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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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Tom. Obwohl sie immer noch nicht davon überzeugt war, dass die drei es verdient hatten. Aber das konnte sich in den kommenden neun Tagen ja noch ändern.
     
    *
     
    »Und was willst du machen, wenn du aus Indien zurückkommst?«, fragte Allegra und trank einen Schluck Chai Tee. »Du willst doch nicht ernsthaft bei der Ansbacher Lokalzeitung anfangen?«
    »Warum nicht?« Zoe zwirbelte ein bisschen geistesabwesend eine Haarsträhne um ihren Zeigefinger. »Scheint doch ein solider Plan zu sein.«
    »Zoelein, solide ist nicht alles im Leben. Manchmal muss man auch etwas wagen.«
    »Aber das habe ich doch getan«, wandte Zoe resigniert ein. »Und was hat es gebracht? Bruchlandung. Flugzeug explodiert. Alle Passagiere samt Pilot tot.«
    »Willst du nicht wieder ins Magazinbusiness zurück? Oder mit Social Media weitermachen? Vielleicht etwas ganz Eigenes entwickeln?«
    »Was denn?«
    »Na, schau dir doch die ganzen Sinn suchenden Konsummenschen hier an, die Tausende von Euro ausgeben, um sich selbst zu finden. Nach unseren drei Wochen hier bin ich fest davon überzeugt, dass authentisches Leben ein riesiges Thema ist. Zurück zur Natur, ehrliches Essen, Reflexion, Simplizität, Spiritualität.«
    »Du meinst die Sehnsucht nach einem Leben wie früher?«
    »Genau. Ein Lifestylemagazin, nur ohne den ganzen Lifestyle.«
    »Al, das ist genial!«
    »Ich weiß! Wenn ich nicht gerade um die Welt reisen würde, würde ich genau diese Zeitschrift jetzt entwickeln.«
    »Ich glaube nicht, dass es eine Zeitschrift sein sollte. Es muss viel interaktiver sein. Die User sollten sich gegenseitig beraten, auf Ideen bringen, anfeuern, Dinge, die sie selbst produziert haben, verkaufen. Handgeimkerter Honig aus Prenzlberg in limitierter Stückzahl etwa. Oder Videoseminare zur Loving-Kindness-Meditation. So etwas geht nur mit einer Online-Plattform. Ein Magazin kann man anschließend daraus immer noch machen.«
    In Zoes Kopf schäumten nur so die Ideen. Sie sah das Design schon vor sich. Ganz clean und simpel. Sie sah die verschiedenen Channels: Leben, Essen & Trinken, Home & Garden sowie The Good Life, mit Berichten über Menschen, die das Leben zumindest ein kleines bisschen lebenswerter machten. Die Welt zumindest ein kleines bisschen verbesserten.
    »Wir könnten es so ähnlich wie ›Landliebe‹ nennen«, sagte Allegra.
    »Klingt zu sehr nach Joghurt.«
    »Stimmt. Wie wäre es dann mit … ›Sehnsucht‹?«
    »›Sehnsucht‹ ist super!«, rief Zoe und sprang auf.
    »Fang an, die Plattform zu entwickeln, wenn du zurück in Deutschland bist«, schlug Allegra vor. »Ich steige als fünfzigprozentiger Partner ein und mache einen Teil meiner Abfindung für die Finanzierung locker. Du kannst in meiner alten Wohnung in Hamburg wohnen, bis ich wieder da bin. Und dann sehen wir weiter. Entweder ziehen wir es alleine durch, oder wir suchen uns ein Medienunternehmen als Partner. Deal?«
    »Deal!«

 
    Bei ihrem zweiten Besuch innerhalb von einem Monat an dem Ort, wo sie aufgewachsen war, fand Zoe die Tatsache, dass sich in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren nichts verändert hatte, gehörig furchteinflößend. Wie in einem billigen Horrorstreifen, wo die Heldin nichts ahnend durch die menschenleere, staubige Dorfstraße schlappte, ohne zu wissen, dass sich hinter den Vorhängen der verbarrikadierten Häuser blutgierige Zombies versteckten. Zoe war noch einmal nach Herpersdorf gekommen, um ihren Eltern in leibhaftiger Gestalt zu beweisen, dass es ihr gut ging. Dass sie Pläne hatte. Große Pläne. Die allerdings nicht die Ressortleitung bei der Ansbacher Zeitung beinhalteten. Sie konnte nicht unglücklich sein, nur aus Angst vor Veränderung.
    Der Chefredakteur des Zeitung nahm ihre Kündigung an, bevor sie ihre Stelle überhaupt angetreten hatte. Wenn auch mit besorgtem Blick. Zoe erzählte ihm von New York, von Indien und dass sie ihre innere Mitte gefunden hätte. Sie fühlte sich so ruhig wie schon lange nicht mehr. Immerhin hatte sie jetzt einen Plan. Er hingegen kam sich, hatte Zoe den leisen Verdacht, ein bisschen vor wie in einem Film, gedreht mit versteckter Kamera.
     
    *
     
    Als Zoe von ihrem Besuch bei der Ansbacher Zeitung nach Hause kam, parkte eine schwarze Mercedes-Limousine mit getönten Scheiben und laufendem Motor vor ihrem Elternhaus. An der Kühlerhaube lehnte eine unendlich lange Blondine in einem mit Kristallen bestickten, bodenlangen Abendkleid samt Nerzstola und trommelte mit den Fingern ungeduldig auf die

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