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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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gern fechten lernen.»
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    «Wenn Euer Onkel es erlaubt, wäre es mir ein Vergnügen, Euch zu unterrichten.»
    «Nein», sagte er rundweg. «Das kommt nicht infrage. Kind, was würde deine Mutter dazu sagen?»
    Sie zuckte die Achseln, als sei, was ihre Mutter sagte, nicht von Bedeutung und gab mir dann das Rapier zurück. «Macht nichts», sagte sie. «Ich bin nicht nach London gekommen, damit mich Gentlemen mit ihren Degen stechen.»
    «Um nichts in der Welt», sagte ich.
    «Auf keinen Fall», bekräftigte Newton.
    «Sagt doch, worum ging Euer Streit, Mister Ellis?»
    «Mit wem?»
    «Mit dem Gentleman, mit dem Ihr Euch im Duell schlugt, natürlich.»
    «Um etwas so Unbedeutendes, dass ich erröten würde, wollte ich Euch's sagen, Miss Barton.»
    «Wenn ich Euch in einem Duell besiegen würde, würdet Ihr's mir dann sagen?»
    «Ich hätte wohl kaum eine andere Wahl. Aber selbst dann würde ich's nur ganz leise flüstern, um nicht die Verachtung Eures Onkels auf mich zu ziehen.»
    «Dann lasst uns ein Duell austragen. Seid Ihr bereit, mich zu fordern?»
    «Gern, wenn es Euch amüsiert. Ja, ich fordere Euch hiermit.
    Was Euch die Wahl der Waffen gibt.»
    «Dann wähle ich das Damespiel.»
    «Seid auf der Hut, Mr. Ellis», riet mir Newton. «Sie ist nicht unbegabt.»
    Mit Miss Barton Dame zu spielen machte mir klar, wie sehr sie nach ihrem Onkel schlug, mit dem ich oft im Tower gespielt hatte, denn beide trieben mich, wenn ich ihnen den ersten Zug
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    ließ, unweigerlich in die Niederlage, was mir im Fall von Miss Barton nicht viel ausmachte, da sie eine so kindliche Freude am Gewinnen hatte. Nach unserer ersten Partie forderte sie den Siegespreis ein.
    «So und jetzt die Bezahlung. Die Erklärung, warum Ihr Euch duelliert habt, Mister Ellis.»
    Ich war froh, dass ich verloren hatte, denn das gab mir Gelegenheit, in ihr wohlgeformtes Ohr zu flüstern, welches ihrem duftenden Hals so nahe war, wie ich ihm irgend kommen konnte, ohne ihn gleich zu küssen.
    Als sie es hörte, lachte sie laut heraus und bestand dann auf einem weiteren Spiel und ich gestehe, ich war noch nie im Leben so glücklich, fünf Partien Dame in Folge zu verlieren.
    Mein Herr gewöhnte es sich an, mich einmal die Woche zum Abendessen einzuladen, mit der Begründung, dass ihm jeder Mann Leid täte, der selbst für sich kochen müsse, aber ich glaube, er merkte, dass Miss Barton und ich die wechselseitige Gesellschaft genossen, was ihm Gelegenheit gab, zu lesen oder an einem mathematischen Problem zu arbeiten. Ich ging sogar am Weihnachtstag mit ihnen zum Abendmahl. Und am Dreikönigstag galten bereits mein erster Gedanke am Morgen und mein letzter Gedanke am Abend dieser hübschen junge n Frau und ich betrachtete sie voller Zuneigung. Ich wollte jedoch nichts davon sagen, jedenfalls noch nicht, da ich glaubte, dass es ihrem Onkel, meinem Herrn, gar nicht recht wäre, dass ich in sie verliebt war. Tatsächlich strengte ich mich mächtig an, sie aus meinem Kopf zu verbannen und überhaupt nicht in sie verliebt zu sein, aber sie provozierte es immer wieder, indem sie mir etwa ein Buch gab, mit ihren Lieblingsgedichten, welche sie eigenhändig kopiert hatte, oder mir den Spitznamen Tom verlieh, weil ich sie, wie sie sagte, an ihren einstigen Kater gleichen Namens erinnerte, was etwas wunderbar Vertrautes hatte, oder mir einmal eine Locke von ihrem Haar schenkte, welche ich in einem Kästchen neben meinem Bett aufbewahrte.
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    Sodass sie sich bald schon tausendmal am Tag in meine Gedanken drängte und zum ersten Mal seit langem war ich glücklich. Denn Liebe ist vor allem Optimismus.
    Ich habe nie einen klügeren Mann als Newton gekannt. Und doch verstand er vom weiblichen Geschlecht so viel wie Achill.
    Hätte er mehr über die Welt und die Mädchen gewusst, hätte er vielleicht dergestalt auf ihr Benehmen eingewirkt, dass ich mich nicht so ermutigt gefühlt hätte. Und dann wäre zwischen Miss Barton und mir vielleicht alles anders gekommen.
    Manchmal ist nicht leicht auszumachen, wo die Liebe endet und der Wahnsinn anfängt und ich stelle mir vor, dass unter den Insassen von Bedlam viele treue Gefolgssoldaten der Liebe sind.

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    ZWEITES KAPITEL

    DA SPRACH JESUS ZU IHNEN: ES IST DAS LICHT NOCH
    EINE KLEINE ZEIT BEI EUCH. WANDELT, SOLANGE IHR
    DAS LICHT HABT, DAMIT EUCH DIE FINSTERNIS
    NICHT ÜBERFALLE.
    WER IN DER FINSTERNIS
    WANDELT, DER WEISS NICHT, WO ER HINGEHT.
    Johannes 12,35

    Der Januar 1697 war ungemein kalt, kälter als alles,

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