Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nibelungen 05 - Das Runenschwert

Titel: Nibelungen 05 - Das Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
Vom Netzwerk:
Geist von der Lichtung geflohen.«
    Siegfried verstand den Sinn ihrer Worte nicht und bat Amke um Erklärung.
    Sie berichtete von der geisterhaften Gestalt, die sie gesehen hatte und die sie inzwischen nur noch für eine Einbildung hielt, für einen Lichtreflex vielleicht.
    Amke hatte keine Fackel bei sich gehabt. Hätte sie all das Getier gesehen, das um ihre Füße strich, hätte sie sich vielleicht aus Furcht auf einen erhöhten Felssims verkrochen. So aber war sie weitergelaufen, von der Hoffnung beseelt, möglichst bald auf Siegfried zu treffen. Bis sie den Fackelschein sah, nicht vor sich auf dem Hauptweg, sondern von links kommend. Zögernd war sie ihm gefolgt und hatte Siegfried in dem Augenblick erreicht, als er die Königsotter zerbiß.
    »Jetzt bin ich also hier«, seufzte sie. »Und wegen meiner dummen Furcht habe ich Graufell losgebunden. Er ist wohl schon weit fort, und wir müssen zu Fuß zum Lager zurückkehren.«
    »Das wird sich finden«, erwiderte Siegfried nachdenklich. »Erst einmal müssen wir entscheiden, was wir mit dir machen.«
    »Mit mir?« Amke verzog das Gesicht vor Verwunderung. »Ich dachte, wir kehren jetzt gemeinsam zurück.«
    »Ich bin noch nicht am Ziel, Amke.«
    »Du meinst, du willst noch weiter in die Höhle hinein?«
    Er nickte.
    Amke sah auf die tote Schlange und auf die Grube. »Was auch immer du hier suchst, ich hoffe, es lohnt sich und ist mindestens so wertvoll wie der Nibelungenhort.«
    »Der Nibelungenhort?« Siegfried horchte auf.
    Amke zuckte mit den Schultern. »Nur eine alte Geschichte von einem unermeßlich großen und kostbaren Schatz. Als ich klein war, hat meine Mutter manchmal davon erzählt. Wenn ich aus Versehen etwas kaputt gemacht hatte, sagte sie manchmal, man müßte den Hort der Nibelungen finden, um sich ein Kind wie mich zu leisten.«
    »Den Hort der Nibelungen«, wiederholte Siegfried leise, fast andächtig. »Schade, daß es nur eine Geschichte ist.«
    »Ja, schade«, stimmte Amke zu und fragte dann: »Gehen wir weiter?«
    Er sah sie forschend an. »Du willst wirklich mitkommen?«
    »Ja. Und ich verspreche, keine Fragen zu stellen.«
    Siegfried überlegte. Jetzt, wo er schon so weit vorgedrungen war, hätte es ihn schwer getroffen, umkehren zu müssen. Und er konnte Amke schlecht allein zurückschicken oder gar bei den Schlangen zurücklassen. Außerdem schien es ihm draußen auf der Lichtung nicht mehr sicher zu sein. Zwar hatte er sich bei Amkes Erzählung nichts anmerken lassen, aber er hielt die seltsame graue Gestalt keineswegs für eine Sinnestäuschung. Schon im Königswald und in Xanten hatte er selbst den Unheimlichen erblickt, den Grauen Geist!
    Wer war er? Suchte er auch nach dem Runenschwert? Wollte er Siegfried daran hindern, das Erbe seines Vaters anzutreten?
    »Also gut«, sagte er. »Ich nehme dich mit, in der Hoffnung, daß du dich nicht als Last erweist.«
    »Als Last?« rief sie empört. »War ich etwa eine Last, als ich die Schlangen vertrieb und dir aus der Grube half?«
    »Nein, verzeih. Ich schulde dir mein Leben.«
    »Nein, du hast auch mein Leben gerettet«, entgegnete Amke und dachte an den Bären. »Welchen Weg nehmen wir?«
    »Wir versuchen es mit dem Hauptgang. Wenn der Boden hier an mehreren Stellen brüchig ist, könnte es übel enden.«
    »Sind im Hauptgang keine Schlangen?«
    »Nicht, wenn die furchterregende Walküre Amke sie vertrieben hat«, erwiderte Siegfried mit einem Lächeln. »Und wenn doch, müssen wir uns auf die Fackeln verlassen.«
    Er zog eine zweite Fackel aus seinem Gepäck, entzündete sie an der ersten und reichte sie Amke. Dann kehrten sie zum Hauptgang zurück. Sie gingen langsam und beleuchteten sorgfältig Boden, Wände und Decke. Außerdem stieß Siegfried mit dem stumpfen Spießende bei jedem Schritt vor sich auf den Boden, um eine neue Falle rechtzeitig zu bemerken.
    Tiefer und tiefer drangen sie in den Leib der steinernen Riesenschlange ein. Sie wurden nicht mehr von Schlangen angegriffen. Die einzigen Wesen, denen sie begegneten, waren Ratten, Schnecken, handgroße Spinnen und Fledermäuse, die mit dem Kopf nach unten an der Decke hingen, ihren pelzigen Körper zum Schlafen mit den lederartigen Flügeln bedeckt, so daß nur die spitzen Schnauzen herausschauten.
    Die Fackeln beleuchteten den Weg, doch auf einmal wurde es vor ihnen heller. Kein rötlich tanzendes Licht wie das der Fackeln, sondern ein natürlicher Schein, den Strahlen der Sonne ähnlich.
    Es war tatsächlich Sonnenlicht!
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher