Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nextopia

Nextopia

Titel: Nextopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Micael Dahlén
Vom Netzwerk:
verwendet, so wie im Aktualisieren des Status von »Barry sitzt jetzt im Bus« auf »Barry ist am Grand Central aus dem Bus gestiegen, was gibt’s Neues?« ‒ jederzeit bereit, jede sich bietende Gelegenheit zu ergreifen.
    In den Wirtschaftswissenschaften wurde diesem Phänomen vor Jahren eine Bezeichnung gegeben: Gelegenheitseinbuße . Die Gelegenheitseinbuße umfasst die zusätzlichen Kosten beispielsweise zum Preis eines Hamburgers. Sie müssen nicht nur für den Hamburger bezahlen, um ihn essen zu können, sondern Sie müssen auch die Gelegenheit auslassen, eine Pizza zu essen, weil sie ja stattdessen Geld für den Hamburger ausgegeben haben. In der Welt beliebiger Verfügbarkeit besteht das Problem nicht darin, dass Sie nicht genügend Geld haben, um beides zu kaufen, Geld ist kein Thema mehr, sondern das Problem liegt darin, dass Ihr Bauch schon zu voll ist, um sich auch noch eine Pizza hineinzuzwingen. Oder dass Sie einfach nicht genügend Zeit haben.
    Aber es passt nicht wirklich zur Erwartungsgesellschaft, über Gelegenheitseinbußen im Hinblick auf den verpassten aufregenden Geschmack einer köstlichen Pizza nachzudenken. Vor langer, langer Zeit, in einer anderen Welt, als Wirtschaftswissenschaftler sich überlegten, wie man das Konsumverhalten der Menschen auf logische Weise erklären könnte, waren ein Hamburger und eine Pizza ausreichend. Heute müssen Sie bloß zu McDonald’s gehen, um sich 24 verschiedenen Sorten von Hamburgern gegenüberzusehen, ganz zu schweigen von Chickenburgern, Sandwiches, Salat, Brotsorten, Pommes frites und vielem mehr. Und bis Sie das alles mit den verschiedenen Größen und Belägen verglichen haben, die es nebenan bei Pizza Hut gibt, ist Ihr mentaler Taschenrechner längst zusammengebrochen.
    In der Erwartungsgesellschaft sind die Gelegenheitseinbußen bei fast allem, was wir tun, nahezu unmöglich zu berechnen. Je mehr uns zur Verfügung steht, auf umso mehr müssen wir verzichten. Einen Hamburger, ein Auto oder ein Paar Schuhe zu kaufen bedeutet nicht nur einfach, diesen Artikel zu erwerben, sondern es bedeutet auch, all die anderen Hamburger, Pizzas, Autos, Schuhe und weiß der Teufel was nicht zu kaufen. Selbst die Online-Bestellung einer 50-Pfund-Tüte Popcorn bedeutet den Verzicht auf 279

999 andere Popcorn-Möglichkeiten.
    In der Erwartungsgesellschaft erwarten wir Einbußen bei allen Gelegenheiten, und die Auswahl ist schmerzlich. Zeit ist rar, und trotz Multitasking und Minisodes haben wir immer noch nicht genug davon, um alles tun zu können. Oder wir können nicht genügend Raum dafür schaffen. Unser Magen fasst nur eine bestimmte Menge. Unser Kleiderschrank kann nur eine bestimmte Menge aufnehmen; unsere Wohnung hat nur Platz für eine bestimmte Menge an Gegenständen, ehe wir nicht mehr durch die Tür kommen. Oder die Natur teilt uns nicht mehr zu. Es kann nur eine bestimmte Anzahl an Autos produziert, an Bierdosen transportiert, an Blumen verkauft werden. Auf irgendeiner Ebene müssen wir eine Wahl treffen.
    DAS FOLGENDE DIAGRAMM STELLT DAR, WIE WIR AUF WAHLMÖGLICHKEITEN REAGIEREN. Bei nur einer Option gibt es keine echte Auswahl, und wir empfinden den Kauf des Produktes oder das Ergreifen der Gelegenheit nicht notwendigerweise als beste Entscheidung. Haben wir ein paar mehr Möglichkeiten, kommt es uns vor, als hätten wir eine befriedigende Entscheidung treffen können. Steigt die Zahl der Möglichkeiten jedoch weiter an, nimmt unsere Zufriedenheit ab, und zwar rapide.
    [Bild vergrößern]
    Zahlreiche Studien belegen, dass die Menschen gerne eine Reihe von Optionen haben, wenn sie um eine Entscheidung gebeten werden. Grundsätzlich scheinen die meisten Leute nach der Regel vorzugehen: »Je mehr, desto besser.« Misst man jedoch die Zufriedenheit eben dieser Leute mit den von ihnen getroffenen Entscheidungen, sind die Ergebnisse eindeutig: Je mehr Optionen zur Verfügung stehen, desto weniger zufrieden waren sie mit ihrer Wahl. Wir glauben zwar, nach der Regel »Je mehr, desto besser« zu leben, abertatsächlich leben wir nach der Regel »Je mehr, desto schlimmer«. Wenn die Zahl der Optionen steigt, erkennen wir, dass wir es nicht schaffen, die beste Entscheidung zu treffen. Unsere mentalen Taschenrechner brechen meistens schon zusammen, wenn die Zahl der Optionen über fünf hinausgeht (der untere Bereich unseres Kurzzeitgedächtnisses).
    Einige Marktforschungsexperimente illustrieren dieses Phänomen sehr schön. Bei einem ersten Test konnten die

Weitere Kostenlose Bücher