New York - MERIAN Portraet
sie auf
Robert De Niro
herumturnt, um ihn nicht nur von seinem akuten Hexenschuss, sondern auch von seinen sonstigen Verspannungen zu befreien. Das ist Barbra »at her best« – und hätte sicher auch ihre Mutter überzeugt.
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ROBERT DE NIRO
geb. 1943
Der zweifache Oscarpreisträger ist der bedeutendste Schauspieler der Stadt. Für ihn ist New York schlichtweg Heimat, hier hat er alles gelernt. Es begann für »Bobby Milk« in den Straßen von Little Italy …
I ch fliege nach Paris, ich fliege nach London, ich fliege nach Rom, und überall stelle ich fest: Es gibt keinen Platz wie New York. New York ist die aufregendste Stadt der Welt. So einfach ist das.« Keine Macht der Welt könnte Robert De Niro aus seiner Heimatstadt vertreiben. Weder
Europa
, das er gern besucht, weil er dort seine Wurzeln hat, noch
Hollywood
, mit dessen inszeniertem Glamour er wenig anfangen kann. Vom Mittleren Westen, dem Mainstream-Amerika, gar nicht erst zu reden. Vermutlich kann sich einer, der als Sohn linksliberaler Künstlereltern im
Village
aufwächst und schon als Baby durch zugige Fabriketagen krabbelt, lange bevor diese zu astronomisch teuren Lofts hochgerüstet werden, einer, der in der kosmopolitischsten Stadt der Welt lebt, kaum vorstellen, was das ist: Provinz, ein Leben mit Vorgarten und Rasenmäher, spießigen Nachbarn und Bibelunterricht.
Seine Freunde nennen ihn »Bobby Milk«, weil er eine so helle Haut hat. Oder auch »Bobby Irish«, weil sein Vater Halbire ist. Dass auch italienisches Blut durch seine Adern fließt, hört man an seinem Namen. Aber das ist hier nichts Besonderes. Fast alle Jungs im Viertel haben sizilianische Eltern oder Großeltern. Auch Robert De Niro hat einen aus
Süditalien
eingewanderten Großvater, bei dem er schon früh die italienische Sprachmelodie aufschnappt. Später wird er den italo-amerikanischen Slang so perfekt beherrschen, dass man ihm den Mafioso abnimmt. Auch das dazugehörige Mienenspiel kann er jederzeit abrufen, diese raschen, wortlosen Seitenblicke, die nur durch ein kaum merkliches Heben der Augenbraue andeuten, was gleich passieren wird.
Als Robert De Niro in
Greenwich Village
( ▶ E/F 5 ) aufwächst, leben in dessen südlichen Blocks bereits so viele Italiener, dass die Gegend
Little Italy
genannt wird. Schon als Kind hat Bobby auf der Straße gespielt und jetzt hängt er eben mit den Jungs aus Klein-Italien herum. Sie faszinieren ihn: die Seidenhemden, die schmal geschnittenen Lederjacken, ihre coole Körpersprache. Als Einzelkind, das weitgehend sich selbst überlassen wird, hat er früh gelernt, seine Umgebung zu erforschen, zu imitieren und alles auszuprobieren. Er ist durch die weitläufigen Ateliers seiner Eltern gekrochen, hinter Leinwände geschlüpft, hat Farbtöpfe und Paletten untersucht, mit Pinseln gespielt. Niemand hat ihn in seinem Erkundungsdrang beschränkt, kein Laufstall, keine Ermahnungen haben ihn daran gehindert, seinen eigenen Weg zu finden. Auch als Heranwachsender drängt ihn seine Mutter nicht dazu, statt in Comics mehr in Schulbücher zu schauen. Kinder sollten selbst herausfinden, was für sie das Richtige ist. Davon ist die alleinerziehende Künstlerin, die den Lebensunterhalt inzwischen mit dem Schreiben von Detektivromanen aufbessert, fest überzeugt.
»Bobby wird nie darüber reden, wie er zu dem geworden ist, der er ist, aber ich vermute, er war ein einsames Kind, das früh lernte, seine Gefühle abzukapseln« , charakterisiert
Shelley Winters
ihren Freund Robert De Niro in der »New York Times«. Der bedeutendste Charakterdarsteller der Stadt wächst jedenfalls in einem durch und durch unbürgerlichen Milieu auf. Beide Eltern sind Maler und starke, eigenwillige, unabhängige Persönlichkeiten. Dass sie überhaupt geheiratet und ein Kind auf die Welt gebracht haben, ist schon ein Wunder. Denn
Robert De Niro senior
fühlt sich mehr zu Männern als zu Frauen hingezogen und
Virginia Admiral
hat als Marxistin sowieso nicht das übliche Familienprogramm im Kopf, als sie sich Anfang der 40 er-Jahre bei einem Malworkshop in
Princetown
in den attraktiven Halbitaliener verliebt.
Die angehende Malerin hat französische, deutsche und holländische Wurzeln, sie jobbt im Village als Kellnerin und teilt sich mit Freunden auf der
14 th Street
eine Fabriketage für 30 Dollar im Monat. Hohe, unverputzte Wände für die großformatigen Bilder, Kleider werden an Nägel gehängt, am Wochenende wird die Heizung abgestellt. Zum Freundeskreis
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