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Nexus - Band 1

Nexus - Band 1

Titel: Nexus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Enzberger
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weiterer, trügerisch lockender Grund sich der Last aus Schuld, Angst und Unsicherheiten zu ergeben und einfach fortzulaufen… ganz egal wohin. Aber das konnte, und würde sie nicht tun - nicht dieses Mal… selbst wenn es sie letztlich vielleicht zu dem werden ließ, wovor sie sich am meisten fürchtete.

Mit einem entschlossenen, tiefen Atemzug glitt Kimberly von ihrer Pritsche, dehnte und streckte ihre Glieder mit der zusehends neu erwachten Kraft ihres Körpers, bevor sie damit begann sich innerhalb des kleinen, zweckmäßig eingerichteten Raumes nach den übrigen Stücken ihrer Uniformkombination umzusehen. Es war so typisch Tom - der sich nicht nur erst in den letzten ihrer gemeinsamen Monate so viel Mühe gegeben hatte, die schlechten Angewohnheiten seines alten Lebens hinter sich zu lassen, alles so gut wie möglich zu machen… und seinen neu entwickelten Sinn für geradezu pedantische Ordnungsliebe bei jeder sich bietenden Gelegenheit noch weiter zu schärfen. So fand Kimberly schnell alles fehlende sorgsam neben und auf dem spartanisch gepolsterten Stuhl platziert, der den Medizinschrank direkt ihr gegenüber flankierte - die einzig weitere Sitzgelegenheit auf die man sich, abgesehen von der ausfahrbaren Bahre, in dieser sehr minimalistischen Version eines Sanitätsbereiches noch verlassen konnte. Einzig der große, zu jeder Zeit vollständig mit seiner grünlich-perlenden, vollständig atembaren Flüssigkeit gefüllte, zylindrische Regenerationstank, größtenteils eingelassen in die Rückwand der Station, zeugte von ihren hochtechnisierten Fähigkeiten einen Menschen von der Schwelle des sicheren Todes zurückzubringen. Und auch wenn es wohl nur eine weitere ihrer naiven Vorstellungen war… womöglich sogar die Letzte ihrer Art, verwundet und doch trotzig stehend - noch nicht niedergemäht vom unerbittlichen Sensenschwung des Todes, dem sie jedem Tag aufs Neue gestärkt begegnete - Kimberly hoffte trotzdem, dass es nie dazu kommen musste.

Von der fortgesetzten Schwere ihrer Gedanken getragen schloss Kimberly die letzten Knöpfe ihrer Uniformjacke, desselben stabilen und trotzdem perfekt fließend sitzenden Stückes aus widerstandsfähigen, fast schon rüstungsgleichen Nanitfasern gewebten synthetischen Stoffes, das sie durch viele Jahre sicherer Routine ihres Dienstes hindurch an jedem einzelnen Tag begleitet… und ihr in all dieser Zeit, deren Erinnerung kaum mehr war als ein verblasstes Gemälde an einem einsam-vergessenen Fleck irgendwo fern ihrer übrigen Wege, niemals ein solches Maß an Mut und Sicherheit gespendet hatte wie es Kimberly in diesem Augenblick so deutlich empfand, als hätte sich ein unsichtbares, behütendes Feld um sie gebildet.

Es war der erste einer kleinen, schnellen Folge von Vibrationen und Stößen von irgendwo her durch die Innenstruktur des Schiffes, der sie aus ihrem Gleichmut riss, und Kimberly Taylors Herzschlag alarmiert höher springen ließ. Wie als könnte sie dort etwas erkennen, kreisten ihre Pupillen für einige, reflexartige Sekunden beunruhigt suchend über die Innenwände des Raumes, bevor sie sich mehr aus einem automatischen Impuls heraus mit schnellem Schritt in Richtung des Ausganges wandte. Diese Erschütterungen… es waren keine Asteroiden - und sie waren auch keinesfalls vom Schiff selbst aus entstanden. Aber das war eigentlich ganz und gar unmöglich - die Koordinaten des Archives, die Kimberly durch einen glücklichen Treffer in der Lage gewesen war zu entschlüsseln, mussten sie mitten in den tiefsten Raum geführt haben. Ins Nichts! Wie konnte dort draußen jemand sein!? Es sei denn natürlich…

Der Blitz ihrer so unvermittelten Erkenntnis ließ Kimberly Taylors Körper von einem heißen Schwall aus Adrenalin energetisiert herumfahren. Eine Falle… ein Hinterhalt! Und ihre Kameraden waren… ohne ihren Gedanken fortzuführen stürzte Kimberly zur Tür und schlug den Ballen ihrer Faust auf das Sensorenfeld des Öffners, einmal, mehrmals - wiederholte ihre Versuche mit zunehmend wie ultimativ fruchtloser Intensität, bis ihrem von erhitzter Furcht und Sorge beschleunigter Verstand das blassrote Leuchten der kleinen Multifunktionskonsole ins Auge fiel, welche die primäre Türsteuerung flankierte.

Quarantäneprotokolle aktiv. Zugang gesperrt.
Die Glut der Panik in ihrem Inneren bezähmend fuhren Kimberlys Hände über die Bedienelemente des Monitors, dessen schlichte Botschaft sie weiterhin mit starrer Gleichgültigkeit anstarrte.

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