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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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schwarze Wasserfläche. Doch es gab nichts außer ein paar Schilfinseln und einigen flachen Erhebungen, auf denen We i den und niedrige Büsche wuchsen.
    Das Wasser reichte ihm jetzt halb zur Wade hinauf. Seine F ü ße fühlten sich an wie zwei Eisklumpen. Vielleicht sollte er das nächste Mal auf Golo hören … Der Knecht lehnte an seinem Pferd und trank mit gierigen Schlucken aus der Flasche. Als er bemerkte, daß Volker ihn anstarrte, setzte er die Flasche ab. »Auch ‘ nen Schluck? Schmeckt teuflisch gut, Herr. Bei allem, was recht ist, Schnaps brennen können die Fischköpfe aus dem Dorf.«
    Der Spielmann nickte und nahm dankbar die Flasche in Em p fang. Wie flüssiges Feuer rann der klare Branntwein die Kehle hinab, und eine wohlige Wärme begann sich in seinem Bauch auszubreiten. Er nahm noch einen zweiten Schluck, verschloß die Flasche und hängte sie wieder an seinen Sattel.
    »Ich könnte noch was vertragen«, maulte Golo.
    »Wir werden jetzt weitergehen. Schnall meine Lanze von dem Packpferd. Ich werde sie nutzen, um nach festem Grund zu ta s ten. Halt dich ein paar Schritt hinter mir. Falls mir was passi e ren sollte, bleibst du am besten einfach stehen und betest, daß der Regen aufhört.«
    »Worauf Ihr Euch verlassen könnt, Herr. Aber sagt, warum bleiben wir nicht gleich hier stehen?«
    »Wie fühlen sich deine Füße an?«
    »Eiskalt und naß. Warum fragt Ihr?«
    Volker lächelte freudlos. »Wir werden hier nicht ertrinken, so hoch wird das Wasser nicht steigen, doch wenn wir still stehen bleiben, wird uns die Kälte umbringen. Verstehst du … Wir werden nicht erfrieren, doch unsere Kräfte zehren mehr und mehr aus. Wir werden Krämpfe in den Beinen bekommen. Der Kampf kann sich über ein bis zwei Tage hinziehen. Irgendwann brichst du erschöpft zusammen. Dann erst wirst du ertrinken. Noch habe ich die Freiheit, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ich werde mich mit Hilfe der Lanze vorwärtstasten. Vielleicht haben wir Glück und schaffen es bis zu einer der fl a chen Inseln. Wenn wir dort ein Feuer entfachen können, sind wir gerettet. Gib mir jetzt die Lanze!«

    Golo konnte sich nicht erinnern, daß ihm jemals zuvor in se i nem Leben so kalt gewesen war. Seine Hände waren ganz steif, und klappernd schlugen seine Zähne aufeinander. Noch immer tastete Volker sich mit der Lanze vorwärts. Bislang war es ihnen ganz gut geglückt, auf dem Weg zu bleiben. Ein bißchen bewunderte Golo sogar den Mut und die Ausdauer des Spie l manns. Nicht einmal hatte er über die Kälte geklagt!
    Aber jetzt wurde es dunkel, und ein eisiger Wind wehte von Westen her über die Sumpflandschaft. Mit jedem Herzschlag schien es kälter zu werden. Es war sinnlos, sich noch etwas vorzumachen. Es gab keinen Ausweg. Sie würden den Sonne n aufgang nicht mehr erleben!
    »He, bleib nicht zurück!« Volker hatte sich umgedreht und winkte ihm, mit den Pferden zu folgen. »Du darfst nicht lange an einer Stelle stehenbleiben und dich deinen Gedanken hing e ben. Das ist nicht gut! Die Kälte wird dich dann schneller besi e gen.«
    »Ist es nicht egal, ob ich jetzt oder in ein paar Stunden sterbe?«
    »Sag so etwas nicht. Dort hinten habe ich eine Insel gesehen, die etwas größer ist. Dort ist ein Licht. Wenn wir es bis dahin schaffen, sind wir gerettet. Dort muß ein Feuer sein!«
    Golo kniff die Augen zusammen und spähte in die Finsternis. »Ich kann nichts sehen! Ihr macht mir etwas vor!«
    »Bei meiner Ehre als Ritter, ich lüge nicht! Es war eine Tür, die für einen Moment lang geöffnet wurde. Deshalb sehen wir es jetzt nicht mehr.«
    Der Knecht dachte an die Geschichten, die er über die Feen gehört hatte. Angeblich lebten sie nicht in dieser Welt. Man mußte geheimnisvolle Pforten passieren, um in ihre Königre i che zu gelangen. Ob es eines dieser Tore war, das Volker ges e hen hatte? Golo rieb sich die Arme. Gleichgültig, wohin dieses Tor auch führen mochte. Es war dort sicher angenehmer als hier draußen im Schlamm. Angeblich feierten die Feen jede Nacht Feste, und ihre Tafeln bogen sich unter der Fülle erl e senster Speisen. Bestimmt führte die Pforte sie in einen Feenp a last! Welcher Mensch wäre schon so verrückt, hier mitten im Sumpf zu leben?
    Volker blieb plötzlich stehen. Er stocherte mit der Lanze im Wasser herum und schüttelte schließlich den Kopf. »Wenn wir weiter dem Knüppeldamm folgen, entfernen wir uns von der Stelle, an der ich das Licht gesehen habe. Abseits des Dammes werden wir

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