Manuskript befunden hatte, und nachdem ich tief geschlafen hatte, konnte ich nicht wissen, ob er es gesehen oder vielleicht sogar auf Mikrofilm kopiert hatte. Im Grund war ich wieder dort angekommen, wo ich vor einer Woche war – zwischen Scylla und Charybdis und in ernsten Schwierigkeiten.
    Als ich die Tür zu meinem Hotelzimmer aufschloß, fiel mir ein, daß ich Jason vollkommen vergessen hatte. Er saß auf dem riesigen Doppelbett und sah fuchsteufelswild aus.
    «Miau!» machte er im Ton einer wütenden Großkatze. Natürlich wußte ich, warum er so sauer war: Ich war ohne ihn
    schwimmen gegangen!
    «Okay, Jason, wie wärs dafür mit einem schönen Wannenbad?» sagte ich.
    Statt ins Bad zu sausen, um den Wasserhahn anzustellen, was er gewöhnlich tat, wenn er das Wort «Bad» hörte, zockelte er an mir vorbei, griff sich einen rosa Zettel, auf den ich beinahe getreten wäre, und überreichte ihn mir, indem er die Vorderpfoten gegen meine Knie stemmte. Es war ein Zettel mit einer Nachricht, die telefonisch für mich hinterlassen wurde; jemand hatte ihn unter der Tür durchgeschoben.
    An: Ariel Behn
    Von: Salomo
    Kann leider nicht wie verabredet zum Lunch kommen. Für neuen Termin rufen Sie bitte an unter:
    (214) 178-0217

    Großartig. Sam änderte plötzlich die Tagesordnung. Und diese erfundene Telefonnummer sollte mir vermutlich sagen, wie es jetzt weiterging.
    Es war das dritte Mal, daß Sam König Salomo erwähnte, dessen Verse ich noch immer nicht nach verborgenen Bedeutungen untersucht hatte.
    Aber diese Nachricht deutete eher auf eine Änderung in letzter Minute hin als auf eine komplizierte Entschlüsselung. Und Sam konnte davon ausgehen, daß mir der -Name Salomo nach meinem kleinen Dechiffrierjob von gestern nacht etwas sagte – das heißt: Die «Telefonnummer» wies auf das Hohelied hin, aus dessen Text ich die neuen Modalitäten unseres Treffens herauslesen sollte.
    Mit einem Seufzer holte ich die Bibel aus meiner Tasche und nahm sie mit ins Bad. Während ich für Jason Wasser in die Wanne laufen ließ, sah ich mir die Nachricht noch einmal an und schlug das Buch auf. Das Hohelied hat nur acht Kapitel, also bezog sich die Vorwahlnummer 214 auf Kapitel 2, Vers 14:

    Meine Taube in den Felsklüften, im Versteck der Felswand, zeige mir deine Gestalt, laß mich hören deine Stimme; denn deine Stimme ist süß, und deine Gestalt ist lieblich.

    Sam würde weder meine süße Stimme hören noch meine liebliche Gestalt sehen, wenn er sich nicht ein bißchen präziser äußerte.
    Er tat es in Kapit el 1, Vers 7: Dort fragt die junge Frau ihren Geliebten, wo er am Mittag ruhen würde, und in Vers 8 erklärt er ihr, wie sie ihn finden wird.
    Sage mir an, du, den meine Seele liebt, wo du weidest, wo du ruhst am Mittag, damit ich nicht herumlaufen muß bei den Herden deiner Gesellen.

    Weißt du es nicht, du Schönste unter den Frauen, so geh hinaus auf die Spuren der Schafe
    und weide deine Zicklein bei den Zelten der Flirten.
    Auf dem Berg gab es keinen Ort, dessen Name sich auf Hirten, Ziegen oder Herden bezog. Aber an der Straße ein Stück unterhalb des Hotels gab es tatsächlich eine Weide, die

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