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Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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wird's ein Bestseller», meinte er.
    «Herzliche Grüße an Guelda, wenn du sie wieder anrufst!»
    «Denke dir lieber was Richtiges aus, du Schurke! Und grüße mir .. .»
    «Mona!» . «Ja, Mona. Ta-ta!»
    Später am Tag klopfte es noch einmal an die Tür. Diesmal war es Sid Essen. Er schien erregt und verwirrt. Er entschuldigte sich vielmals, daß er mich so überfallen hatte.
    «Ich mußte einfach mal mit Ihnen reden», begann er. «Hoffentlich werden Sie mir verzeihen. Jagen Sie mich fort, wenn Sie gerade etwas Wichtiges ...»
    «Setzen Sie sich, setzen Sie sich», unterbrach ich ihn. «Für Sie habe ich immer Zeit. Ist Ihnen etwas Unangenehmes passiert?»
    «Nein, nein. Fühlte mich nur ein bißchen einsam .. . und war mir selbst zuwider. Als ich da so in dem dunklen Laden saß, wurde ich immer trübseliger. Plötzlich dachte ich an Sie. Ich sagte mir: ‹Warum sollst du nicht zu Miller gehen? Der wird dich schon aufheitern.› Und damit stand ich auf und ging. Im Laden ist mittlerweile mein Sohn ... Wirklich, ich schäme mich über mich selbst, aber ich hätte es keine Minute mehr aushalten können.»
    Er erhob sich vom Diwan und ging zu einem Druck, der neben meinem Tisch an der Wand hing. Es war eines von Hiroshiges Bildern aus den «Dreiundfünfzig Stadien des Tokaido». Er sah es lange an und betrachtete dann die anderen Bilder. Inzwischen war die Angst von seinem Gesicht gewichen, und es zeigte einen Ausdruck reiner Freude. Als er sich schließlich mir zuwandte, hatte er Tränen in den Augen.
    «Miller, Miller, wie schön ist es in Ihrem Zimmer! Was für eine Atmosphäre! Wenn ich hier bei Ihnen stehe, umgeben von solcher Schönheit, fühle ich mich als neuen Menschen. Wenn ich doch nur mit Ihnen tauschen könnte! Sie wissen, ich bin ein Rauhbein, aber ich liebe Kunst, jede Art von Kunst. Und besonders die Kunst des Ostens. Die Japaner müssen ein wunderbares Volk sein. Alles, was sie machen, ist künstlerisch... Ja, ja, es tut gut, in einem solchen Zimmer zu arbeiten. Hier sitzen Sie mit Ihren Gedanken und sind Herr der Welt. So ein reines Leben! Wissen Sie, Miller, manchmal erinnern Sie mich an einen hebräischen Gelehrten. Sie haben etwas von einem Heiligen an sich. Darum habe ich Sie aufgesucht. Sie geben mir Hoffnung und Mut, selbst wenn Sie nichts sagen. Sie sind mir doch nicht böse, wenn ich mich so auslasse? Ich muß es vom Herzen herunter haben.» Er hielt ein, als wenn er neuen Mut sammeln wollte. «Ich bin ein Versager, daran gibt es nichts zu deuteln. Ich weiß es und habe mich damit abgefunden. Aber es schmerzt mich, wenn ich mir vorstellte, daß mein Sohn ebenso denkt. Ich mag mich nicht von ihm bemitleiden lassen. Er mag mich verachten, ja. Aber nicht bemitleiden.»
    «Reb», sagte ich, «mir ist nie der Gedanke gekommen, Sie könnten ein Versager sein. Sie sind mir fast wie ein älterer Bruder. Was mehr ist, Sie sind gut und zartfühlend und dabei edelmütig bis zum Exzeß.»
    «Wenn nur meine Frau hören könnte, was Sie da sagen!»
    «Was sie denkt, darum würde ich mich gar nicht kümmern. Frauen sind immer hart gegen die, welche sie lieben.»
    «Lieben! Von Liebe ist schon seit Jahren keine Rede mehr. Sie lebt in ihrer eigenen Welt, ich in meiner.»
    Eine Verlegenheitspause.
    «Meinen Sie, es wäre besser, wenn ich aus ihrem Gesichtskreis verschwände?»
    «Das bezweifle ich, Reb. Was wollen Sie tun? Wohin wollen Sie gehen?»
    «Irgendwohin. Meinen Lebensunterhalt werde ich schon verdienen. Ich will Ihnen die Wahrheit sagen, als Schuhputzer würde ich mich glücklich fühlen. Geld bedeutet mir nichts. Ich bin gern unter Leuten, ich arbeite gern für sie.»
    Er schaute wieder an die Wand. Er zeigte auf eine Zeichnung Hokusais - aus dem «Leben in der östlichen Hauptstadt».
    «Sehen Sie - solche Leute. Gewöhnliche Leute, die gewöhnliche Alltagsdinge tun. Das möchte ich gern - einer von ihnen sein, irgend etwas Gewöhnliches tun. Ein Faßbinder oder ein Blechschmied - da ist nicht viel Unterschied. Mich in die Prozession einreihen — das ist's. Nicht den ganzen Tag in einem leeren Laden sitzen und die Zeit totschlagen. Ich werde doch noch zu was zu gebrauchen sein. Was würden Sie an meiner Stelle tun?»
    «Reb», sagte ich, «ich war einmal in genau der gleichen Lage wie Sie. Auch ich saß im Laden meines Vaters und tat nichts. Ich dachte, ich würde verrückt werden. Mir war die Bude verhaßt. Aber ich wußte nicht, wie ich mich befreien sollte.»
    «Wie haben Sie es dann

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