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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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Und das Drama hatten sie ja schon. Blieb nur ihr schlichtes, ebenfalls bodenlanges, rückenfreies J.-Crew-Kleid. Ironischerweise war es Marineblau, aber eben nur von der Stange und nicht Couture. Vielleicht sollte sie rein prophylaktisch das Label herausschneiden, damit sie behaupten konnte, es sei von Donna Karan oder so?
    Nach dem Duschen waren noch Zoes Haare zu bewältigen. Kitty hatte ihr den eigenen Friseur und Visagisten quasi aufgezwungen. Das androgyne Wesen, das sich selbst für so wichtig zu halten schien, dass es sich namentlich nicht vorstellen musste, zauberte Zoe zugegebenermaßen die schönsten hochgesteckten Haare hin, die sie je gehabt hatte. Ein bisschen Seventies, mit Strähnchen, die aus einem lockeren Knoten am Nacken heraushingen. Perfekt passend zum tiefen Ausschnitt ihres hinten am Hals geknoteten Kleides.
    Als sie zu Tom auf die Terrasse heraustrat, wo der gerade die ersten B-Klasse-Ankömmlinge begrüßte, legte er besitzergreifend den Arm um ihre Schulter und flüsterte ihr ins Ohr: »Du bist wunderschön«. Dann grinste er verschwörerisch. »Ich habe Mamas Tischordnung gerade noch etwas korrigiert. Mimi sitzt jetzt bei uns, dafür habe ich die Tochter von Bürgermeister Bloomberg, so nett sie auch ist, verbannt.«
    »Danke«, sagte Zoe erleichtert.
     
    Der Abend begann ungemein launig mit vielen kleinen Trauben von Menschen – und noch mehr Cocktails – auf dem Rasen vor den Zelten. Eine Band spielte sich gekonnt durch die Achtziger; so viel Lockerheit hätte Zoe Kitty gar nicht zugetraut. Sie war sicher, dass Kitty jeden einzelnen Song des Abends persönlich abgesegnet hatte.
    Das Praktische an endlosen Sit-Down-Dinners war, dass die Esserei ständig von einem Toast, also noch mehr Trinkerei, unterbrochen wurde und dass die Toasts folglich, je später die Stunde, immer amüsanter wurden. Nachdem Bloomberg, Karan und Baldwin jeweils Gastgeberin Kitty – » one of my dearest friends « – mit Dank und Komplimenten und noch mehr Dank überschüttet hatten, wollte Mimi aufstehen und einen Toast aussprechen.
    »Ich finde, wir sollten Kitty als Nachfolgerin von Mutter Theresa vorschlagen, was meint ihr? Sie könnte diese indische Slum-Nummer dann ja von ihrem Apartment in der Park Avenue aus dirigieren. Da bräuchte sie sich nicht die Finger schmutzig zu machen.«
    Tom verdrehte nur die Augen und hielt Mimi kräftig am Arm fest, sodass diese nicht aufstehen konnte. Mimi und Kitty, das war so eine Sache, seit Kitty die damals fünfzehnjährige Mimi beim Knutschen mit dem damals dreizehnjährigen Tom auf dem elterlichen Ehebett erwischt hatte. Was an sich peinlich genug für alle Beteiligten gewesen war, für Kitty aber nicht. Sie unterrichtete nicht nur detailliert Mimis Eltern von dem Vorfall, sondern auch den Direktor der Privatschule, die Mimi und Tom zu dieser Zeit besucht hatten.
    Zoe zählte in Gedanken nach, wie viele Mojitos Mimi intus hatte. Es mussten zwischen fünf und sieben gewesen sein.
    Nach dem vorzüglichen Maine Lobster schlug Toms Vater mit dem Löffel an sein Wasserglas und kündigte einen Toast an. Charles »Chuck« Fiorino bedankte sich zuerst gebührend beim Wettergott und dann bei »der wunderbarsten Ehefrau von allen«. Kitty schlug lächelnd die Wimpern nieder und errötete ein wenig, wie ein kleines Mädchen. Wow!, dachte Zoe. Madame hätte Schauspielerin werden sollen. Zoe kannte niemanden, der auf Kommando erröten konnte.
    Dann fügte Chuck zur Überraschung aller Anwesenden noch einen zweiten Toast an. »Ich möchte heute Abend einen ganz besonderen Gast willkommen heißen: Miss Zoe Schuhmacher. Ein wahrlich bezaubernder Import aus Deutschland, der mit seinem Witz und seinem europäischen Charme nicht nur meinen Sohn Thomas hellauf begeistert.«
    Während Tom mit einer Art Besitzerstolz breit grinste und Mimi » You rock, girl! « brüllte, lief Zoe himbeerrot an. Dennoch brachte sie es auf die Reihe, gefasst ihr Glas zu heben, Charles dankend zuzunicken und ihm zuzuprosten. Kitty, der das Gesicht für eine Nanosekunde eingefroren war, überwand blitzschnell ihren Schock und hob ebenfalls lächelnd das Glas. Es ging doch nichts über Fassade. Ob sich Lady Di damals wohl auch so gefühlt hat?, fragte sich Zoe.
     
    *
     
    Die Party wurde ein voller Erfolg. Kurz vor Mitternacht tanzten die Gäste draußen vor den Zelten ausgelassen zu den Songs der Beach Boys. Wie aus dem Nichts materialisierte sich Kitty neben Zoe und berührte mit ihrer knochigen Hand leicht

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