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Nexus

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Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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daß ich nicht wußte, was ich denken sollte. «Kannst du das? Willst du das vor allem?»
    «Ich kann's versuchen, aber -»
    «Aber was, Val?»
    «Wird er nicht sofort sehen, daß ein Mann das geschrieben hat und keine Frau?»
    «Nein, Val, darüber kannst du beruhigt sein», erklärte sie, ohne nachzudenken.
    «Woher weißt du das? Woher nimmst du diese Sicherheit?»
    «Ich habe ihn schon auf die Probe gestellt. Er hat schon was von dir gelesen - ich gab es natürlich als meine eigene Arbeit aus - er hat nicht das geringste gemerkt.»
    «So-o-o. Hmmm. Um einen Schwindel bist du nie verlegen, nicht wahr?»
    «Er war sehr interessiert, wenn du es gern wissen willst. Er wollte die Seiten einem Verleger zeigen, mit dem er befreundet ist. Bist du nun zufrieden?»
    «Aber einen Roman - meinst du tatsächlich, ich könnte einen Roman schreiben?»
    «Warum nicht? Du kannst alles, du mußt es nur ernstlich wollen.
    Es braucht ja kein konventioneller Roman zu sein. Er will bei der ganzen Sache überhaupt nur entdecken, ob ich Ausdauer habe. Er hält mich für sprunghaft, unbeständig, kapriziös.»
    «Moment mal! Weiß er übrigens, wo wir - ich meine du — wohnst?»
    «Natürlich nicht! Denkst du denn, ich bin verrückt? Ich habe ihm gesagt, daß ich mit meiner Mutter zusammenlebe, und daß sie bettlägerig ist.»
    «Womit verdient er sein Geld?»
    «Ich glaube, er ist Pelzhändler.» Bei dieser Antwort dachte ich, es müßte interessant sein zu erfahren, wie sie mit ihm bekannt geworden war, und noch mehr, wie sie in so kurzer Zeit solche Fortschritte gemacht hatte. Aber auf solche Fragen würde ich nur die üblichen Antworten bekommen.
    «Er macht auch noch Börsengeschäfte», fuhr sie fort. «Er hat wahrscheinlich mehrere Eisen im Feuer.»
    «Er glaubt also, du seist unverheiratet und lebtest mit einer kranken Mutter zusammen?»
    «Ich habe ihm gesagt, ich sei von meinem Mann geschieden. Er kennt nur meinen Bühnennamen.»
    «Du hast dir das alles ja sehr schön zurechtgelegt. Na, wenigstens brauchst du jetzt wohl nicht mehr nachts herumzurennen, nicht wahr?»
    «Er ist wie du», antwortete sie hierauf. «Er haßt Greenwich Village und die ganze Bohemespielerei. Im Ernst, Val, er ist ein ziemlich gebildeter Mann. Er liebt leidenschaftlich Musik und hat, glaube ich, selbst einmal Geige gespielt.»
    «So? Und wie nennst du ihn - diesen alten Mummelgreis?»
    «Pap.»
    «Pap?»
    «Ja, einfach Pap.»
    «Wie alt ist er . . . ungefähr?»
    «Oh, so in den Fünfzigern, nehme ich an.»
    «Dann wäre er ja gar nicht so alt.»
    «N-n-n-ein. Aber er hat eine sehr ruhige Art. Er erscheint älter.»
    «Nun», sagte ich, um das Thema abzuschließen, «das ist ja alles sehr interessant. Wer weiß, vielleicht führt es zu etwas. Wollen wir nicht einen Spaziergang machen?»
    «Gern», sagte sie. «Wie du willst.»
    Wie du willst . Diesen Ausdruck hatte ich schon viele Monate nicht mehr von ihr gehört. Hatte die Reise nach Europa eine magische Veränderung herbeigeführt? Oder braute sich da etwas zusammen, was sie mir noch sagen wollte?
    Aber warum sich mit Zweifeln plagen? Doch die Vergangenheit mit ihren verräterischen Narben war nicht zu vergessen. Die Sache mit Pap aber schien einwandfrei zu sein - kein Geflunker. Und offenbar hatte sie meinetwegen mit ihm angebändelt, nicht ihretwegen. Vielleicht machte es ihr Spaß, für eine Schriftstellerin gehalten zu werden und nicht für eine Schauspielerin. Sie tat das alles, um mir auf die Beine zu helfen. Es war ihre Art, mein Problem zu lösen.
    Dieses Unternehmen hatte jedoch eine Seite, die mir gewaltiges Kopfzerbrechen machte. Ich kam erst später darauf, als sie mir gewisse Gespräche mitteilte, die sie mit Pap gehabt hatte und die sich um «ihre Arbeit» drehten. Pap war anscheinend durchaus kein Dummkopf. Er stellte Fragen, manchmal sogar schwierige. Sie konnte natürlich kaum wissen, was sie darauf antworten sollte, und wenn man sie direkt fragte: «Warum haben Sie das so gesagt?» mußte sie womöglich antworten: «Das.weiß ich nicht.» Da sie aber dachte, sie müßte das wissen, gab sie die erstaunlichsten Erklärungen, auf die ein Schriftsteller hätte stolz sein können, wenn er soviel Grips gehabt hätte, so schnell zu denken. Schließlich verstand Pap ebensowenig vom Schreiben wie sie. Aber diese Antworten machten ihm Spaß.
    «Ich möchte mehr davon hören», sagte er oft.
    Und sie ließ ihm mehr zukommen, obwohl das meiste wahrscheinlich reiner Kohl war. Ich lehnte mich

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