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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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Du gehörst hier nicht mehr her. Zurück in die Zukunft nach Herpersdorf ist nicht.«
    »Und was schlägst du stattdessen vor, Frau Therapeutin?«
    Wieso mischen sich eigentlich alle in mein Leben ein?, fragte sich Zoe ärgerlich. Sie wollte leiden. Punkt. Maßen Frauen nicht an der Länge ihres Leidens die Tiefe der gerade kaputtgegangenen Beziehung? Wenn sie in Mathe jemals etwas übers Bruchrechnen hinaus wirklich kapiert hätte, würde sie jetzt eine binomische Formel aufstellen. Etwa so: Leiden² x Länge² = Tiefe. Lösen Sie die Formel nach dem Mann auf – oder so.
    »Ich habe den Italien-Teil meiner Eat-Pray-Love -Reise beendet. Im Januar geht es nach Indien weiter. Willst du mit?«, fragte Al.
    Will ich?, fragte sich Zoe. Was hatte sie schon zu verlieren? Und Zeit bis zum 1. Februar hatte sie auch. Momentan fühlte sie sich genauso, wie sich diese seltsamen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr anfühlten, die morgen begannen. Sie waren weder altes Jahr noch neues, sondern einfach nur ödes Niemandsland zwischendrin. Zoe beschloss also, dass Indien der perfekte Ort sei, um das neue Jahr zu beginnen.

JANUAR

     
    Zoe hatte vor Indien bisher immer etwas Respekt gehabt und wäre, hätte Allegra ihr die Wahl gelassen, viel lieber nach Italien gefahren. Nicht nur wegen der Pasta, sondern vor allem wegen der Italiener, die schmerzfrei jede noch so hässliche Touristin anbaggerten und ihr – » CARA MIA !« – für ein paar Minuten das Gefühl gaben, die schönste Frau auf dem Planeten zu sein. Ganz abgesehen davon konnte Zoe nicht so gut mit Elend, mit seltsamen Gerüchen und verstümmelten Gliedmaßen. Und Kühe gehörten ihrer Meinung nach auf eine Weide und nicht auf die Straße. Vielleicht war sie samt ihrer mitteleuropäischen Ignoranz ja deshalb letztendlich doch bei einem Frauenmagazin gelandet und nicht als Kriegsreporterin bei CNN.
    Als Zoe und Allegra nach einem viertelstündigen Hops von Mumbai endlich in Pune landeten und aus dem Flugzeug stiegen, waren es zwanzig Grad, die Luftfeuchtigkeit erstaunlich niedrig, und es wehte ein leichter Wind. Ein Fahrer wartete bereits auf sie. Der Name der Stadt Pune komme von Punya Nagari, erklärte er ihnen. Was so viel hieße wie »Stadt der Tugend«.
    »Na dann«, murmelte Zoe.
    Allegra hatte sie nicht in Elizabeth Gilberts Ashram in Ganeshpuri einquartiert, wo man zum Beweis seiner Selbstlosigkeit mit Zahnbürsten die Fußböden schrubben musste. Das war ihr dann doch zu viel des Guten gewesen. Außerdem ruinierte es die Fingernägel. Stattdessen waren sie in einer Art Club Med für Sinnsuchende, dem Osho International Meditation Resort, eingebucht. In den Siebzigerjahren waren die Hippies dieser Welt hierhergepilgert, um Bhagwan Shree Rajneesh anzubeten, der dann später den Namen Osho annahm, hatte Al Zoe während des Fluges gebrieft. Die konnte sich noch an seine singenden Jünger in ihren roten Roben und mit den kahl geschorenen Köpfen erinnern, die sie als Teenager in der Nürnberger Fußgängerzone gesehen hatte. Die hatten immer einen so seligen Blick drauf, dass ihre Mutter sie sofort weiterzerrte. Was Zoe damals nicht wusste: Ihre innere Mitte hatten die Jünger vor allem auf die horizontale Art und Weise gefunden. Als Osho dann 1990 ins Nirvana aufstieg, ging es mit seiner Beliebtheit bergab, und seine Jünger wandten sich anderen Trends zu. Aerobic vielleicht oder Tarotkartenlesen. Alles hatte eben seine Zeit. Aber Trends kamen ja bekanntlich wellenförmig immer wieder, sodass zwanzig Jahre nach dem Tod des ollen Osho seine Kommune wieder blühte wie nie zuvor und Oshos sehr irdische und einst von den Spenden seiner Jünger finanzierte Rolls-Royce-Sammlung natürlich längst vergeben und vergessen war.
    Das Osho International Meditation Resort, rund hundertfünfzig Kilometer östlich von Mumbai, war neu auferstanden – als eine Art spiritueller Dienstleistungsbetrieb für Besserbetuchte, die ihren Seelenmüll in Indien lassen wollten. Der fünfzehn Hektar große Campus am Stadtrand von Pune hatte einen Hauch von Japan, mit Fußgängerpfaden, die sich über kleine Brücklein über Seerosenteiche hinweg durch hohe Bambuswälder schlängelten. Ein Mönch oder Jünger, Animateur – oder wie auch immer man das hier im Club Meditation nennen mochte – begrüßte Zoe und Allegra.
    »Willkommen in Indien«, sagte er in diesem charmanten indischen Sing-Sang-Englisch. »Mein Name ist Vatsayana. Indien ist ein einzigartiges Land, das nach dem höchsten

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