New York - MERIAN Portraet
androgyne, Hermelin tragende Schönheit, wird zu einer Art weiblichem Alter Ego von Andy Warhol und zur Ikone eines Underground-Films, den er im Künstlerhotel
Chelsea
11 ( ▶ G 3 ) dreht.
Warhol widmet sich jetzt Objekten des täglichen Lebens. »Ich male ganz einfache Dinge, die ich schon immer schön fand, Dinge, die man täglich benützt und über die man nie nachdenkt. Ich arbeite jetzt gerade an Suppen … Ich mache es, weil es mir gefällt« , erläutert der Künstler 1962 in einem Interview. Auf dem Zeitungsfoto posiert er vor dem riesigen Bild einer Suppendose, während er aus einer Campbell’s Can Suppe löffelt.Im April 1964 stehen die Besucher seiner Ausstellung verblüfft vor dem vermeintlichen Warenlager eines Supermarkts: Kartons der Lebensmittelmarken Brillo, Campbell und Heinz stapeln sich bis unter die Decke.
MIT SUPPEN UND COCA COLA WIRD ER REICH
Warhols scheinbar profane Coca-Cola-Flaschen und Dollar-Noten, Symbole des amerikanischen Lebensstils, werden rasch zu den Inkunabeln der Pop-Art. Er reiht sie aneinander, druckt Serien und stilisiert damit die Kopie zum Markenzeichen der Massenkultur. Bald ist ein Bild mit gemalten Dollarscheinen das Tausendfache der echten Geldnoten wert. Warhol wird zur Ikone der Pop-Art, seine Siebdrucke von
Marilyn Monroe
dürften zu den am meisten reproduzierten Werken der Kunstgeschichte zählen.
1968 zieht Andys Factory in das
Decker Building
12 ( ▶ F 4 ) am Union Square West 33 . Im eleganten Ambiente seines exklusiv möblierten Lofts ist Schluss mit Sex und Exzessen. Warhol eröffnet eine Firma für den Vertrieb seiner Siebdrucke und mutiert vom Underground-Künstler zum erfolgreichen Unternehmer. Am 3 . Juni 1968 verübt
Valerie Solanas
ein Attentat auf den Künstler. Die Schauspielerin, die in einem radikal-feministischen Manifest zur »Zerstückelung von Männern« aufruft, hat in einem seiner Filme mitgespielt und fühlt sich ausgebeutet. Sie lauert ihm vor der
Factory
auf und schießt drei Mal auf Warhol, der schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht wird. Solanas wird zu drei Jahren Haft verurteilt, die sie in einer psychiatrischen Anstalt absitzt.
Warhol, der das Leben bisher nicht sehr ernst genommen hat, schottet sich von nun an stärker von der Öffentlichkeit ab. Er kommerzialisiert seine Kunst, bemalt Autos von BMW oder Mercedes-Benz und wird reich. Er gründet die Zeitschrift »Interview«, die mit ihrer Klientel schonungslos umgeht. Aus dieser Zeit soll auch Warhols Spruch stammen: »Zukünftig wird jeder Mensch für fünfzehn Minuten berühmt sein.« Und er trifft den deutschen Künstler
Joseph Beuys
, dem er neun Siebdrucke widmet, die 1980 in der Ausstellung »Joseph Beuys by Andy Warhol« in
Neapel
gezeigt werden.
Am 22 . Februar 1987 stirbt Andy Warhol völlig überraschend nach einer Gallenblasenoperation im New York Hospital. Sein plötzlicher Tod wurde nie aufgeklärt.
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TOM WOLFE
geb. 1931
In seinem brillanten Roman »Fegefeuer der Eitelkeiten
«
von 1987 beschreibt er die Gier und den Größenwahn der Wall Street. Eine Sozialskizze, die nichts an Sprengkraft verloren hat
.
F ast hätte er seine New Yorker Karriere als promovierter Laufbursche begonnen, beim Boulevardblatt »Daily News«, für 50 Dollar wöchentlich, was selbst Ende der 50 er-Jahre ein unverschämter Hungerlohn ist. Keine besonders prickelnde Aussicht nach zehn Jahren an der Elite-Universität
Yale
, aber wenigstens ein Einstieg. Erstens bei einer Tageszeitung – und da will er hin, unbedingt – und zweitens in New York, der Stadt aller Städte. Nach dem Vorstellungsgespräch hört er einen der Redakteure lachen: »Jetzt haben wir hier einen promovierten Kopierjungen.« Das war’s dann. Von solchen Schnöseln will er sich nicht herumscheuchen lassen. »Hey Doc, hol mir mal ’nen Kaffee!« No way! Dann doch lieber erst einmal Provinz.
Sechs Jahre später ist es geschafft. 1962 hat der aus
Richmond
in Virginia stammende Journalist genügend Erfahrungen bei der »Springfield Union« und der »Washington Post« gesammelt. Jetzt ist er gewappnet für New York, die aufregendste Metropole der Welt! Nach einer Abschiedsparty am Abend zuvor landet Wolfe, der eigentlich Thomas Kennerly Wolfe jr. heißt, hundemüde, aber glücklich in der Stadt seiner Träume. Er fühlt sich sehr romantisch, reckt seine Faust zu den Wolkenkratzern hoch und jubelt : »Jetzt krieg ich dich!« Sein erstes Frühstück nimmt er nicht bei
Tiffany
35 ( ▶ K 4 ) ein, sondern in
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