Newtons Schatten
gewissenhaft verfolgen, Sir.»
«Ihr habt recht getan, Mister Fell», sagte Mister Hall.
«In der Tat, Sir», sagte ich. «Und wir sind Euch für Eure Mühe zu Dank verpflichtet. Wenn Ihr erlaubt, würde ich mir diese Guinee gern ausborgen, um sie Doktor Newton zu zeigen. Ihr werdet sie wiedererhalten, es sei denn, sie erweist sich als falsch, dann erhaltet Ihr eine andere dafür. Und falls Euer Hinweis zur Ergreifung und Überführung ihres Herstellers führt, kann ich Euch wohl versprechen, dass Ihr obendrein noch eine Belohnung erhalten werdet.»
Mister Fell nickte langsam. «Ihr könnt sie ausleihen, Sir. Und ich bin sehr froh, dass ich Euch behilflich sein konnte.»
«Verlangt Ihr eine Quittung, Mister Fell?»
«Nicht nötig, Sir», sagte er grinsend. «Ich habe volles Vertrauen in Euch und den Doktor, Ehrenmänner, die Ihr seid, Sir. Zudem haben wir hier zwei Zeugen, dass es meine Guinee ist, die Ihr Euch ausborgt.»
«Hat Mister Berningham gesagt, wann ihn seine Frau am Sonntag besuchen will?»
«Ja, Sir, das hat er. So gegen fünf Uhr und ich soll ein Auge auf sie haben, da sie eine Lady ist und sich im Whit nicht auskennt.»
«Ich bin Ihnen sehr verbunden, Mister Fell.»
Endlich zu Hause und wieder im Bett, verbrachte ich eine höchst unruhige Nacht, weil ich zu aufgeregt zum Schlafen war, denn am nächsten Tag war Valentinstag und ich hatte jetzt einen triftigen Grund, gleich frühmorgens zu meinem Herrn in die Jermyn Street zu gehen. Da es Sitte war, dass eine Frau den ersten Menschen, den sie an diesem Tag sah, zu ihrem Valentinsschatz nahm und küsste, hoffte ich natürlich, Miss
-76-
Barton vor allen anderen zu sehen.
Ich stand um fünf Uhr auf, da ja Sonntag war und ich befunden hatte, dass ich vor acht Uhr in der Jermyn Street sein musste, weil Miss Barton um diese Zeit sicherlich ihren Onkel in die St.-
James-Kirche begleiten würde. Da ich mich verlaust fühlte, wusch ich mich mit kaltem Wasser und fand auf meinem Kopf und an meinem Körper über ein Dutzend kleiner und großer Läuse, was mich nach dem Besuch in Newgate nicht weiter wunderte. Am Tag des Herrn gab es kein Boot, das mich nach Westminster hätte bringen können und auch keine Mietkutsche, wobei ich eine solche ohnehin nicht genommen hätte, da der Preis einen Schilling und sechs Pence betrug. So musste ich vom Tower zu Fuß nach Piccadilly gehen, was eine ordentliche Strecke ist und mich fast zwei Stunden kostete.
In der Jermyn Street angekommen, ging ich zur Haustür meines Herrn und klopfte, aber Mrs. Rogers, die Haushälterin, wollte nicht aufmachen, ehe ich nicht gesagt hätte, ob ich Männlein oder Weiblein sei.
«Ich bin's, Christopher Ellis», sagte ich.
«Wartet hier, Sir», beschied mich Mrs. Rogers.
Schließlich öffnete mir Miss Barton persönlich. «Ich bin sehr erleichtert, dass Ihr es seid, lieber Tom», sagte sie, meinen Kosenamen benutzend. «Gleichgültig, wie er so wichtigen Dingen gegenüber ist, hat mein Onkel den Dekan von St. James zum Essen eingeladen und ich glaube nicht, dass ich den zum Valentinsschatz hätte nehmen wollen. Sein Atem riecht wie ein Fischeimer und ich hätte eine Predigt statt einer Umarmung bekommen.»
«Dann ist es ja gut, dass ich hier bin», sagte ich und als ich in den Salon trat, ließ Miss Barton sich von mir küssen, was noch nie vorgekommen war. Es war mein keuschester Kuss seit vielen Jahren und doch bereitete er mir mehr Lust als alle Küsse, die mir je zuteil geworden waren und er veranlasste Newton,
-77-
laut herauszulachen, was ich ebenfalls noch nie erlebt hatte.
Als dies, ganz offenkundig auch zu Miss Bartons Vergnügen getan war und unser aller Heiterkeit sich legte, brachte mir Mrs.
Rogers etwas Brot, ein Stück heißes gepökeltes Rindfleisch und einen Krug mit heißem gebuttertem Bier und durch dieses Frühstück ungemein erquickt, erläuterte ich meinem Herrn den zweiten Grund meines frühen Besuchs.
«Und ich dachte schon, Ihr wärt einzig und allein meinetwegen den ganzen Weg vom Tower hierher gelaufen», sagte sie mit gespielter Enttäuschung. «Christopher Ellis, ich glaube, Ihr habt nicht mehr Romantik im Leib als mein Onkel.»
Doch Newton schien ob der Sache mit der Goldguinee höchst befriedigt und erklärte, nachdem er die Münze inspiziert hatte, wir müssten sie so bald wie möglich im Schmelztiegel einer Echtheitsprüfung unterziehen.
«Aber zuvor wäre ich dankbar, wenn Ihr Miss Barton und Mrs.
Rogers zur Kirche begleiten könntet»,
Weitere Kostenlose Bücher