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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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Schmerzensgeld, wenn du dich bei McDonalds an einem Becher heißen Kaffees verbrühst, weil du nicht vorgewarnt wurdest, dass der Kaffee heiß ist.«
    Eros verdrehte die Augen, als hätte er noch nie etwas Dümmeres gehört. »Das Verfahren ist in zweiter Instanz eingestellt worden, du Schlaubergerin. Die verbrühte Kaffeetrinkerin hat nie einen Dollar gesehen.«
     
    *
     
    Die Tatsache, dass Aaron Papst ein Frühaufsteher war, stellte sich nur als eine der vielen sonderbaren Eigenschaften dieser ganz speziellen Spezies Chef heraus. Papst betrat morgens um sechs sein Büro, setzte die wöchentliche Konferenz für mittwochs um elf Uhr an, ging täglich um achtzehn Uhr zu einem Geschäftsessen und verließ pünktlich um einundzwanzig Uhr den Verlag. Was den Mitarbeitern in Berlin gelinde gesagt missfiel (sie hatten im Gegensatz zu ihrem neuen Chef noch ein Privatleben), denen in New York, die mittwochs nun immer per Videoschalte live dabei zu sein hatten, aber die Sprache verschlug.
    »Elf Uhr in Berlin ist fünf Uhr früh bei uns in New York«, beschwerte sich Eros, als er sich einigermaßen wieder gefasst hatte. »Ist der Papst wahnsinnig geworden?«
    »Kann man wahnsinnig werden, wenn man schon wahnsinnig ist?«, antwortete Zoe lakonisch.
    Tatsächlich hatte Aaron Papst den Außenmitarbeitern rund um den Globus großzügigerweise freigestellt, ob sie an der Videokonferenz teilnehmen wollten (»Ich kann Sie schließlich nicht dazu zwingen, wenn es in Ihrer Zeitzone gerade unpassend ist«, hatte er vermeintlich verständnisvoll verkündet). Aber Zoe war natürlich klar, dass sie nie mehr ein Thema unterbringen würde, wenn sie beim wichtigsten Event der Woche fehlte.
    Und so fanden sich Eros und Zoe am nächsten Morgen kurz vor fünf Uhr, jeweils mit einen doppelten Espresso bewaffnet, im Büro wieder.
    »Guten Morgen, meine Liebe«, ätzte Eros. »Oder ist es vielleicht noch Nacht?« Dann beugte er sich röchelnd vornüber und tat, als müsse er brechen. »Konferenz mit You Know Who .«
    »Seit heute hasse ich Mittwoche«, sagte Zoe. »Könnte man sie nicht einfach aus der Woche rausschmeißen, so wie Pluto aus dem Sonnensystem?«
    Eros zog einen Flunsch. »Ich fürchte nicht.«
    Aaron Papst stechschrittete ins Blickfeld des Bildschirms, und Zoe und Eros hörten auf der Stelle mit dem Lästern auf. Die Kamera zoomte auf Papsts satt gebräuntes Gesicht. Der neue Chefredakteur hielt einen kleinen Monolog, in welchem er seine neue Vision für VISION verkündete. Er beabsichtigte, die Modebibel in »DAS Magazin für die moderne Frau« umzupositionieren. »Emotionen« wollte er wecken, »Begeisterung« hervorrufen und »journalistische Höhepunkte« setzen. Zoe konnte sich schon ausmalen, was das heißen sollte: Je nach emotionaler Schieflage des Chefs würde die Redaktion zukünftig abwechselnd Schicksale (»So grausam kann ein Vater sein«), Investigativgeschichten (»Die Wahrheit über Weight Watchers«) oder »die großen Interviews« machen.
    »Und jetzt die Themen!«, kommandierte der Papst nach Abschluss seiner Zur-Lage-der-Nation-Ansprache. »New York, Sie sitzen gerade so schön geistesabwesend herum.«
    »Ich …«
    Zoe wollte ihre tatsächlich etwas lahme Liste an Vorschlägen herunterleiern, als der Fürst der Finsternis ihr rüde ins Wort fiel. Die wöchentliche Redaktionskonferenz fühlte sich neuerdings an wie Lateinvokabeln-Abfragen vor der ganzen Klasse, fand Zoe. Jeder duckte seinen Kopf runter, wollte sich unsichtbar machen und hoffte – natürlich vergebens – darauf, nicht aufgerufen und öffentlich gedemütigt zu werden.
    »Ich will ein großes Interview von Ihnen, New York. Michelle Obama, Hillary Clinton oder Maria Shriver, die tut’s zur Not auch. Aber dann den Kennedy-Fluch rauf und runter abfragen«, kommandierte der Papst in die Videokonferenzkamera, die seinen Schädel mit dem streng frisierten Haupthaar heute rechteckig verzerrt darstellte, was auf Zoes Seite des Atlantiks zumindest für ein bisschen Heiterkeit sorgte. »Oder, wenn ich’s mir recht überlege, alle drei zusammen. Für ein Streitgespräch am runden Tisch.«
    »Na klar«, murmelte Zoe und hätte am liebsten in die Kante eines ebensolchen gebissen. »Das Weiße Haus, das Außenministerium und die Kennedy-Familie warten nur darauf, über die globale Bedeutung des Trends zu schwarzen Lederleggings zu philosophieren.« Dann räusperte sie sich und schaute in die Kamera: »Ich werde es natürlich versuchen, Herr Papst. Aber das

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