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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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schrillem Krächzen flog er zum Sumpf hinaus.
    »Beim Blute Marias, was habt Ihr getan, Herr?« Jean hob a b wehrend die Hände. »Der Rabe wird Macha von Eurer Tat künden! Ihr seid verloren! Hängt den Kopf zurück. Vielleicht werden die Feen Euch dann einen schnellen Tod schenken?«
    »Dein Gewinsel widert mich an, Alter. Mach, daß du mir aus den Augen kommst, oder ich werde dir einen schnellen Tod schenken. Ich verachte dich und die Deinen! Ihr habt euren Herren verraten und die Baronin Gunbrid, die du selbst eben noch großherzig genannt hast. Ich werde tun, was meine Pflicht ist, Alter, und versuche nicht, mich daran zu hindern.« Volker legte die Linke auf den Knauf des Schwertes an seiner Seite. »Ich kann nicht nur bei Nacht und Nebel unangenehm we r den.«
    Jean spuckte vor ihm aus. »Jetzt nehmt Ihr den Mund noch voll, Herr, doch wartet nur bis zum nächsten Morgengrauen. Dann wird Euer Kopf auf einem der Spieße stecken, und ich bin es, der Euch dann verhöhnt.« Schwer auf seinen Stab gestützt, humpelte der Bauer davon.
    Wütend blickte Volker ihm nach. Wie konnte man nur so dumm und verbohrt sein! Feen! Der Spielmann schnaubte ve r ächtlich. Er wußte nur zu gut, wie solche Geschichten zustande kamen. Ein Mädchen ertrank in einem Waldsee, und man e r fand eine Geschichte dazu. Irgendein böser Wassergeist, der am Grunde des dunklen Pfuhls hauste. Sein Blick wanderte über die weite Sumpflandschaft. Wer hier seinen Weg verlor, war des Todes. Sicher war schon mancher Reisende in den Schlammlöchern verschwunden, und bestimmt erwischte es auch hin und wieder einen der Bauern und Fischer. Kein Wu n der, daß es Geschichten um Feen und böse Geister gab! Wah r scheinlich saß dort draußen in Wahrheit eine Räuberbande, die sich den Aberglauben dieser Tölpel zunutze machte. Und die Frauen und Kinder hatte man nicht aus Barmherzigkeit ve r schont, sondern um sie als Sklaven an die Mauren zu verka u fen. Aber er würde mit diesem Schwindel aufräumen! Volker zog sein Schwert und kniete nieder. Mit der Stirn berührte er das Heft seiner Waffe. »Ich schwöre bei meinem Herren, Chri s tus, daß ich dich retten werde, Gunbrid, wo immer du jetzt auch sein magst!«

    Golo warf eine letzte Schaufel voll Erde in das Loch und schlug dann ein Kreuzzeichen. Endlich waren diese gräßlichen Köpfe verschwunden! Sie hatten bei einem der Bauern Hacke und Spaten geholt, eine Grube ausgehoben und die Schädel besta t tet.
    Der Knecht blickte ängstlich zum Sumpf, wo hinter den schwarzen Weiden die Sonne versank. Die Bauern hatten ihm zugeflüstert, was geschehen war. Ein Rachezug der Feen … Er legte den Kopf schief und blickte zu seinem Herren. Und Vo l ker hatte natürlich nichts Besseres zu tun gehabt, als sich mitten in den Ärger zu stürzen. Warum nur hatte ihn Gott mit einem solchen Herren gestraft? Die ganze Reise über war der Spie l mann jedem Kampf aus dem Weg gegangen, und jetzt das! Selbst wenn er recht haben sollte und es tatsächlich nur eine Bande von Räubern gewesen war, die den Landsitz geplündert hatte, war sein Plan, sie zu verfolgen, der schiere Wahnsinn. Diese Halsabschneider hatten siebzehn normannische Waffe n knechte und ihren Herren getötet. Was sollten sie zu zweit g e gen eine solche Bande ausrichten? Es war völlig verrückt …
    Auf der Weide hinter dem Pfahlkreis hatten sich einige Raben niedergelassen. Es schien, als beobachteten die Vögel sie. Golo lief ein kalter Schauer über den Rücken. Die Bauern behaupt e ten, die schwarzen Vögel seien die Boten der Todesgöttin Macha.
    Volker schien ganz in ein stummes Gebet versunken. Er hatte den Kopf geneigt und starrte auf das halb zugeschüttete Loch zu seinen Füßen.
    »Wollen wir nicht gehen, Herr? Ich glaube, die mögen uns hier nicht besonders. Noch ist es Zeit zu verschwinden.«
    »Von diesem Bauernpack wird uns keiner ein Leid zufügen. Sobald es dunkel ist, werden sie sich in ihren armseligen Hü t ten verkriechen. Und was die Räuber aus den Sümpfen a n geht … Sie werden gewiß nicht wiederkehren. Hier gibt es nichts Lohnendes mehr für sie zu holen.«
    »Und wenn es doch Feen waren … «
    »Fängst du jetzt auch schon an?« zischte der Ritter wütend. »Wenn es dich beruhigt, werde ich die Nacht über wachen, du Hasenherz!«
    Das haben die Waffenknechte dem toten Baron gewiß auch versprochen, dachte Golo. Die Sonne war untergegangen. Die Wolken im Westen glommen im letzten Abendrot. Sie waren von dunklem Rot … Fast wie

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