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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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geschworen. Mein Wort darauf.»
    Scroope nickte. «Nun denn», sagte er, «ich habe, um es kurz zu machen, Mister Macey gelegentlich gewisse Informationen zukommen lassen. Ihr könnt Euch zweifellos vorstellen, dass man in meinem Geschäft dieses und jenes hört, von Münzfälschern, Münzminderern und anderem unehrlichem
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    Gesindel, welches die große Münzerneuerung und damit das Wohl des Königreichs unterminiert.»
    «Das ist auch meine größte Sorge», erklärte Newton. «Die Lords des Schatzamtes haben mir in aller Klarheit gesagt, dass wir den Krieg mit Frankreich womöglich verlieren, wenn es uns nicht gelingt, dieser abscheulichen Falschmünzerei ein Ende zu setzen. Deshalb bin ich ja in diesen Dingen so gewissenhaft. In der Bevölkerung heißt es, ich täte das, was ich tue, um meines eigenen Fortkommens willen. Doch ich sage Euch in aller Ehrlichkeit, Mister Scroope, ich tue es deshalb, weil ich nicht will, dass dieses Land von Frankreich besiegt und von einem Papisten regiert wird.»
    Scroope nickte. «Nun, Sir, ich würde Euch gern dieselben Dienste erweisen, wie ich sie Mister Macey erwiesen habe, wenn Ihr es wünscht, Doktor. Ja, es wäre mir eine Ehre, denn der arme Macey und ich sind dadurch schließlich recht enge Vertraute geworden.»
    «Ich bin Euch sehr dankbar, Sir», sagte Newton nickend. «Doch sagt, hat Macey Euch jemals einen Brief unterbreitet? Einen fremdsprachlichen Brief vielleicht, den er Euch zu übersetzen bat? Und dessen Inhalt ihn sehr beunruhigt haben dürfte?»
    «Ja, ich glaube, es gab da in der Tat einen solchen Brief», gestand Scroope. «Das war vor sechs Monaten und inzwischen bin ich selbst schon zu der Annahme gelangt, dass sowohl der Zeitpunkt dieses Besuchs, bei dem ich George das letzte Mal sah, als auch der Inhalt des Briefes - an den ich mich trotz der Kürze nur ungenau erinnere, etwas mit seinem Verschwinden zu tun hatten.»
    Scroope schien sein Gedächtnis anzustrengen, was meinen Herrn davon Abstand nehmen ließ, ihn zu genaueren Auskünften über den Brief zu drängen.
    «Der Brief war nicht an ihn gerichtet. Das sagte mir George.
    Und er war auf Französisch verfasst. Ich glaube, er besagte so
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    etwas wie: ‹Kommt sofort, oder mein Leben ist verwirkt.› Was George höchlichst zu interessieren schien, denn ich habe Euch noch nicht gesagt, dass er den Brief in der Münzanstalt gefunden hatte und ich glaube, er hatte den Verdacht, dass dort eine große Verschwörung im Gange war, um die Münzerneuerung zu hintertreiben. Mehr sagte er allerdings nicht. Und ich habe auch nicht nachgefragt.»

«Habt Ihr nie daran gedacht, diese Information weiterzugeben?»
    «Nach Georges Verschwinden hieß es eine Zeit lang, er habe Guineen-Stempel gestohlen», sagte Scroope. «Deshalb wollte ich nicht an die große Glocke hängen, dass er mein Freund war.
    Und überdies konnte ich ja nicht viel sagen, ohne mich als Spitzel zu offenbaren. Mein Verhältnis zu George Macey war auf langjähriges Vertrauen gegründet. Diese beiden Männer hingegen kannte ich gar nicht.»
    «Aber Ihr kanntet doch Mister Neale», sagte Newton. «Hättet Ihr es nicht dem Münzmeister persönlich sagen können?»
    «Doktor Newton, um ganz offen zu sein, Mister Neale und ich sind nicht mehr befreundet. In Wahrheit traue ich Mister Neale ganz und gar nicht. Er hat zu viele Pläne und Projekte für einen Mann, welcher ein solches öffentliches Amt bekleidet. Er mag ja die Begeisterung für Schiffswracks und Kolonien eingebüßt haben, aber er hat andere, nicht minder riskante Vorhaben, welche ihn kompromittieren könnten. Nach meinen persönlichen Informationen ist er derzeit darauf erpicht, eine neue Lotterie aufzubauen, bei der die Malzsteuern als Deckung dienen sollen.»
    «Das, Sir, ist auch meine Information.» Newton nickte betrübt.
    «Aber ich danke Euch für Eure Offenheit.»
    «Zu einem Mann wie Euch offen zu sprechen ist eine Ehre, Sir.
    Und es erlaubt mir zu hoffen, dass wir uns wiedersehen, denn ich werde Euch, so ich irgend kann, mit Freuden zu Diensten sein.»
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    Im Hinausgehen sagte Newton etwas zu Scroopes Diener, was ich nicht verstand und beide unterhielten sich kurz in einer Sprache, die ich für Hebräisch hielt. Dann verließen wir Mr.
    Scroope, worüber ich ausgesprochen froh war, da ich ihn für einen höchst pompösen Kerl hielt.
    «Ein interessanter Mensch, dieser St. Leger Scroope», sagte Newton, als wir wieder in der Kutsche saßen. «Ganz offensichtlich ein

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