Nexus
meinen Füßen als damals, wo ich mit dieser wechselhaften, fließenden Welt rang, die von den Kulturvandalen geschaffen worden war, bis ich schließlich lernte, ihnen den Arsch hinzustrecken.
Und wer, so fragte ich, konnte sich, wenn er nicht ein «Meister der Wirklichkeit» war, vorstellen, daß der erste Schritt in die Welt der Schöpfung von einem knallenden, übelriechenden Furz begleitet sein muß, so wie man ihn von sich gibt, wenn man zum erstenmal in den Granathagel kommt? Avancez toujours! Die Generale der Literatur schlafen friedlich in ihren behaglichen Bunkern. Wir, die Poilus, besorgen das Kämpfen. Aus dem Graben, der genommen werden muß, gibt es keine Wiederkehr. Macht, daß ihr nach hinten kommt, ihr Laureaten des Satans! Wenn wir mit Hackmessern kämpfen müssen, so laßt uns den besten Gebrauch davon machen. Pfui Teufel! Drauf auf diese schmierigen Gesellen! Avanti, avanti!
Der Kampf ist endlos. Er hat keinen Anfang gehabt und wird kein Ende nehmen. Wir, die wir stammeln und Schaum vor dem Mund haben, sind seit einer Ewigkeit darein verwickelt. Man verschone uns mit Belehrungen! Sollen wir grüne Rasenflächen hinterlassen, wenn wir von Graben zu Graben stürmen? Sollen wir außer Metzgern auch noch Landschaftsgärtner sein? Müssen wir parfümiert wie Huren zum Sieg eilen? Für wen räumen wir auf?
Welch ein Glück, daß ich nur einen Leser hatte! Und dazu noch einen so nachsichtigen. Jedesmal, wenn ich mich hinsetzte, um eine Seite für ihn zu schreiben, brachte ich meine Kleidung in Ordnung, bürstete mir das Haar glatt und puderte mir die Nase. Wenn er mich nur bei der Arbeit sehen könnte, der brave Pap! Wenn er nur wüßte, welche Mühe ich mir gab, um seinen Roman in die richtige literarische Form zu bringen. Was für einen Marius hatte er in mir! Was für einen Epikureer!
Irgendwo sagt Paul Valery: «Was für uns allein von Wert ist» (er meint die literarischen Dichter), «hat keinen Wert. Dies ist das Gesetz der Literatur.» Ist das wirklich so? Tsch-tsch! Allerdings, unser Valery erörterte hier die Kunst der Poesie, die Aufgabe und das Ziel des Dichters, seine raison d'etre . Aber für mich war die Poesie nie Selbstzweck. Für mich zeigt sich der Dichter überall, in allem. Einen Gedanken so lange zu verfeinern, bis er im Destillierkolben eines Gedichts hängt, keinen Fleck, keinen Schatten, nicht den blassesten Anhauch der «Unreinheit» mehr zeigt - sie sind aus ihm herausgekocht -, ist für mich eine sinnlose, wertlose Arbeit, selbst wenn es die beschworene und feierliche Funktion aller Hebammen ist, die im Namen der Schönheit, der Form, der Intelligenz und so weiter sich abmühen.
Ich spreche von dem Dichter, weil ich damals in meinem seligen embryonischen Zustand ihm näher war als jemals wieder. Ich habe nie wie Diderot gedacht, daß «meine Ideen meine Huren» sind. Was sollte ich mit Huren? Nein, meine Ideen waren ein Garten der Wonne. Ein etwas geistesabwesender Gärtner war ich, der, obgleich er die Augen offenhielt, dem Aufkommen von Unkräutern, Dornen und Nesseln nicht zuviel Bedeutung beimaß, sondern sich ganz der Freude hingab, diesen entlegenen Platz zu besuchen, dieses kleine, in sich geschlossene Reich, bevölkert mit Sträuchern, Blumen, Bienen, Vögeln und Käfern jeder Art. Ich wandelte nie als Zuhälter in diesem Garten, ja, dachte an Huren nicht einmal in Gestalt von Ideen. Auch betrachtete ich den Garten nicht vom Standpunkt des Botanikers, Entomologen oder Kunstgärtners. Ich verwandte kein Studium darauf, sezierte nicht einmal das Staunen, das er in mir hervorrief, auch bezeichnete ich nicht alle gesegneten Geschöpfe in ihm mit Namen. Der Blick auf eine Blume oder ihr Duft genügte mir. Wie kam die Blume ins Dasein? Wie ist überhaupt alles entstanden? Wenn ich eine Frage stelle, so nur in der Form: «Bist du da, kleine Freundin? Hängen die Tautropfen noch an deinen Blütenblättern?»
Was könnte vernünftiger sein — von besseren Manieren zeugen! —, als Gedanken, Ideen, plötzlich aufflammende Geistesblitze wie Blumen zu behandeln, die das Auge entzücken? Was könnte es für eine bessere Arbeitsmethode geben, als sie jeden Tag mit einem Lächeln zu begrüßen oder unter ihnen zu wandeln und über ihren vergänglichen Glanz nachzusinnen? Dann und wann allerdings erkühnte ich mich, eine für mein Knopfloch zu pflücken. Aber sie auszubeuten, sie wie Huren oder Börsenmakler auszuschicken - undenkbar. Mir genügte die Inspiration, die ich gehabt
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