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Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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Mangel an etwas.» Sie hielt einen Augenblick inne, um gut zu zielen. «Aber der da», und sie nickte in die Richtung, wo ich saß, «dieses Genie, wie du ihn nennst, ist zu faul, sich eine Stellung zu suchen. Er erwartet, daß seine Frau für ihn sorgt - und auch noch für die andere Frau und das Kind. Wenn er etwas mit seinem Gekritzel verdiente, hätte ich nichts dagegen. Aber immer weiterschreiben und nie an ein Ziel kommen, das verstehe ich nicht.»
    «Aber Mutter», wandte Mona ein.
    «Wollen wir das Thema nicht lieber fallenlassen?» warf ich ein. «Wir haben dies alles schon einige dutzendmal erörtert. Es führt zu nichts. Ich erwarte kein Verständnis. Aber dies solltest du verstehen . . . Dein Vater ist ja auch kein erstklassiger Maßschneider über Nacht geworden, nicht wahr? Du selbst hast mir erzählt, daß er eine harte lange Lehrzeit durchgemacht hat, daß er in Deutschland von Stadt zu Stadt gereist und schließlich, um dem Militärdienst zu entgehen, nach London gegangen ist. Genauso ist es mit dem Schreiben. Es dauert Jahre, bis man darin Meister wird. Und noch länger, bis man Anerkennung findet. Wenn dein Vater einen Anzug machte, war jemand da, der ihn trug. Er brauchte nicht damit herumzuhökern, bis jemand sein Werk bewunderte und kaufte ...»
    «Das sind nur leere Worte», sagte meine Mutter. «Ich habe genug gehört.» Sie erhob sich, um in die Küche zu gehen.
    «Geh jetzt nicht!» bat Mona. «Hör mich an, hüte . Ich kenne Vals Fehler. Aber ich weiß auch, was in ihm steckt. Er ist kein müßiger Träumer, er arbeitet wirklich. Er verwendet mehr Mühe auf sein Schreiben, als ihm das bei irgendeiner anderen Arbeit möglich wäre. Das ist sein Beruf - Kritzeln , wie du es nennst. Dazu ist er geboren. Ich wünschte, ich hätte einen Beruf, etwas, was ich mit ganzem Herzen betreiben könnte, an das ich absolut glaubte. Ich freue mich jedesmal, wenn ich ihn bei der Arbeit sehe. Er ist ein anderer Mensch, wenn er schreibt. Manchmal erkenne ich ihn gar nicht wieder. Er ist so ernst, so nachdenklich, so ganz in sich versunken ... Ja, auch ich hatte einen guten Vater, den ich zärtlich liebte. Er wollte auch Schriftsteller werden. Aber das Leben legte ihm zu große Schwierigkeiten in den Weg. Wir waren eine große Familie, Einwanderer, sehr arm. Meine Mutter war sehr anspruchsvoll. Ich fühlte mich mehr zu meinem Vater hingezogen als zu meiner Mutter. Vielleicht gerade deshalb, weil er keinen Erfolg hatte. Für mich war er kein Versager. Ich liebte ihn. Mir war es gleich, was er war oder was er tat. Manchmal spielte er sich als Clown auf, genau wie Val...»
    Bei diesen letzten Worten machte meine Mutter ein erstauntes Gesicht, sah Mona sonderbar an und sagte: «So?» Offenbar hatte sich bis jetzt niemand über diese Seite meiner Persönlichkeit ausgelassen.
    «Ich weiß, er hat Sinn für Humor», sagte sie, «aber. . . ein Clown?»
    «Sie drückt sich nur so aus, um sich verständlich zu machen», sagte der Alte.
    «Nein», sagte Mona hartnäckig. «Ich meine es so, wie ich es sage ... Ein Clown!»
    «Ich habe nie gehört, daß ein Schriftsteller auch ein Clown sein kann», bemerkte meine Mutter, als hätte sie damit etwas Profundes gesagt. In Wirklichkeit war es doch eine saudumme Bemerkung.
    An diesem Punkt hätte jeder andere aufgegeben. Mona nicht. Sie erstaunte mich durch ihre Hartnäckigkeit. Diesmal war sie ganz ernst bei der Sache. (Oder benutzte sie nur diese Gelegenheit, um mich von ihrer Treue und Ergebenheit zu überzeugen?) Jedenfalls wollte ich ihr nicht ins Wort fallen. Besser eine offene Aussprache, wenn sie auch riskant war, als diese ewige Leisetreterei. Ich lebte geradezu auf.
    «Wenn er den Hanswurst spielt», fuhr Mona fort, «geschieht das gewöhnlich, weil er sich verletzt fühlt. Er ist nämlich empfindlich. Überempfindlich.»
    «Ich dachte, er hätte ein ziemlich dickes Fell», wandte meine Mutter ein.
    «Du sprichst wohl im Scherz. Er ist das empfindlichste Wesen, das es auf der Welt gibt. Alle Künstler sind empfindlich.»
    «Das stimmt», sagte mein Vater. Vielleicht dachte er an Ruskin -oder an den armen Teufel Rider, dessen Landschaften von einer krankhaften Empfindlichkeit zeugen.
    «Schau, Mutter, es macht nichts, wenn Val auch noch lange braucht, bis er endlich anerkannt wird und seinen Lohn bekommt. Er hat immer mich . Bei mir braucht er nicht zu hungern oder zu leiden.» (Ich konnte fühlen, wie meine Mutter wieder einen Eispanzer umlegte.) «Ich habe gesehen,

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