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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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außergewöhnlich. Unverständlich ist mir, warum jemand mit einem solchen Können bereit ist, nur das Schmuckstück an der Seite eines Mannes zu sein, selbst wenn dieser so talentiert, berühmt und charmant ist wie mein Onkel Laf. Meine Großmutter hätte das nicht getan, und ich kann mir offen gesagt nicht vorstellen, warum Sie es tun. Ich habe das Gefühl, daß es dahinter andere Gründe gibt, die mir verborgen geblieben sind.»
    «Ich verstehe. Nun, vielleicht stimmt das sogar», sagte Bambi, während sie ihre Hände betrachtete. Als sie wieder aufblickte, lächelte sie nicht. «Ihr Onkel Lafcadio bedeutet mir sehr viel, Fräulein Behn. Er und ich, wir verstehen uns vollkommen», erklärte sie mir. «Aber das gehört gar nicht hierher. Das ist nicht der Grund, aus dem ich zu Ihnen gekommen bin und Sie um Ihre Freundschaft bitte.»
    Ich wartete. Doch was sie dann sagte, traf mich wie ein Schlag.
    «Fräulein Behn», sagte Bambi. «Ich mache mir große Sorgen wegen des Interesses, das mein Bruder an Ihnen hat. Ich fürchte, wenn Sie nicht bald etwas unternehmen, wird diese Beziehung uns alle in Gefahr bringen.»
    Ich saß da wie betäubt. Auf so etwas war ich nicht gefaßt – aber plötzlich begriff ich, warum mir alles an Bambi so vertraut vorkam.
    «Ihr Bruder?» sagte ich lahm, obwohl es keines Genies bedurfte, um herauszubekommen, wer dieser Bruder war.
    «Erlauben Sie mir, daß ich mich korrekt vorstelle, Fräulein Behn», sagte sie. «Ich heiße Bettina Brunhilde von Hauser – und Wolfgang ist mein einziger Bruder.»

    Heilige Scheiße! Mir fiel einfach nichts anderes ein bei dieser plötzlichen Wendung der Ereignisse. Bambi war Onkel Lafs Kosename für Bettina, so wie er mich Gavroche nannte. Ich hatte sogar schon v on einer Bettina von Hauser, einer aufstrebenden Cellistin, gehört, die im weltweiten Musikzirkus für Aufsehen gesorgt hatte; aber nie wäre mir in den Sinn gekommen, daß Bambi Bettina war oder daß eine von beiden mit meiner gefährlichen Liebschaft, sprich Wolfgang Hauser, etwas zu tun haben könnte.
    Aber erfreulich war diese Überraschung nicht, denn sie steigerte mein Mißtrauen gegen alle und jeden – besonders gegenüber meinem Onkel Laf, der sich im nachhinein mit seinem Benehmen besonders verdächtig gemacht hatte. Wenn er mit Bambi auf so gutem Fuß stand, daß er, wie er mir sagte, keine Geheimnisse vor ihr zu haben brauchte, warum wartete er dann, bis er mit mir allein im Pool saß, um Pandora und die Runen zu erwähnen? Warum hatte er mich vor Wolfgang praktisch gewarnt, aber mit keinem Wort die Verwandtschaft mit Bambi erwähnt? Und wenn unsere Nazifreundin Tante Zoe so dick mit Bambis Bruder befreundet war, wie Laf dachte, warum nahm er dann Bambi um den halben Erdball mit, um mich zu besuchen?
    Und nun war Bambi hier und schlich nachts mit einer Flasche Cognac unter dem Arm durch das Hotel, um mir hinter Lafs Rücken ein paar Dinge zu verraten, die er vielleicht selbst nicht wußte oder zu erwähnen vergessen hatte. Nachdem mir Bambi erklärt hatte, sie und Laf verstünden einander «vollkommen», mußte ich annehmen, daß ich die einzige in dieser verqueren Familie war, die keine Ahnung hatte, was hier lief. Aber ich würde es herausfinden, und zwar gleich!
    Glücklicherweise verfügte ich über eine wertvolle Geheimwaffe. Trotz meines relativ geringen Gewichts, meiner jungen Jahre und wenig Übung konnte ich, wenn es darauf ankam, jeden Cowboy unter den Tisch trinken. Ich konnte eine Nacht lang doppelte Tequilas trinken und aufrecht das Lokal verlassen; und am nächsten Morgen wußte ich auch noch genau, was in der Nacht zuvor gesprochen wurde. Eine halbvolle Flasche Rémy Martin war für mich kein Problem. Ich hoffte, dieses Talent für ein Verhör von Bambi nutzen zu können, schenkte nach und hob lächelnd mein Glas.
    Um drei Uhr war die Flasche leer und Bambi nicht mehr da. Sie war mitten im Satz und aufrecht im Sessel sitzend weggetreten. Aber ich bekam sie wieder auf die Beine und brachte sie in das Suitenlabyrinth auf der anderen Seite des Hotels. Ich konnte sie nicht in meinem Zimmer lassen und riskieren, daß sie ein paar Stunden später aufwachte und feststellte, daß ich nicht da war. Aber in dem dreistündigen, wenn auch in betrunkenem Zustand durchgeführten Kreuzverhör hatte ich mehr erfahren, als ich erwartet hatte; einiges davon war sehr aufschlußreich.
    Wolfgang Hauser war kein Österreicher. Beide Geschwister wurden in Nürnberg geboren, wuchsen teils

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