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New York - Love Story

New York - Love Story

Titel: New York - Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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erzähle euch mein Lieblingsmärchen.
Die Geschichte von der kleinen Meerjungfrau. Aber mit
Arielle hat das rein gar nichts zu tun!«, warne ich sie. Und
deutsch ist es auch nicht, füge ich in Gedanken hinzu, aber
das muss ich ihnen nicht auch noch erklären.
    Gwyn und Gwen rutschen aufgeregt näher, als ich mich zu
ihnen auf die Matratze setze. Und ich erzähle ihnen von der
kleinen Meerjungfrau, die sich hoffnungslos in einen Menschen-
Prinz verliebte und ihre Stimme opferte, um Beine zu
erhalten. Wir sind kurz vor dem tragischen Ende – dem unweigerlichen
Tod der kleinen Meerjungfrau – angelangt, als
die Zimmertür schwungvoll geöffnet wird.
    »Good night, girls«, flötet Madeleine. Sie trägt eine blaue
Robe, die mich ein bisschen an das Modell im Schaufenster
von »Second Chance« erinnert. Als würde sie den üblichen
Umarmungs-Angriff ihrer Töchter erwarten, hält sie den
Rock gerafft, um möglichst schnell wieder aus dem Kinderzimmer
fliehen zu können.
    Doch Gwyn und Gwen beachten ihre Mutter nicht. Stattdessen
stupsen sie mich von beiden Seiten in die Taille.
    »Wie geht es weiter?«, quengeln sie.
    »Wollt ihr eurer Mommy nicht Gute Nacht sagen?«, frage
ich verblüfft.
    Um Madeleines Mund liegt der angestrengte Ausdruck, den
sie immer dann bekommt, wenn ihr etwas gar nicht gefällt.
    »Good night«, rufen Gwyn und Gwen, doch sie erheben
sich nicht von ihrem Bett. Dann fangen sie wieder mit dem
Schubsen an.
    In Madeleines Blick flimmert etwas. Fast glaube ich, Traurigkeit
darin zu erkennen – aber das kann doch nicht sein!
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, dreht Madeleine sich um
und rauscht hinaus. Ich kann nur hoffen, dass sie mir das
Verhalten der Zwillinge nicht übel nimmt. Nicht dass sie
noch auf die Idee kommt, mich wieder vom Ball auszuladen,
nachdem ich mir schon mein Traumkleid gekauft habe!

Ich dachte eigentlich, die Phase der totalen Verweigerung
hätten wir überstanden. Doch als ich am Dienstagmorgen
ins Kinderzimmer komme, um die Zwillinge zum Ballettunterricht
abzuholen, sind sie verschwunden.
    »Gwyn, Gwen?«, frage ich ins leere Zimmer.
    Keine Antwort.
    »Wo steckt ihr?«
    Ein Kichern ertönt unter einem der Himmelbetten. Ich
lege mich flach auf den Boden und entdecke einen kleinen
Fuß, der unter dem eisernen Bettgestell herausragt. Beherzt
greife ich danach und ziehe. Ein Quieken ertönt. Dann liegt
Gwen vor mir, mit zerzausten Haaren und einem schelmischen
Grinsen auf dem Gesicht. Ich taste tiefer unter dem
Bett und erwische einen Arm. Noch einmal ziehen. Und auch
Gwyn taucht aus der Tiefe auf.
    »Wir müssen los.« Wie oft habe ich diesen Satz in den letzten
vierzehn Tagen eigentlich schon gesagt?
    »Wir haben aber keine Lust.« Gwyn stemmt ihre dünnen
Ärmchen in die Seiten, während Gwen zur Stereoanlage läuft
und eine CD einlegt. »Oh Baby, yeah, yeah, yeah« tönt der
Colin-Bisam-Hit aus den Boxen.
    Gwyn und Gwen beginnen gleichzeitig zu tanzen. Arme
hoch, in die Knie, Bein in die Höhe, zweimal Luftboxen – die
Performance wirkt wie einstudiert und die beiden würden
sich sicherlich nicht schlecht als Background-Tänzerinnen
für ihren großen Star machen.
    »Wirklich toll«, sage ich und versuche, mir nicht anmerken
zu lassen, dass ich beeindruckt bin. Resolut drücke ich
auf die Stopp-Taste des Players. »Aber jetzt müssen wir zum
Ballett.«
    Ohne Musik setzen die Zwillinge ihre Darbietung fort zu
einem Beat, den nur sie hören können. »Oh Baby, yeah, yeah,
yeah«, singen sie.
    »Hört mal zu.« Ich lasse mich einfach vor ihnen auf den
Boden fallen und verschränke meine Hände im Schoß. Zum
Glück sind die zwei neugierig genug, um nach einigen weiteren
Drehungen neben mich zu sinken. Erwartungsvoll
schauen sie mich an wie eine Märchentante.
    »Ihr steht doch so auf Colins Songs und seine Show?«, frage
ich geheimnisvoll.
    Heftiges Nicken.
    »Glaubt ihr, Colin hätte das Tanzen und Singen schon als
kleines Kind draufgehabt?«
    Fragende Mienen.
    Danke, MTV!
, denke ich. Denn zufällig habe ich vor einiger
Zeit auf dem Musikkanal eine Reportage über den Popstar
gesehen. Und da wurde berichtet, dass Colin schon als
Dreijähriger jeden Tag Tanzunterricht bekommen hat.
Was
muss der für eine erfolgsgeile Mutter haben,
habe ich damals
überlegt. Aber jetzt kommt mir diese Info gerade recht. Als
ich Gwyn und Gwen davon erzähle, schauen sie mich zweifelnd
an. Doch zur Hälfte habe ich sie bereits überzeugt, das
kann ich spüren.
    »Hört zu«, werfe ich meinen

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