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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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Spiegel, in dem Zoe sich von Taille bis zum Kopf erblickte. Alex betätigte einen Schalter und der Spiegel leuchtete auf wie ein Fernseher. Zoe konnte links im Spiegel die verkleinerte Version des Küchentisches samt seiner Inhalte sehen und rechts einen Miniaturkleiderschrank, der auf Sprachbefehl Klamotten an virtuellen Kleiderstangen nach vorne fuhr.
    »Geblümte Bluse«, kommandierte Alex. Drei Blusen in unterschiedlichen Farben wurden ausgefahren. Alex tippte auf die mittlere, die schließlich fast das gesamte Spiegelbild einnahm und exakt über Zoes Oberkörper in selbigem drapiert war.
    »Genial«, entfuhr es Zoe. »Ich kann also Klamotten anprobieren, ohne sie aus meinem Schrank holen zu müssen, und gleichzeitig dabei Nachrichten lesen.«
    »Oder E-Mails diktieren oder das Wetter checken.«
    »Ist das alles nicht ein bisschen sehr The Jetsons? Und warum interessiert sich die New York Times eigentlich für meinen Kleiderschrank?«
    »Weil wir uns dafür interessieren, wie du in Zukunft leben wirst und wie die New York Times in dieses Leben hineinpasst.«
     
    Zwei Stunden später verließ Zoe das New York Times -Gebäude durch den Ausgang auf die 41st Street Richtung Times Square. Sie war tief beeindruckt, wie kühn und weiträumig die Strategen der Times , die ironischerweise den Spitznamen Old Gray Lady hatte, denken durften.
    Zoe bog am Times Square rechts ab, musste immer wieder Slalom laufen um Touristengrüppchen, die die Leuchtreklamen bewunderten – Sie leuchten! Die Buchstaben bewegen sich! –, und suchte einen ganz bestimmten kleinen roten Food Truck. Es war zwar erst vier Uhr nachmittags, aber ihr Magen befand sich immer noch halb auf deutscher Zeit und signalisierte schon wieder Hunger. Eine lange Schlange geduldig Wartender zeigte ihr endlich den Weg zur Rickshaw Dumpling Bar, wo es laut Allegra die besten asiatischen Klößchen westlich von China gab. Sie sahen aus wie ganz hauchdünnzarte Ravioli. Zoe studierte die handgemalte Speisekarte an der kleinen Imbissbude auf Rädern mit dem großen Schild Nice Dumplings, Nice Dumplings : Schweinefleisch-Dumplings mit chinesischem Lauch, Hühnchen-Dumplings mit Thai-Basilikum oder Edamame-Dumplings mit Zitronen-Sansho-Dip. Dazu gab es Sesam-Nudelsalat mit Chili. Am liebsten einmal alles, dachte sie, entschied sich dann aber für die vegetarische Variante.
    Vor ihr in der Schlange standen zwei entzückend gekleidete Mädchen. Die eine trug eine XL-College-Baseballjacke zu fuchsiafarbenen Bundfaltenhosen. Die andere ein längs gestreiftes hellblaues Herrenhemd sowie eine ebenfalls längs gestreifte, hochgekrempelte hellblaue Seersucker-Hose mit neongelben Keilabsatzschuhen. Zoe zückte ihr iPhone. Sie musste heute Abend noch eine neue StyleChicks -Kolumne online stellen.
    »Hey, ihr zwei seht einfach klasse aus«, sprach sie die Mädchen an. »Darf ich euch für meinen Blog fotografieren?«
    »Aber klar«, antwortete die eine erfreut und warf sich in Pose.
    »Wie heißt der Blog denn?«, wollte die andere wissen.
    » StyleChicks «, sagte Zoe und machte ein paar Aufnahmen. »Wir sind die erfolgreichste deutsche Modeplattform. Wie heißt ihr, woher kommt ihr, was macht ihr und was tragt ihr?«
    Zoe hielt den Mädchen ihr Handy als Aufnahmegerät entgegen. »Ich heiße Hanneli, wohne in Brooklyn, studiere am FIT und trage ein Männerhemd von Pink und Hosen vom Flohmarkt«, sagte das Streifenmädchen.
    »Und ich heiße Valentina, wohne an der Lower East Side, studiere auch am FIT und trage eine Lacoste-Jacke mit einer J.-Crew-Hose und auf dem Kopf ein Jil-Sander-Beanie.«
    »Ach ja, meine Schuhe sind übrigens Marc Jacobs«, warf Hanneli noch schnell hinterher. »Marc by Marc Jacobs.«
    Dann bestellten alle drei Edamame-Dumplings.
     
    *
     
    Wieder in den Four Seasons Residences angekommen, blieb Zoe im Flur zwischen 47A und 47C stehen. Alles war ganz still. Kein Laut kam aus 47A. Vielleicht ist McNachbar ausgezogen, schoss ihr das Worst-Case-Szenario durch den Kopf. Schließlich waren das hier alles temporäre Business-Apartments. Sie überlegte erneut, ob sie klopfen sollte, konnte sich aber nicht dazu durchringen. Dann beschloss sie, vielleicht Devon, den doorman , zu bestechen, wenn der wieder Dienst hatte, um herauszufinden, wer McNachbar war und wie lange er hier wohnte.
    Irgendwie erschien es ihr nicht richtig, einem Typen, der sie ganz offensichtlich die letzten sechsunddreißig Stunden ignoriert hatte, hinterherzulaufen. Andererseits hatte sie

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