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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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ihren Arm. Zoe zuckte zusammen.
    »Wollen wir einen Spaziergang machen, meine Liebe?«, fragte sie, doch eigentlich war es ein Befehl.
    Sie überquerten schweigend den exakt manikürten Rasen hinunter zum Strand. Kitty immer einen halben Schritt voraus. Die Musik der Band wurde immer mehr vom Rauschen der Wellen übertönt. Kitty muss einmal eine sehr schöne Frau gewesen sein, dachte Zoe. Mit ihren hohen Wangenknochen, den tiefblauen Augen und der stolzen Haltung einer Ballerina.
    »Ich weiß, dass Sie meinen Sohn glücklich machen«, begann Kitty, als sie den Holzsteg erreicht hatten.
    Zoe war sicher, dass Kitty noch nie in ihrem Leben auch nur einen Fuß in den Sand des Strandes gesetzt hatte.
    »Aber ich will nicht, dass er den gleichen Fehler macht, den ich begangen habe.«
    Zoe war gleichzeitig erstaunt und erschüttert über Kittys völlig unamerikanische Offenheit. Ihr Mann, der smarte, fleißige, blendend aussehende und noch dazu reiche Charles Fiorino – ein Fehler? Nur weil seine Vorvorvorfahren sozusagen ursprünglich von der falschen Seite der Bahngleise kamen, die einst propere Bürger und das Proletariat trennten? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde Kitty, falls irgendwann einmal gefragt, vehement abstreiten, dass dieses Gespräch jemals stattgefunden hatte. Das war Zoe vollkommen klar.
    »Eine Beziehung zwischen zwei Menschen sollte ein strategischer Pakt sein, meine Liebe«, fuhr Kitty fort.
    Zoe schwieg schockiert, und sie lief vor Scham rot an. Zum Glück war es hier am Strand dunkel, nur eine schmale Neumondsichel erhellte die Nacht. Verdammt noch mal, wofür schäme ich mich eigentlich?, ärgerte sie sich im Stillen. »Sie wollen also damit sagen, dass ich ein Fehler bin?«, presste sie heraus.
    Kitty schwieg einen Moment. »Fehler sind etwas Fürchterliches, meine Liebe. Es gilt, sie um jeden Preis zu vermeiden«, antwortete sie schließlich eisig und verschwand völlig lautlos wieder in die Nacht. Wie eine Erscheinung. Nur ihr Parfum hing noch für ein paar Sekunden in der Luft, bis eine Brise vom Meer es vertrieb. Chanel No.5.

JUNI
     
    SMALL TALK oder Über was unterhalte ich mich auf einer Dinnerparty?
     
    Der soziale Status einer Person richtet sich nicht nur danach, zu welchen Charity Events, Fashion Shows, Dinner Partys und sonstigen sozialen Gelagen sie eingeladen wird, sondern auch, mit wem sie dort wie lange über was spricht.
    Folgende Aussprachefehler gilt es zu meiden wie einen Leprakranken:
    Diane von Furstenberg: richtig = DEE-On, falsch = DYE-Ann;
    Charles Koch: richtig = Coke (wie die Limonade), falsch = Koch;
    Proenza Schouler: richtig = Pro-EN-Za SKOOl-er, falsch = SCHOO-ler.
    Folgende Menschen sollte man besser nicht gekannt haben und niemals nie in Gesprächen erwähnen: Imelda Marcos, Bernie Madoff, Jeffrey Epstein.
    Folgende Namen sollte man unbedingt ins Gespräch einfließen lassen:
    »Als ich mit den Clintons …«,
    »Andy Warhol hätte seine Freude gehabt …«,
    »Barack und ich …« oder wahlweise »Michelle und ich …« sowie CZ Guest, Diana Vreeland, Brooke Astor.
    Kleine Anmerkung zur Sitzordnung: Bei weniger als zehn Gästen erfolgt die Zuweisung spontan durch die Gastgeberin. Bei 10+ gilt: Paare immer getrennt setzen, Mann/Frau/Mann/Frau sowie hässlich/hübsch/hässlich/hübsch oder Quatscher/Schweiger/Quatscher/Schweiger.
     
    ( New York für Anfängerinnen , S. 187)

 
    Der Sommer in New York war vor allem eines, lernte Zoe schnell. Lang. Heiß. Und schwül. Regelmäßig brach das städtische Stromnetz zusammen, weil in jedem Apartment, in jedem Restaurant, in jedem Flagship-Store und in jedem Büroturm die Klimaanlagen auf Hochtouren liefen. Wie jeden Sommer kam es auch dieses Jahr zu den üblichen Hitzewellen, bei denen TV-Reporter des Frühstücksfernsehens zur Belustigung ihres Publikums die üblichen Spiegeleier auf dem fast schon schmelzenden Asphalt der 5th Avenue brieten. Und die Mordrate stieg wie immer zu dieser Jahreszeit auf Höchstniveau, wie die New York Post lautstark verkündete. Da konnte Zoe schon mal ins Grübeln kommen!
    Wenn man jemanden liebt, dachte Zoe, bekommt man nicht nur eine neue Person in sein Leben, sondern gleichzeitig auch das, was die Amerikaner baggage nannten. Gepäck. Und zwar in Form von Schwiegermüttern, Schwiegervätern, Brüdern, Schwestern, möglicherweise sogar Kindern, Hunden und – durchaus nicht unüblich – Ex-Frauen. Mit wie vielen solcher Gepäckstücke aber konnte frau leben, ohne

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