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Nexus

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Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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trinken da?»
    «Gewiß.» Ich ging zum Schrank und holte eine Flasche hervor.
    «Was ist das?» fragte er und faßte nach dem Wermut.
    «Für Herzschwache», sagte ich. «Oder magst du lieber Whisky?»
    «Wenn du welchen da hast, ja. Wenn nicht, kann ich welchen aus dem Auto holen.»
    Ich holte den Whisky und goß ihm einen steifen Drink ein.
    «Und du?»
    «Ich rühre ihn nie an. Übrigens ist es auch zu früh am Tage.»
    «Richtig. Mußt du unbedingt an dem Roman arbeiten?»
    «Sobald du fort bist, setze ich mich wieder hin», sagte ich.
    «Ich mache es kurz, Hen. Ich weiß, daß ich dich langweile, aber das ist mir gleich, jetzt mußt du mich schon zu Ende anhören . . . Wo war ich doch? Richtig, in dem Tanzlokal. Nun, am nächsten Samstag wartete ich auf sie, aber sie kam nicht. Ich saß den ganzen Nachmittag, ohne einmal zu tanzen. Guelda ließ sich nicht sehen.»
    «Wie? Guelda? Heißt sie so?»
    «Ja, warum?»
    «Ein komischer Name, weiter nichts. Was ist sie . . . welcher Nationalität gehört sie an?»
    «Schottisch-irisch, denke ich. Was hat das mit ihr zu tun?»
    «Nichts, nichts. Reine Neugierde.»
    «Sie ist keine Zigeunerin, wenn deine Neugierde daher rühren sollte. Aber sie hat etwas an sich, was mich gefangennimmt. Ich muß unaufhörlich an sie denken. Ich bin verliebt , das ist's. Ich glaube, ich war es noch nie. Sicherlich nicht so.»
    «Hört sich komisch an, wenn du das sagst.»
    «Das weiß ich, Hen. Es ist mehr als komisch, es ist tragisch.»
    Ich lachte.
    «Ja, tragisch», wiederholte er. «Zum erstenmal in meinem Leben habe ich eine kennengelernt, der ich vollständig Wurst bin.»
    «Woher weißt du das? Hast du sie noch einmal getroffen?»
    «Noch mal getroffen? Mann, ich bin ihr seit jenem Tag wie ein Hund nachgeschlichen. Natürlich, ich habe sie wiedergesehen. Ich ging ihr eines Abends nach. Sie stieg in Borough Hall aus einem Bus. Sie sah mich natürlich nicht. Am nächsten Tag rief ich sie an. Sie war wütend. Was mir einfiele, sie anzurufen? Wie ich ihre Nummer bekommen hätte? Und so weiter. Nun, ein paar Wochen später war sie wieder in dem Tanzlokal. Diesmal mußte ich buchstäblich vor ihr auf die Knie, um ihr einen Tanz abzulotsen. Sie sagte, ich solle sie nicht belästigen, ich interessiere sie nicht, ich sei ungeschliffen, und derlei Liebenswürdigkeiten mehr. Ich konnte sie auch nicht dazu bringen, daß sie sich zu mir setzte. Ein paar Tage später schickte ich ihr einen Rosenstrauß. Ohne Ergebnis. Ich versuchte, sie telefonisch zu erreichen, aber sobald sie meine Stimme hörte, hing sie ein.»
    «Wahrscheinlich ist sie versessen auf dich», sagte ich.
    «Nein, ich bin Gift für sie.»
    «Hast du herausgefunden, was für einen Beruf sie hat?»
    «Ja, sie ist Lehrerin.»
    «Lehrerin? Na, das setzt allem die Krone auf. Du läufst hinter einer Lehrerin her? Jetzt sehe ich sie besser ... So eine dicke, unbeholfene Person, nicht gerade häßlich, aber auch nicht schön, lacht kaum, trägt die Haare ...»
    «Du bist nahe dran, aber auch weit weg. Ja, sie ist ein bißchen dick und groß, aber auf angenehme Art. Über ihr Aussehen kann ich nichts sagen. Ich sehe nur ihre Augen - sie sind porzellanblau und leuchten . . .»
    «Wie Sterne.»
    «Wie Veilchen, genau wie Veilchen. Das übrige Gesicht zählt nicht. Um ehrlich zu sein, ich glaube, sie hat ein fliehendes Kinn.»
    «Und die Beine?»
    «Nicht zu gut. Ein bißchen plump, aber Elefantenbeine hat sie nicht.»
    «Und ihr Arsch? Wackelt er, wenn sie geht?»
    Er sprang auf. «Hen», sagte er und legte mir den Arm um die Schulter, «grade ihr Hintern macht mich verrückt. Wenn ich nur einmal mit der Hand darüberfahren könnte - nur einmal - ich würde glücklich sterben.»
    «Mit anderen Worten: sie ist prüde?»
    «Unberührbar.»
    «Hast du sie schon geküßt?»
    «Bist du wahnsinnig? Sie küssen? Sie würde eher sterben, als daß sie sich küssen ließe.»
    «Hör mal», sagte ich. «Ist dir noch nie der Gedanke gekommen, daß du nur deshalb so versessen auf sie bist, weil sie nichts mit dir zu tun haben will? Nach allem, was du mir von ihrem Aussehen erzählst, hast du früher bessere Mädchen gehabt. Vergiß sie. Das ist das Beste, was du tun kannst. Das Herz wird dir deshalb nicht brechen. Du hast kein Herz. Du bist ein geborener Don Juan.»
    «Jetzt nicht mehr, Hen. Ich kann kein anderes Mädchen mehr anschauen. Ich sitze fest an der Angel.»
    «Wieso glaubtest du dann, ich könnte dir helfen?»
    «Ich weiß nicht recht. Ich

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