Nextopia
der Film bereits 160.000 Treffer bei Google. Hinweise auf das globale Interesse an einem Film, der erst noch gedreht werden muss, an einem Film, von dem noch nicht mal ein Skript vorliegt.
Steve Jobs stand für eine neue Spezies der Expectitys, ein Geschäftsmann, der häufig in der Öffentlichkeit erschien, Versprechen ablegte und Vorschauen bot,um seine Firma Apple in Nextopia zu belassen und sicherzustellen, dass das Unternehmen und seine Produkte niemals vom gnadenlos nachlassenden Interesse abgewertet werden. Als Ikone seiner Leistungen wurde er nie für seine zurückliegenden Errungenschaften bejubelt, sondern schaffte es immer, sich im Ruhme der Erwartung des Kommenden zu sonnen.
Das neue Jahrtausend hat eine Entwicklung erlebt, bei der Unternehmen ihre Vorstände und Mitarbeiter in Expectitys verwandelt haben, die bloggen, Reden halten und Videos posten, um ihre eigenen nächsten Leistungen und die ihrer Firmen in Gang und im Gespräch zu halten. Im Kampf um die Aufmerksamkeit und das Interesse der Weltöffentlichkeit graben sie zunehmend tiefer in ihren Aktivitäten und Leben und werden dadurch zu ihren eigenen Paparazzi.
Die unternehmerische Version der Paparazzi: Blogarazzi
In der Erwartungsgesellschaft scheint der alte Aufschrei gegenüber Journalisten, Fotografen und Bloggern »Finger weg von meinem Privatleben!« sich nicht auf die aufstrebenden Expectitys selbst zu erstrecken. Das macht ihnen die Arbeit als Blogarazzi deutlich leichter. Und erheblich wirkungsvoller. Wer kann mehr schmutzige Wäsche einer Person ans Licht befördern als diese Person selbst? Während sie früher die Türen vor der Öffentlichkeit verschlossen, lassen Schauspieler, Künstler, Sportler, Politiker und Unternehmenssprecher plötzlich die Hosen runter und bloggen über alles, sei es über ihre aktuelle Arbeit an einem neuen Song, ihre Auseinandersetzungen mit dem Regisseur am Filmset oder den Ärger mit dem Mannschaftstrainer, über ihre Beziehungen, ihre Kinder, ihre Wohnungseinrichtung und sogar das gestrige Abendessen.
Sehen Sie sich nur mal eine durchschnittliche Facebook- oder Twitter-Seite an. Oder besser noch, sehen Sie sich Ihr eigenes Profil an. Hätten Sie vor Facebook jemals in Betracht gezogen, so viele Informationen über sich selbst an Hunderte oder Tausende Menschen weiterzugeben?
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Twooper
Im Frühling 2009 wurde die amerikanische Rockmusikerin Courtney Love von ihrer Modedesignerin verklagt. Der Grund? Courtney hatte sich bei verschiedenen Gelegenheiten auf Twitter über den Ärger mit ihrer Garderobe beklagt. Die Designerin sagte, die Nachrichten würden sie bei Hunderttausenden von Love-Followern in ein schlechtes Licht rücken.
Das ist ein typischer Twooper, also Dummheiten, die man sagt oder tut, Ausrutscher, die einem unterlaufen, wenn man frustriert, betrunken oder nicht ganz klar im Kopf ist. Wenn man schneller tippt als denkt und mit Instant Microblogging ausgerüstet ist.
Vielleicht haben die Wissenschaftler der University of Southern California recht. Bei einer Studie mit Microblogs stellten sie fest, dass die Nutzer unsensibel gegenüber anderen sind. Microblogging geht so schnell, dass man nicht nachdenkt und auf sein Gefühl hört, ehe man etwas postet.
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Knapp außer Reichweite
DIE NEXTPANSION KANN NICHT NUR DADURCH ERZIELT WERDEN, dass man die Produkteinführung zeitlich weiter von den Konsumenten abrückt, sondern auch indem man die Produkte weiter außer Reichweite bringt. Das erklärt die explosionsartige Ausbreitung limitierter Editionen, die das neue Jahrtausend mit sichgebracht hat. Ob Kleidung, Autos, CDs oder sogar Lebensmittel: weltweit wetteifern Unternehmen mit Sonderkollektionen einer begrenzten Anzahl von Artikeln.
Ein Beispiel dafür ist der internationale Mode-Einzelhändler H&M, der erschwingliche Mode für den Massenmarkt verkauft. Obwohl seine grundlegende Idee immer darin bestand, Mode für jedermann verfügbar zu machen, gelang es ihm im neuen Jahrtausend, sein Geschäft anzukurbeln, indem er seine Produkte knapp außer Reichweite von jedermanns langen Fingern hielt. Die lange Reihe von limitierten Kollektion begann 2004 mit der des berühmten deutschen Designers Karl Lagerfeld. Immer wieder lösten die Markteinführungen einen regelrechten Kaufrausch aus und machten sogar Polizeieinsätze in den Filialen erforderlich. Die Kollektionen brachten den völlig neuen Geschäftszweig der »Profi-Ansteher« hervor, die dafür bezahlt werden, stunden- oder tagelang
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