Nextopia
sonstigen zuvor erlebten Ereignissen müssen die nächsten, diejenigen, welche die weit reichende Linie in der obigen Abbildung nach oben bringen, etwas ganz Besonderes sein. Und das sind sie auch, sie können nicht mal mit vorhergehenden Ereignissen verglichen werden, weil sie nicht existieren – was in Nextopia geschieht, bleibt in Nextopia.
Lernen heißt Sterben!
OFFENSICHTLICH HATTEN WIR ALLE EIN DATE NACH DEM ANDEREN und haben wieder und wieder neue Stellen angetreten, ohne wenig später auch nur im Geringsten glücklicher mit unserem Leben zu sein. Genau wie Fußballfans die Freudeüber ein gewonnenes Spiel ebenso wie die Alltagsereignisse erfahren haben, die unweigerlich damit einhergehen. Ähnlich haben die Redner nicht nur den netzwerkerweiternden und beeindruckenden Vortrag geplant, sondern auch die Nervosität erlebt, die Überschreitung des Zeitrahmens und die mangelnde Aufmerksamkeit des Publikums. Trotzdem gehen die Fans weiterhin zu Fußballspielen und glauben, dass ein Sieg ihr Leben zum Besseren verändert, und die Redner planen weitere Vorträge, die ihnen von Nutzen sein werden.
Lernen wir es denn nie?
Nein, das tun wir nicht. Wenn wir lernten, würden wir sterben. Welchen Sinn hätte es, zu einem Fußballspiel zu gehen und die Lieblingsmannschaft anzufeuern, wenn ein Sieg uns kein bisschen glücklicher macht? Wer würde einen Vortrag schreiben, wenn er nur strapazierte Nerven, Stress und ein gelangweiltes Publikum erwartet? Wenn wir wüssten, dass hinter der nächsten Ecke nichts Besseres auf uns wartet, sähen wir keinen Sinn darin, sie zu umrunden. Es gibt eine Fülle von Belegen für die Tatsache, dass der Mensch länger lebt, wenn er einen Sinn darin sieht. Der Harvard-Professor Daniel Gilbert nennt ein Beispiel, bei dem Senioren in einem Altersheim Grünpflanzen gegeben wurden. Einigen der alten Menschen wurde mitgeteilt, dass sich das Pflegepersonal um das Gießen der Pflanze kümmern würde. Den anderen erklärte man, dass sie die Pflanze gießen mussten, weil sie sonst eingehen würde. Während des Beobachtungszeitraums starben 30 Prozent der Heimbewohner, die darauf vertrauten, dass das Pflegepersonal die Pflanzen goss. Bei den Selbstgießern hingegen lag die Sterberate im gleichen Zeitraum um 15 Prozent.
Wenn das Streben nach Glück der Sinn des Lebens ist, dann ist es Nextopia, das uns am Leben hält. Solange es Nextopia gibt, solange wir glauben, dass das Vorwärtsstreben uns glücklicher macht, leben wir weiter.
Eigentlich glauben wir nicht bloß an Nextopia, wir wissen, dass es existiert. Wir wissen, dass das nächste Mal oder die nächste Sache uns glücklich machen wird. Genau wie wir dazu neigen, die positiven Erfahrungen überzubewerten, die unsere zukünftigen Handlungen erzeugen, bewerten wir auch die Genauigkeit unserer eigenen Vorhersagen und Prognosen über. Die meisten Menschen wissen mit absoluter Sicherheit, wie glücklich und wie aufgeregt sie bei ihrem nächsten Rendezvous, beim nächsten beruflichen Projekt, bei der nächsten sportlichen Leistung sein werden (siehe Abbildung).
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Nachdem sie das nächste Date, das nächste Projekt, die nächste sportliche Leistung und so weiter bewertet hatten, fragte ich die Leute, wie sicher sie sich in Bezug auf ihre Prognose waren: »Wie sicher sind Sie, dass Sie genau so aufgeregt, glücklich, zufrieden sein werden, wenn Sie Ihr nächstes Date haben?« Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft das Ereignis stattfinden sollte, schrieb jeder auf, wie präzise seine Bewertung des Ereignisses auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent sei.
Die Linie in der obigen Abbildung steht für die durchschnittlichen Antworten mehrerer Hundert Personen. Fast jeder behauptete, er könnte seine positiven Reaktionen auf eine Verabredung, eine Freizeitaktivität oder eine berufliche Veränderung innerhalb des nächsten Monats mit 100-prozentiger Genauigkeit vorhersagen. Das ist ungefähr das Doppelte der Treffsicherheit, die Meteorologen bei einer einwöchigen Wettervorhersage versprechen. Liegt das Ereignis weiter in der Zukunft, halten die Probanden ihre Voraussagen für weniger präzise, und die Zahl sinkt mit jedem folgenden Monat, bis bei einem Ereignis in sechs Monaten die Durchschnittsgenauigkeit etwas über 60 Prozent liegt. Immer noch besser als die Wetterfrösche. Für Ereignisse, die in einem Jahr geschehen, halten die Probanden ihre Prognosen für ebensoerfolgreich wie eine einwöchige Wettervorhersage und
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