Nexus
hatte, ich wollte sie nicht dauernd haben. Ich war weder Dichter noch Arbeitssklave. Ich war nur aus dem Gleichgewicht gekommen. Heimatlos .
Mein einziger Leser. . . Später will ich ihn mit dem idealen Leser vertauschen, diesem pfiffigen Schelm, diesem geliebten Vagabunden, zu dem ich sprechen kann, als hätte nichts Wert außer für ihn — und für mich. Warum setze ich hinzu - für mich? Kann dieser ideale Leser etwas anderes sein als mein zweites Ich? Warum eine Welt für sich schaffen, wenn sie auch für jeden Hinz und Kunz Sinn haben soll? Haben nicht die anderen diese Alltagswelt, die sie angeblich verachten, an die sie sich aber klammern wie ertrinkende Ratten? Ist es nicht sonderbar, wie jene, die sich sträuben oder zu faul sind, sich eine eigene Welt zu schaffen, darauf bestehen, in unsere eigene einzudringen? Wer zertrampelt die Blumenbeete bei Nacht? Wer wirft Zigarettenstummel ins Vogelbad? Wer pißt auf die schamhaften Veilchen und bringt dadurch ihre Blüten zum Welken? Wir wissen, wie ihr die Seiten der Literatur durchsucht, um das zu finden, was euch gefällt. Wir entdecken die Fußtapfen eures hin und her torkelnden Geistes überall. Ihr seid es, die das Genie töten und die Riesen zu Krüppeln machen. Ihr, ihr , ob durch Liebe und Verehrung oder durch Neid, Bosheit und Haß. Wer für euch schreibt, unterschreibt sein eigenes Todesurteil.
Spätzchen, Spätzchen ,
Geh, geh aus dem Weg .
Der Herr Pferd kommt .
Issa-San schrieb das. Sage mir, was es bedeutet!
17
Es war um zehn Uhr morgens an einem Samstag, ein paar Minuten, nachdem Mona in die Stadt gefahren war, als Mrs. Skolsky an die Tür klopfte. Ich hatte mich gerade an die Maschine gesetzt und war in Arbeitsstimmung.
«Herein!» rief ich. Sie trat zögernd ein, blieb in respektvoller Entfernung stehen und sagte: «Unten ist ein Herr, der Sie sprechen möchte. Er sei mit Ihnen befreundet, sagt er.»
«Wie heißt er?»
«Er wollte mir seinen Namen nicht sagen. Er wolle Sie nicht stören, wenn Sie beschäftigt seien!»
(Wer zum Teufel konnte das sein? Ich hatte niemandem unsere Adresse mitgeteilt.)
«Sagen Sie ihm, ich würde herunterkommen.»
Als ich oben an der Treppe stand, sah er mit einem breiten Grinsen zu mir hinauf. Mac Gregor, kein anderer. Der allerletzte, den ich zu sehen wünschte.
«Du freust dich doch sicher, mich zu sehen!» legte er los. «Verbirgst dich vor der Welt wie üblich, was? Na, wie geht es dir, du alter Halunke?»
«Komm rauf!»
«Wenn du nicht zuviel zu tun hast!» Sarkastischer ging es nicht.
«Für einen alten Freund kann ich immer zehn Minuten freimachen», antwortete ich.
Er kam in großen Sprüngen die Treppe herauf. «Nette Wohnung», sagte er, als er eintrat. «Wie lange bist du schon hier? Mir kannst du's ruhig sagen.» Er setzte sich auf den Diwan und warf den Hut auf den Tisch.
Mit einer Kopfbewegung zur Maschine sagte er: «Immer noch? Ich dachte, du hättest das längst aufgegeben. Junge, Junge, du willst wohl mit aller Gewalt die Strafe der Götter auf dich ziehen.»
«Wie hast du unsere Wohnung gefunden?»
«Nichts einfacher. Ich habe deine Eltern angerufen. Sie wollten mir nicht sagen, wo du wohnst, aber sie gaben mir die Telefonnummer. Das übrige war leicht.»
«Verdammt noch mal!»
«Wieso? Freust du dich nicht, mich zu sehen?»
«Natürlich - selbstverständlich.»
«Keine Angst — ich werde es nicht weitersagen. Übrigens — wie heißt sie noch mal — ist sie noch bei dir?»
«Du meinst Mona?»
«Ja, Mona. Ich konnte nicht auf ihren Namen kommen.»
«Natürlich ist sie noch bei mir. Wo soll sie denn sonst sein?»
«Ich hätte nie gedacht, daß das so lange halten würde. Freue mich, daß du glücklich bist. Ich bin's nicht. Mir geht's schlecht, ganz verteufelt schlecht. Darum bin ich zu dir gekommen. Ich brauche dich.»
«Nein, sag das nicht. Wie kann ich dir helfen? Du weißt doch ...»
«Du brauchst mich nur anzuhören. Nur keine Angst. Ich bin verliebt, das ist alles.»
«Schön. Und wo fehlt's da?»
«Sie will mich nicht haben.»
Ich lachte laut. «Ist das alles? Ist das alles, was dich quält? Ja, schlimm, sehr schlimm.»
«Du hast keine Ahnung. Diesmal ist's anders. Diesmal handelt es sich um Liebe . Hör mal zu . . .» Er legte eine Pause ein. . . «wenn du gerade nicht zu beschäftigt bist.» Er sah nach meinem Schreibtisch hinüber, bemerkte den unbeschriebenen Bogen in der Maschine und sagte dann: «Was ist es diesmal? Ein Roman oder eine
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