New York für Anfaengerinnen
Boutiquehotels von Miami Beach hinweg gen Norden. Tom holte eine New York Times heraus und faltete das erste Buch der Länge nach genau in zwei Hälften, wie es nur echte New Yorker taten, die sich mit der Subway-Etikette auskannten.
»Das ist alles?«, fragte Zoe verblüfft. »Findest du nicht auch, dass du mir eine Erklärung schuldig bist?«
»Nicht wirklich«, antwortete Tom. »Es ist alles gesagt. Du solltest dich von mir fernhalten, Zoe.«
»Das werde ich ja wohl bitte selbst entscheiden dürfen«, rief Zoe entrüstet.
»Ich bin nicht gut für dich.«
»Und warum, bitteschön?«
»Ich habe ein echtes Talent dafür, Frauen unglücklich zu machen. Beziehungen enden bei mir immer im Chaos. Das hast du nicht verdient.«
Jetzt musste Zoe lachen. »Wer spricht denn hier von einer Beziehung?«
»Was hattest du dir denn vorgestellt?«
Zoe Schuhmacher dachte einen Moment lang nach und hatte das Gefühl, dass es jetzt wieder einmal an der Zeit wäre, foolish zu sein. Sie stellte sich in Gedanken Allegras Standardfrage: »Was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest?« Dann nahm sie ihren ganzen Zoe-Mut zusammen.
»Wie wäre es mit friends with benefits ?«, antwortete sie in der Hoffnung, extrem mondän und lässig zu klingen.
Tom lachte nur. »Zoe Schuhmacher, du machst mir nicht den Eindruck, als wärst du eine Freunde-mit-Beischlafbonus-Frau.«
»Ist das jetzt eine Beleidigung?«
»Ich sehe es eher als Kompliment.«
In dieser Nacht träumte Zoe Schuhmacher zum ersten Mal von Thomas Prescott Fiorino.
Gerichtsurteile oder: Kann hier wirklich jeder jeden verklagen?
Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kann jeder jeden aus welchem Grund auch immer vor Gericht zerren. Du kannst also deinen Arbeitgeber wegen irgendeiner gefühlten Diskriminierung (Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Haltungsschäden verursachender Schreibtisch, Kopfschmerzen erzeugender Bürobrühkaffee usw.) verklagen. Oder den Hersteller der Nussnougatcreme, die du dir morgens zentimeterdick auf den Toast schmierst. Weil diese entgegen der Angaben auf der Packung keine »gesunde Mahlzeit« darstellt, sondern mehrheitlich aus Zucker und Fett besteht.
Ob du allerdings Recht bekommst und große Kasse machst, steht in den Sternen.
Ein Mann, der eine große Brauerei wegen irreführender Werbung verklagte, bekam jedenfalls kein Recht. Er hatte beanstandet, trotz erheblichen Bierkonsums keinen Erfolg bei den Frauen zu haben – obwohl das in den TV-Spots der Brauerei immer ganz anders endete.
( New York für Anfängerinnen , S. 123)
In eben dieser Nacht wurde Zoe Schuhmacher aber auch unsanft von einem Telefonklingeln geweckt. Sie wollte an ihrem Traum von McDreamy noch festhalten. Verzweifelt befahl sie sich, die Einzelheiten nicht zu vergessen, doch sie schwammen bei jedem Klingeln des Telefons immer weiter weg, bis nur noch dieses wohlige Gefühl übrig blieb, einen unglaublich guten Traum gehabt zu haben, ohne richtig zu wissen, was er genau beinhaltet hatte.
Zoe griff zum Telefon. »Hmmmm?«
»Zoe, du kannst dir nicht vorstellen, was diese bitch getan hat«, heulte es am anderen Ende. »Sie hat mich gefeuert, die Alte.«
Ehe Zoes schlaftrunkene Gehirnsynapsen das soeben Mitgeteilte verarbeiten konnten, wasserfallte es am anderen Ende weiter. »Aber es kommt noch viel besser. Sie hat Aaron Papst eingestellt, den Fürst der Finsternis.«
Zoe schaute auf ihren Nachttischwecker. Es war 4.47 Uhr in New York.
»Allegra, bist du das?«
So langsam begann Zoes Gehirn zu verstehen. Verlegerin von Schönhoff hatte Allegra gefeuert.
Ihre beste Freundin Allegra. Die brillante Chefredakteurin von VISION . Okay, sie hatte in letzter Zeit etwas an Auflage verloren. Ein paar zehntausend Leser. Und es hatte Zoff bei der letzten Vorstandssitzung wegen der langsamen Digitalisierung gegeben, woran Zoe zumindest gefühlt mit schuld war. Aber konnte es wirklich sein, dass Aaron Papst jetzt ihr neuer Chef war? Ein Zweiunddreißigjähriger? Ein Mann, der seit seinem dreizehnten Lebensjahr nur Schwarz trug und so verhasst in den Redaktionsräumen der Republik war, dass alle ihn hinter seinem kerzengeraden Rücken nur Lord Voldemort nannten, den Fürst der Finsternis.
»Na bravo, Zoe!«, sagte Zoe zum Nachttischwecker und merkte erst dann, dass sie Al ja noch am anderen Ende der Leitung hatte. »Allegra, das tut mir echt fürchterlich leid für dich.« Einen kohärenteren Gedanken vermochte sie so früh morgens nicht zu
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